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Fliegende Fetzen

Fliegende Fetzen

Titel: Fliegende Fetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Vetinari zog gewisse Gegenstände aus dem Sack: die Keulen ei-
    nes Jongleurs, einen Beutel mit bunten Kugeln und dann ein Plakat von
    der Art, wie man es an der Seite der Bühne während der Vorstel ung
    eines Artisten erwarten durfte.
    »›Gulli, Gulli und Beti‹«, las er. »›Exotische Kunststücke und Tänze.‹
    Hm«, fügte er hinzu, »offenbar gehörte auch eine Dame zu den Eigen-
    tümern dieses Sacks.«
    Die Wächter betrachteten den hauchdünnen Stoff, der als nächster auf-
    tauchte. Nobby bekam Stielaugen.
    »Was ist das denn?«
    »Ich glaube, so etwas bezeichnet man als Haremhose, Korporal.«
    »Sie ist ziemlich…«
    »Die Kleidung der Bajadere oder exotischen Tänzerin dient nicht in er-
    ster Linie dazu, etwas zu enthül en, sondern sol vielmehr auf eine bevorstehende Enthül ung hinweisen«, erklärte der Patrizier.
    Nobby blickte auf das Kostüm hinab, sah dann zu Feldwebel Al-Colon
    in seinem Kostüm und sagte fröhlich: »Nun, ich weiß nicht, ob dir so etwas stehen wird, Herr.«
    Er bereute seine Worte sofort.
    »Ich hatte nicht vor, mich damit zu verkleiden«, erwiderte der Patrizier
    ruhig. »Bitte gib mir deinen Fes, Korporal Beti.«

    Das subtile und trügerische Licht vor dem eigentlichen Morgengrauen
    kroch über die Wüste. Der Kommandant des klatschianischen Kontin-
    gents freute sich keineswegs darüber.
    Die D’regs griffen immer bei Morgengrauen an. Es spielte keine Rolle,
    wie viele sie waren und wie groß die Anzahl der Feinde sein mochte. Der
    ganze Stamm griff an, nicht nur die Männer, Frauen und Kinder, son-
    dern auch Kamele, Ziegen, Schafe und Hühner. Man konnte natürlich
    Vorbereitungen treffen und den Gegner mit Bögen dezimieren, aber…
    sie erschienen immer ganz plötzlich, wie von der Wüste ausgespuckt.
    Wenn man zu lange wartete und zu spät reagierte… mußte man damit
    rechnen, von Schwertern, Schnäbeln, Hufen und Kamelspucke attackiert
    zu werden.
    Die Soldaten lagen bereit. Wenn man sie überhaupt Soldaten nennen konnte. Er hatte ganz deutlich darauf hingewiesen, daß es an erfahrenen
    Leuten mangelte… Nun, er hatte nicht in dem Sinne darauf hingewiesen
    – dadurch konnte man in Schwierigkeiten geraten –, es aber wenigstens
    in aller Deutlichkeit gedacht. Die Hälfte der Truppe bestand aus jungen
    Burschen, die glaubten, daß man nur schreien und mit dem Schwert
    winken mußte, um dem Feind einen Schrecken einzujagen und ihn in die
    Flucht zu schlagen. Sie hatten es nie mit einem D’reg-Huhn zu tun be-
    kommen, das in Augenhöhe heransauste.
    Was den Rest anging… Während der Nacht hatten sich die Soldaten
    gegenseitig aufgelauert, deshalb waren sie jetzt so unruhig wie Erbsen auf einer Trommel. Einer hatte sein Schwert verloren und behauptete, daß er
    es in der Brust eines Fremden gesehen hatte, der einfach damit fortging.
    Außerdem sol te ein Felsen aufgestanden sein, um nach Leuten zu grei-
    fen und damit andere Leute zu schlagen.
    Jetzt stand die Sonne schon ein ganzes Stück über dem Horizont.
    »Das Warten ist das Schlimmste«, sagte der neben dem Kommandan-
    ten stehende Feldwebel.
    »Vielleicht«, erwiderte der Kommandant vorsichtig. »Doch vielleicht ist
    es das Schlimmste, wenn die D’regs plötzlich erscheinen und dich mit
    ihren Schwertern in Stücke schneiden.« Kummervoll blickte er über den
    trügerisch leeren Sand. »Fast ebenso schlimm könnte es sein, wenn ein
    wahnsinnig gewordenes Schaf versucht, einem die Nase abzubeißen.
    Wenn man an al die Dinge denkt, die passieren können, wenn man es
    mit einer Horde heulender D’regs zu tun hat… dann bedauert man si-
    cher, daß das Warten auf sie nicht ein wenig länger gedauert hat.«
    Der Feldwebel war auf so etwas nicht vorbereitet. Deshalb sagte er
    schlicht: »Sie sind spät dran.«
    »Gut. Je später, desto besser.«
    »Die Sonne ist längst aufgegangen.«
    Der Kommandant betrachtete seinen Schatten. Es war Tag, und glück-
    licherweise machte der Sand bisher keine Anstalten, sein Blut aufzusau-
    gen. Er hatte lange genug verschiedene aufsässige Regionen von Klatsch
    befriedet und fragte sich jetzt, warum er immer gegen irgendwelche Leu-
    te kämpfen mußte, um ihnen Frieden zu bringen. Die Erfahrung hatte
    ihn gelehrt, auf Bemerkungen wie »Die Sache gefällt mir nicht; es ist zu
    ruhig« zu verzichten. Seiner Ansicht nach konnte es nicht zu ruhig sein.
    »Viel eicht haben sie ihr Lager in der Nacht abgebrochen, Herr«, spe-
    kulierte der Feldwebel.
    »Das sähe den

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