Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fliege machen

Fliege machen

Titel: Fliege machen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
Vom Netzwerk:
hatte damals geglaubt, dass Edgar daraus lernt«,
fuhr Susi müde fort. »Die erste Zeit ging es gut. Als Timo geboren wurde, war
er beinahe zwei Jahre trocken.«

    Susi rieb sich das Gesicht mit den Händen. Zum ersten Mal
schien sie dabei ihr Make-up zu vergessen: Als sie die Hände wieder vom Gesicht
nahm, waren ihre Wangen gerötet.

    Edgar Guski hatte alles verzockt.

    Sogar diese Vorzeige-Baulöwen-Gattin, die sich, wenn nötig,
in einen Blaumann zwängte und einen Bagger fuhr und die seine Alkoholsucht
sicher ebenso gut versteckt hatte wie vor ihr die Schwiegermutter.

    Etwas zu eilig klappte Susi das Fotoalbum zu.

    Â 

43.

    Â»Edgar Guski sind seine
Alkoholabhängigkeit, seine Firma und die Familie über den Kopf gewachsen. Der
hat sich aus dem Staub gemacht«, fasste Danner trocken zusammen, als er kurz
nach acht endlich am PC in unserer Wohnung einen Bericht über unser Gespräch
mit Susi tippte.

    Er hatte das rechte Bein ausgestreckt und hielt jetzt den
rechten Arm über den Kopf nach oben, um die mit dem Springerstiefel
kollidierten Rippen zu entlasten.

    Ich setzte mich neben die Tastatur auf den Schreibtisch
und ließ die Beine baumeln.

    Â»Zum Zeitvertreib hat er Engel gebumst, aber nicht damit
gerechnet, dass die ihn noch mal zum Vater machen will. Denn er hatte ja die
Schnauze schon voll von seinen anderen drei Kindern. Deshalb ist er sauer
gewesen«, vervollständigte ich die Überlegungen.

    Â»Womit wir wieder bei Engel wären«, brachte Danner es auf
den Punkt.

    Leider.

    Â»Und was machen wir jetzt?«, erkundigte ich mich ratlos.

    Danner lehnte sich auf dem Bürostuhl zurück, verschränkte
die Arme hinter dem Kopf und betrachtete nachdenklich den Bildschirm.

    Ich sprang vom Schreibtisch und warf mich auf das Sofa.
Jede Spur führte irgendwann zu Engel. Das machte es ziemlich schwer zu glauben,
dass sie mit dem Tod des Penners nichts zu tun hatte. Auch wenn wir genau das
beweisen sollten.

    Mein Handy störte mich in der Hosentasche meiner Jeans.
Ich zog das Gerät hervor und warf aus Gewohnheit einen Blick darauf, bevor ich
den Apparat auf den Couchtisch legte.

    Ein kleiner gelber Briefumschlag am oberen Rand des
Displays meldete mir: eine neue Nachricht .

    Aha?

    Das Telefon hatte die Nummer bereits identifiziert – Staschek.

    Ich öffnete die Nachricht: Engel entlassen. Sozialarbeiter kümmert sich. Dicke tobt immer noch,
bleibt in Haft. LG, Lenny.

    Â»Ach, du Scheiße«, murmelte ich. Der Gedanke, dass der
Krötenretter sich um Engel ›kümmerte‹, gefiel mir nicht. Erstens war mir jeder
glitschige Frosch sympathischer als der Typ. Und zweitens verunsicherte er
Engel, das war beim Verhör mehr als deutlich geworden.

    Wieso gab Staschek Engel in die Obhut dieses erpresserischen
Müslifressers? Sozialarbeiter hin oder her, jeder denkende Mensch merkte, dass
Engel Angst vor Borze-Filzhut hatte. Aber statt zu denken, hatte sich Staschek
wohl einfach an die Vorschriften gehalten. Typisch Beamter.

    Â»Engel ist raus«, informierte ich Danner.

    Stascheks Mitteilung ließ meine Gedanken rotieren. Ohne
es zu bemerken, hatte ich mich aufgesetzt. Selbstverständlich musste ich Engel
auftreiben, bis mir auffiel, dass ich keine Ahnung hatte, wo ich nach ihr
suchen sollte.

    Stascheks Kurzmitteilung war vor drei Stunden abgesendet
worden, Engel konnte inzwischen überall sein.

    Â»Raus?«, Danner nahm mir das Handy aus der Hand.

    Â»Anscheinend hat Lenny sie heute Nachmittag noch entlassen«,
wiederholte ich, was Danner im selben Augenblick las.

    Â»Und wo steckt sie jetzt?«, dachte Danner ebenfalls weiter.

    Ich zuckte die Schultern: »In der Bauruine? Am Bahnhof?
In einer Notunterkunft?«

    Â»Klingt nach Arbeit«, brummte Danner. »Borze-Filzhut
könnte sie im Mutter-Kind-Haus untergebracht haben.«

    Auch möglich. »Sie wird ja nicht so blöd sein und
wirklich bei ihm zu Hause pennen«, hoffte ich.

    Trotzdem schossen mir die Bilder durch den Kopf, seit ich
Stascheks SMS gelesen hatte: die Hand des Sozialarbeiters, die sich wie eine
Klammer um Engels Schulter schloss. Die viel zu dichten Umarmungen.

    Missbrauch Schutzbefohlener existierte. Und nicht nur in
Internaten und der katholischen Kirche.

    Danner starrte mich an.

    Dann drehte er sich zum Schreibtisch und wühlte das Telefonbuch
unter der aufgeschlagenen Fliege -Akte
hervor. Kurz darauf hatte

Weitere Kostenlose Bücher