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Fliegende Fetzen

Fliegende Fetzen

Titel: Fliegende Fetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Beschreibung
    »Menge« traf den Kern der Sache ziemlich genau, denn dieses Wort ließ
    auch ausreichend Platz für Unterschiede.
    Mumm sah große und kleine Wächter, dicke und dünne. Er sah Trolle
    mit Flechten auf den steinernen Schultern, bärtige Zwerge, den tönernen
    Golem namens Dorfl, mehrere Untote… Noch immer wußte er nicht
    genau, ob er auch Korporal Angua zu ihnen zählen sol te. Sie war eine
    intelligente junge Frau und konnte zu einem Wolf werden, wenn die
    Umstände es erforderten. Leute, die woanders keinen Platz fanden, hatte
    Colon einmal gesagt. In der Tat: Nur aus solchen Außenseitern und
    Heimatlosen konnten Polizisten werden.
    Im Grunde trugen sie alle Uniform, allerdings von sehr individueller
    Art. Jeder von ihnen war zum Arsenal geschickt worden, um sich dort
    mit passenden Dingen ausrüsten zu lassen. Das Ergebnis war eine wan-
    delnde historische Ausstellung: »Komisch gekleidete Soldaten aus allen
    Epochen«.
    »Äh… meine Damen und Herren…«, begann Mumm.
    »Bitte seid still und hört Kommandeur Mumm zu!« donnerte Karotte.
    Mumm begegnete dem Blick von Angua, die an der Wand lehnte. Sie
    rollte hilflos mit den Augen.
    »Ja, ja, danke, Hauptmann Karotte«, sagte er und wandte sich wieder an die versammelte Wache von Ankh-Morpork. Er öffnete den Mund. Und
    erstarrte. Dann schloß er den Mund wieder, bis auf einen kleinen Teil im
    Winkel. Aus diesem Winkel fragte er: »Was hat der Haufen auf dem
    Kopf des Obergefreiten Feuerstein zu bedeuten?«
    »Das ist Obergefreiter Knuddel Winzig, Herr Kommandeur. Er mag
    eine gute Aussicht.«
    »Er ist ein Gnom !«
    »Stimmt haargenau, Herr Kommandeur.«
    »Noch einer von deinen Leuten?«
    »Von unseren, Herr Kommandeur«, erwiderte Karotte jetzt wieder in dem ein wenig vorwurfsvoll klingenden Tonfall. »Ja, Herr Kommandeur.
    Seit letzter Woche gehört er zum Personal der Wache in der Kröselstra-
    ße.«
    »Meine Güte…«, ächzte Mumm.
    Knuddel Winzig bemerkte seinen Blick und salutierte. Er war etwa
    dreizehn Zentimeter groß.
    Mumm versuchte, sein geistiges Gleichgewicht wiederzufinden. Dick
    und dünn, klein und groß… Außenseiter und Heimatlose. Leute, die
    woanders keinen Platz finden, fuhr es ihm durch den Sinn. Wir al e.
    »Ich will nicht viele Worte verlieren«, sagte er. »Ihr kennt mich. Besser
    gesagt: Die meisten von euch kennen mich«, korrigierte er sich und sah
    dabei kurz zu Karotte. »Ich halte keine langen Reden. Sicher habt ihr
    bemerkt, daß die Leshp-Angelegenheit erhebliche Unruhe in der Stadt
    ausgelöst hat. Man munkelt von Krieg und dergleichen. Nun, der Krieg
    geht uns nichts an. Für den Krieg sind Soldaten zuständig. Unsere Aufgabe besteht darin, den Frieden zu wahren. Ich möchte euch etwas zei-
    gen…«
    Er trat zurück und holte mit einer eleganten Geste etwas aus der Ta-
    sche. Das war zumindest seine Absicht. Doch das Objekt leistete uner-
    warteten Widerstand, woraufhin Mumm mit etwas mehr Nachdruck
    zog…
    Leinen gab nach und riß. Etwas löste sich aus dem Stoff.
    »Verdammter Mist…«
    Mumm hob einen Gegenstand aus glänzendem schwarzem Holz hoch.
    Am einen Ende befand sich ein silberner Knauf.
    Die Wächter reckten den Hals.
    »Dies… äh… dies…« Der Kommandeur suchte nach den richtigen
    Worten. »Vor ein paar Wochen kreuzte ein alter Knabe aus dem Palast
    auf und gab mir dieses verdammte Ding. Daran klebte ein Etikett mit
    der Aufschrift Insignien des Kommandeurs der Wache, Ankh-Morpork. Wißt ihr, im Palast geht nichts verloren; dort wird nie etwas weggeworfen.«
    Er winkte mit dem Objekt. Das Holz war erstaunlich schwer.
    »Der Knauf ist mit einem Wappen geschmückt, seht nur.«
    Dreißig Wächter versuchten, das Wappen zu erkennen.
    »Und ich dachte… Ich dachte, lieber Himmel, das soll ich tragen? Und ich dachte darüber nach, und dann dachte ich, nein, es ist richtig, dieses eine Mal haben sie’s richtig hingekriegt. Es ist nicht einmal eine Waffe, nur ein Ding. Man benutzt es nicht, man hat es einfach nur dabei. Genau darum geht es. Ähnlich verhält es sich mit Uniformen. Wißt ihr, ein Soldat wird durch seine Uniform zum kleinen Teil einer Menge aus vielen
    anderen Teilen, die alle die gleiche Uniform tragen, aber bei einem Poli-
    zisten dient die Uniform…«
    Mumm unterbrach sich. Die verwirrten Mienen der Zuhörer verrieten
    ihm, daß er auf bestem Wege war, ein komplexes Kartenhaus auf einem
    Fundament zu weniger Karten zu errichten.
    Er hüstelte.
    » Wie dem auch sei «,

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