Fliegende Fetzen
kurzen Stock verstecken, wenn man am oberen Drittel einen Toastständer befestigte. Er sah aus wie ein schleierumhülltes Akkordeon mit viel Schmuck. Rein theoretisch sollte sein Kostüm viel zeigen, aber bei Nobby wünschte sich jeder Beobachter, es würde weitaus mehr verhüllen. Angesichts der vielen Falten und aufgebauschten Stellen ließ sich nur eins mit Sicherheit sagen: Er steckte irgendwo dort drin. Er führte den Esel, der ihn zu mögen schien. Tiere mochte Nobby. Weil er nicht falsch roch.
»Und die Stiefel sind verkehrt«, fuhr Feldwebel Colon fort.
»Warum denn? Du hast
deine
auch angelassen!«
»Ja, aber ich soll auch keine Blume der Wüste sein, oder? Das Juwel des Entzückens sollte keine Funken schlagen, wenn es geht.«
»Die Stiefel gehörten meiner Oma, und ich lasse sie nicht zurück, auf daß sie jemand klaut, und ich will überhaupt kein Juwel des Entzückens sein«, erwiderte Nobby verdrießlich.
Lord Vetinari ging weiter vorn. Die Straßen füllten sich bereits. Offenbar zogen es die Bewohner von Al-Khali vor, ihr Tagewerk in der Kühle der Morgendämmerung zu beginnen, bevor die Sonne einen Flammenwerfer auf das ganze Land richtete. Niemand schenkte den Neuankömmlingen Beachtung; allerdings drehten sich einige Passanten nach Korporal Nobbs um. Ziegen und Hühner wichen langsam zur Seite, als sie durch die Stadt schritten.
»Hüte dich vor Leuten, die dir Postkarten mit schmutzigen Bildern verkaufen wollen, Nobby«, sagte Colon. »Mein Onkel war mal hier und meinte, jemand hätte versucht, ihm ein Bündel schmutziger Postkarten für fünf Dollar anzudrehen. Abscheulich, nicht wahr?«
»Ja, denn in den Schatten kosten sie nur zwei Dollar«, erwiderte Nobby.
»Genau das hat mein Onkel auch gesagt. Außerdem stammten die Postkarten aus Ankh-Morpork. Uns unsere eigenen Postkarten verscherbeln… Ich finde das empörend.«
»Guten Morgen, Sultan!« rief eine fröhliche und irgendwie vertraute Stimme. »Neu in der Stadt, nicht wahr?«
Lord Vetinari und seine beiden Begleiter drehten sich zu einer Gestalt um, die wie durch Magie im Zugang einer Gasse erschienen war.
»Ja, das stimmt«, sagte der Patrizier.
»Das habe ich auf den ersten Blick gesehen! Heutzutage sind alle neu in der Stadt. Und dies ist
dein
Glückstag, Schah! Ich bin hier, um zu helfen. Was auch immer du brauchst… Ich habe es!«
Feldwebel Colon starrte den Fremden groß an, und seine Stimme schien aus weiter Ferne zu kommen, als er fragte: »Dein Name lautet nicht zufällig… Al-Schnappler oder so?«
»Hast du von mir gehört?« erwiderte der Händler jovial.
»In gewisser Weise«, erwiderte Colon langsam. »Du erscheinst bemerkenswert… vertraut.«
Lord Vetinari schob ihn beiseite. »Wir sind wandernde Unterhalter«, sagte er. »Wir hoffen, die Erlaubnis für einen Auftritt im Palast des Prinzen zu bekommen. Vielleicht kannst du uns dabei helfen?«
Der Mann rieb sich nachdenklich den Bart, wodurch diverse Partikel in die kleinen Schüsseln seines Bauchladens fielen.
»Nun, ich weiß nicht…«, murmelte er. »Was macht ihr?«
»Wir treten als Jongleure und Feuerschlucker und dergleichen auf«, antwortete Lord Vetinari.
»Tatsächlich?« fragte Colon.
Al-Schnappler deutete auf Nobby. »Was macht…«
»… sie…«, half Lord Vetinari.
»… sie?«
»Sie tanzt exotische Tänze«, sagte Vetinari.
Nobby schnitt eine finstere Miene.
»Bestimmt sind es
sehr
exotische Tänze«, vermutete Al-Schnappler.
»Du würdest staunen.«
Zwei Bewaffnete schlenderten näher. Feldwebel Colon fühlte sich von jäher Unruhe heimgesucht. In den bärtigen Gesichtern erkannte er sich selbst und Nobby wieder – daheim in Ankh-Morpork nutzten sie jede Gelegenheit, sich interessante Dinge auf der Straße aus der Nähe anzuschauen.
»Ihr seid Jongleure, nicht wahr?« fragte einer von ihnen. »Zeigt mal, wie ihr jonglieren könnt.«
Lord Vetinari maß sie mit einem kurzen Blick und sah dann zu Al-Schnapplers Bauchladen. Neben einigen kaum zu identifizierenden Speisen lagen mehrere grüne Melonen.
»Nun gut«, sagte der Patrizier und nahm drei zur Hand.
Feldwebel Colon schloß die Augen.
Nach einigen Sekunden öffnete er sie wieder, als einer der beiden Wächter sagte: »Na schön, mit drei Gegenständen ist es nicht weiter schwer.«
»Vielleicht ist Herr Al-Schnappler so nett, mir einige weitere zuzuwerfen?« erwiderte der Patrizier, während die Melonen in seinen Händen landeten und sofort wieder aufstiegen.
Feldwebel
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