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Fliegende Fetzen

Fliegende Fetzen

Titel: Fliegende Fetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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muskulösen und nur knapp bekleideten jungen Krie-
    ger. Ein Boot, das unentdeckt unter Schiffen dahinglitt, Truppen dorthin
    brachte, wo sie gebraucht wurden. Und hier eine große Säge, um den Rumpf feindlicher Schiffe aufzureißen, wenn das Boot mit ausreichend
    hoher Geschwindigkeit fuhr. Und hier und hier Röhren…
    Leonard verharrte und betrachtete die Zeichnung eine Zeitlang. Dann
    seufzte er und zerriß das Blatt.

    Mumm beobachtete das Geschehen von der Düne aus. Er hörte kaum
    etwas, aber darauf kam es nicht an.
    Angua setzte sich neben ihn. »Es klappt, nicht wahr?« fragte sie.
    »Ja.«
    »Was hat er vor?«
    »Oh, vermutlich nimmt er ihre Waffen und läßt sie dann gehen.«
    »Warum gehorchen ihm die Leute?« fragte Angua.
    »Nun, du bist seine Freundin, und deshalb…«
    »Das ist etwas anderes. Ich liebe ihn, weil er freundlich ist, ohne dar-
    über nachzudenken. Er achtet nicht auf seine eigenen Gedanken, so wie
    andere Leute. Wenn er etwas Gutes tut, so geht es ihm nicht darum,
    etwas auszugleichen. Er ist so einfach. Wie dem auch sei: Ich bin ein
    Wolf, der unter Menschen lebt, und es gibt einen Namen für Wölfe, die
    unter Menschen leben. Er braucht nur nach mir zu pfeifen – ich würde
    sofort zu ihm laufen.«
    Mumm versuchte, seine Verlegenheit zu verbergen.
    Angua lächelte. »Keine Sorge, Herr Mumm. Du hast es selbst gesagt:
    Früher oder später sind wir al e jemandes Hund.«
    »Es ist wie Hypnose«, sagte Mumm rasch. »Die Leute folgen ihm, um
    festzustellen, was als nächstes passiert. Sie sagen sich, daß sie nur für eine Weile mitgehen und jederzeit damit aufhören können – aber sie wol en
    es gar nicht. Es ist Magie.«
    »Nein. Hast du ihn jemals aufmerksam beobachtet? Ich wette, er wußte
    al es über Jabbar, nachdem er zehn Minuten lang mit ihm gesprochen
    hatte. Bestimmt kennt er den Namen al er Kamele. Und er vergißt
    nichts. Normalerweise zeigen die Leute kein großes Interesse an anderen
    Leuten.« Anguas Finger hinterließen bedeutungslose Muster im Sand.
    »Er gibt anderen Personen das Gefühl, daß sie wichtig sind.«
    »So wie Politiker…«, warf Mumm ein.
    »Nein, bei Politikern sieht die Sache ganz anders aus, glaub mir. Ich
    schätze, Lord Vetinari erinnert sich an persönliche Dinge…«
    »Oh, da kannst du sicher sein!«
    »Aber Karotte zeigt Interesse. Er denkt nicht einmal darüber nach. Er schafft in seinem Kopf Platz für andere Personen. Er zeigt Interesse,
    und deshalb glauben die Leute, daß sie interessant sind. Sie fühlen sich…
    besser, wenn er zugegen ist.«
    Mumm senkte den Blick und beobachtete, wie Anguas Finger weitere
    Muster in den Sand malten. Wir al e verändern uns in der Wüste, dachte
    er. Hier ist es nicht wie in der Stadt, die Gedanken umschließt und ein-
    engt. Hier spürt man, wie sich das eigene Bewußtsein bis zum Horizont
    erweitert. Kein Wunder, daß an solchen Orten Religionen entstehen.
    Und plötzlich bin ich hier, obwohl ich hier eigentlich gar nichts zu su-
    chen habe, und versuche, meine Pflicht zu erfüllen. Warum? Weil ich so
    verdammt dumm bin. Weil ich mir nicht die Zeit nehme, gründlich
    nachzudenken, bevor ich jemanden verfolge. Das ist der Grund. Selbst
    Karotte weiß es besser. Ich wäre Ahmeds Schiff einfach hinterhergejagt, ohne an die Konsequenzen zu denken, aber er war klug genug, zuerst zu
    mir zu kommen und Bericht zu erstatten. Er verhielt sich so, wie sich
    jemand verhalten sol te, der Verantwortung trägt. Ich hingegen…
    »Vetinaris Terrier«, sagte Mumm laut. »Zuerst verfolgen und später
    darüber nachdenken…«
    Er blickte zur fernen Stadt Gebra. Dort wartete ein klatschianisches
    Heer, und weiter dort drüben standen die Regimenter von Ankh-Morpork, und er hatte nur eine Handvol Leute und keinen Plan, weil er so dumm
    gewesen war, sofort die Verfolgung aufzunehmen…
    »Mir blieb keine Wahl«, sagte er. »Kein Polizist hätte einen Verdächti-
    gen wie Ahmed entkommen lassen…«
    Erneut hatte er den Eindruck, daß er einem Problem gegenüberstand,
    das im Grunde genommen gar kein Problem war. Es war so offensicht-
    lich. Er selbst stellte das Problem dar. Weil er nicht richtig dachte.
    Eigentlich hatte er überhaupt nicht gedacht.
    Er sah zum klatschianischen Kontingent hinunter. Die Soldaten waren
    inzwischen bis auf den Lendenschurz entkleidet und zeigten die typische
    Verlegenheit von Männern, die nur noch ihre Unterhosen tragen.
    Karottes weißer Umhang flatterte weiter in der Brise. Er ist

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