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Fliege machen

Fliege machen

Titel: Fliege machen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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den Tatsachen stellen, statt
davonzulaufen!«, bohrte sie nach. »Manchmal kann da ein kleiner Denkanstoß von
außen sehr hilfreich sein.«

    Interessiert beobachtete die Psychologin meine Reaktion.

    Â»Da Frau Ziegler kaum in Ihre Zuständigkeit fallen
dürfte, kommen wir doch zurück zu unserem Fall«, lenkte Danner von dem Thema
ab. »Sie glauben, dass Nina Caspari ihr Kind nicht selbst versorgen sollte?«

    Â»Nina ist alkoholabhängig und obdachlos. Sie selbst gibt
zu, einem Kind keine Perspektive bieten zu können«, gelang es der Frau, ihre
Fassung wiederzugewinnen.

    Â» Sie hingegen
könnten einem Kind eine Perspektive bieten«, griff Danner meinen Gedanken auf.
»Sie könnten einem Kind alles ermöglichen. Haben Sie schon mal einen Antrag auf
Adoption gestellt?«

    Genial!

    Â»Sie brauchen nicht zu antworten«, ergänzte Danner kühl.
»Die Polizei wird das herausfinden können.«

    Der Sternenstaub rieselte um Bärbel herum nieder. Ihre
schwebenden Füße landeten auf dem Boden. »Vor zwei Jahren.«

    Danner nickte kaum überrascht.

    Â»Sie haben keine Ahnung, wie das ist!«, fuhr die Frau
mich an. »Sie haben keine Ahnung, was eine Kinderwunschbehandlung bedeutet. Was
Hormone mit dem Körper machen. Operationen, um die Eizellen zu bekommen, dann
die Embryos einsetzen, das endlose, jahrelange Hoffen und Warten, die Ausschabung
nach jeder Fehlgeburt.«

    Blanker Hass glühte in ihren Augen. Auf mich, weil ich
jung genug war, um noch Kinder zu bekommen. Und weil ich mit diesem Glück
womöglich genauso gedankenlos umgehen würde wie Engel jetzt.

    Â»Für eine Adoption sind wir zu alt.« Bärbels Lachen klang
bitter und ein bisschen irre. »Und wir haben keinen Garten. Eine
fünfzehnjährige Alkoholikerin kann jederzeit ein Baby bekommen. Aber ich nicht,
denn ich habe ja keinen Garten.« Sie verstummte abrupt. Ihr Blick glitt über
meine Schulter und blieb hängen.

    Engel stand auf der Treppe und starrte die Frau des Krötenretters
entsetzt an.

    Â»Wenn das Kind allerdings in Ihrem Umfeld geboren werden
und Sie in den ersten Lebenswochen als Bezugsperson kennenlernen würde, könnte
das Ihre Adoptionschancen deutlich verbessern«, bemerkte Danner.

    Â 

45.

    Als wir nach unserem morgendlichen
Besuch bei Bärbel Borze-Filzhut in die Kneipe zurückkehrten, saßen Molle und
Mücke noch vor den bekrümelten Frühstückstellern. Der dicke Wirt blätterte sich
gemütlich durch einen nicht kleinen Zeitungsstapel.

    Der Hund flog kläffend von seinem Stuhl und sprang
schwanzwedelnd an Engels Beinen hoch. Molle betrachtete das Mädchen kurz über
seine halbmondförmige Lesebrille hinweg.

    Verlegen zupfte Engel an ihrem Pulli.

    Molle legte die Zeitung zur Seite. »Du musst Engel sein«,
stellte der Dicke fest. »Nimm Platz. Magst du Kaffee und ein Brötchen?«

    Engel nickte erstaunt.

    Keine Viertelstunde später saß Engel kauend neben Molle
am Tisch. Gekämmt und in dem neuen Pulli sah sie aus wie eine ganz normale
Fünfzehnjährige. Sie hätte eine meiner Freundinnen sein können.

    Als sie meinen Blick bemerkte, lächelte sie.

    War das die echte Nina Caspari? War Engel, das Straßenkind,
gar keine Person, sondern nur eine Phase? Oder sah ich diese Nina gerade zum
ersten Mal?

    Â»Am besten fragst du selbst im Mutter-Kind-Haus nach
einem Zimmer«, riet Danner Engel. »Ich würde mich nicht drauf verlassen, dass
dein Plattenpapa überhaupt schon mal da war.«

    Engel nickte.

    Â»Bis du ein Zimmer hast, kannst du erst mal bei uns auf
dem Sofa pennen«, fuhr Danner fort.

    Molle senkte erstaunt die Zeitung.

    Und auch ich sah auf. Ich hätte gewettet, dass Danner
eher den bissigen Fusselverteiler auf unserer Couch geduldet hätte als den
obdachlosen Engel.

    Das Wetten ließ ich in Zukunft wohl besser bleiben.

    Â»Keine Drogen und kein Alk«, warnte Danner unseren neuen
Sofagast. »Und denk nicht mal dran, auch nur einen Kugelschreiber mitgehen zu
lassen, verstanden?«

    Molle verschwand wieder dem Titelbild der Zeitung, das
einen Unfall zeigte.

    Danners Handy summte.

    Â»Ja?«, meldete er sich nach einem kurzen Blick aufs Display.
Im nächsten Moment griff er bereits nach seiner Jacke. »Wir sind unterwegs!«

    Â 
    Â»Nu mach mal hinne! Was gibt’s denn da so lange zu
glotzen?«

    Â»Halt

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