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Fliegende Fetzen

Fliegende Fetzen

Titel: Fliegende Fetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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sprechen«, sagte Colon und fand al mählich sein geistiges Gleichgewicht wie-
    der. »Selbst kleine Kinder sprechen unsere Sprache. Ich schätze, nach-
    dem man etwas so Kompliziertes wie Klatschianisch gelernt hat, fällt
    einem Morporkianisch ganz leicht.«
    »Was machen wir mit dem Esel, Al?«
    »Glaubst du, daß er in die Pedale treten kann?«
    »Das bezweifle ich.«
    »Dann laß ihn laufen.«
    »Bestimmt klaut ihn jemand, Al.«
    »Ach, die Klatschianer klauen al es.«
    »Ganz im Gegensatz zu uns, nicht wahr, Al?«
    Nobby blickte zu dem Mastenwald, der die ganze Bucht füllte.
    »Es scheinen noch mehr geworden zu sein«, sagte er. »Man könnte
    über eine ganze Meile hinweg von Schiff zu Schiff gehen. Was bedeutet
    das?«
    »Das ist doch ganz klar, Nobby. Sie sol en Leute nach Ankh-Morpork
    bringen!«
    »Warum denn? Wir essen doch gar nicht so viel Curry…«
    »Eine Invasion, Nobby! Wir sind im Krieg, erinnerst du dich?«
    Sie sahen erneut zu den Schiffen. Ankerlichter spiegelten sich auf dem
    Wasser.
    Der Teil des Meeres, der sich direkt unter ihnen befand, blubberte
    kurz, und dann tauchte das Boot einige Zentimeter auf. Die Luke öffnete
    sich, und Leonards besorgtes Gesicht erschien.
    »Ah, da seid ihr ja«, sagte er. »Wir haben uns schon Sorgen gemacht…«
    Die beiden Wächter kletterten ins stinkende Innere des Bootes.
    Lord Vetinari saß mit einem Bündel Papier auf den Knien und schrieb
    sorgfältig. Er sah kurz auf.
    »Bericht.«
    Nobby zappelte nervös, als Feldwebel Colon einen mehr oder weniger
    genauen Bericht erstattete. Er fügte dem kurzen Gespräch mit den klat-
    schianischen Wächtern einige schlagfertige Antworten hinzu, an die sich
    der Korporal nicht erinnerte.
    Vetinari sah nicht noch einmal auf und schrieb weiter. »Feldwebel, Ur
    ist ein altes Land randwärts vom Königreich Djelibeby, und seine Be-
    wohner gelten als Musterbeispiel für bukolische Dummheit. Aus irgend-
    einem mir völlig unerfindlichen Grund scheinen die Wächter angenom-
    men zu haben, daß ihr von dort stammt. Was das Morporkianische be-
    trifft… Das ist selbst im klatschianischen Reich eine Art Lingua franca.
    Wenn jemand aus Herscheba mit jemandem aus Istanzia Geschäfte ma-
    chen möchte, feilschen sie auf Morporkianisch. Das gereicht uns natür-
    lich zum Vorteil. Die große Streitmacht, die hier zusammengestellt wird,
    bedeutet folgendes: Praktisch jeder Mann ist für den nächsten ein Frem-
    der mit sonderbaren Angewohnheiten. Wir sol ten also nicht auffal en,
    solange wir uns nicht zu fremdartig verhalten. Damit meine ich, daß wir weder Curry mit Steckrüben und Rosinen noch Winkels Besonders Altes
    Bier bestel en sol ten, habe ich mich klar genug ausgedrückt?«
    »Äh… was hast du vor, Exzellenz?«
    »Zuerst erkunden wir die Lage.«
    »Und dann suchen wir das klatschianische Oberkommando. Dort
    möchte ich mit Leonards Hilfe ein kleines… Paket abliefern, von dem
    ich hoffe, daß es den Krieg sehr schnel beendet.«
    Feldwebel Colon sah den Patrizier groß an. Seit einigen Sekunden führ-
    te das Gespräch in eine für ihn sehr verwirrende Richtung.
    »Bitte um Entschuldigung, Exzel enz… Du hast gerade das Ober-
    kommando erwähnt.«
    »Ja, Feldwebel.«
    »Meinst du damit die… Lametta- beziehungsweise Turbanträger, die
    hohen Tiere, umgeben von den Elitetruppen? Sie umgeben sich immer
    mit Elitetruppen, die hohen Tiere.«
    »Damit rechne ich auch in diesem Fall, ja. Ich hoffe es sogar.«
    Feldwebel Colon versuchte erneut, mit der Konversation Schritt zu
    halten.
    »Ah. Gut. Und wir brechen auf und suchen nach dem Oberkomman-
    do, Herr?«
    »Ich kann es wohl kaum bitten, zu uns zu kommen, Feldwebel.«
    »Oh, natürlich nicht, Herr. Ich meine, dann würde es hier viel zu eng.«
    Schließlich hob Lord Vetinari doch noch den Kopf.
    »Gibt es irgendein Problem, Feldwebel?«
    Feldwebel Colon erfuhr ein weiteres Geheimnis der Tapferkeit. Eigent-
    lich handelte es sich dabei um verstärkte Feigheit: Man wußte, daß der
    Tod vielleicht auf einen wartete, wenn man vorrückte; aber das war nichts im Vergleich zu der sicheren Höl e, die einen nach dem Rückzug empfan-gen würde.
    »Äh… nein, eigentlich nicht, Herr«, sagte er.
    »Gut.« Vetinari legte das Papierbündel beiseite. »Wenn der Sack noch
    mehr geeignete Kleidung enthält, ziehe ich mich jetzt um, und dann se-
    hen wir uns Al-Khali an.«
    »Lieber Himmel…«
    »Wie bitte, Feldwebel?«
    »Ich meine, ich freue mich schon, Herr.«
    »Gut.«

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