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Fliegende Fetzen

Fliegende Fetzen

Titel: Fliegende Fetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Fenster.
    »Bis Mittag, bar auf die Hand. Sonst sitzt du auf der Straße!«
    »Ja, Frau Geifer.«
    Er hörte, wie sie die Treppe hinunterstapfte.
    Ganz langsam zählte er bis fünfzig, griff dann unters Bett und holte
    den Bogen wieder hervor.

    Angua war mit Nobby auf Streife. Von einer idealen Einteilung konnte
    man in diesem Zusammenhang nicht sprechen, aber Karotte mußte sich
    um andere Aufgaben kümmern, und in solchen Nächten hatte der für
    den Dienstplan verantwortliche Fred Colon das geradezu unheimliche
    Glück, für die Büroarbeit eingeteilt zu sein.
    »Wenn ich über eine persönliche Angelegenheit mit dir reden dürf-
    te…«, fragte Nobby, als sie Türklinken ausprobierten und mit ihren La-
    ternen in dunkle Gassen leuchteten.
    »Ja, Nobby?«
    »Es geht um eine sehr persönliche Angelegenheit.«
    »Oh.«
    »Ich würde Fred fragen, aber ich fürchte, er würde das nicht verstehen,
    im Gegensatz zu dir. Ich meine, immerhin bist du eine Frau und so.
    Zumindest die meiste Zeit über.«
    »Worum geht’s, Nobby?«
    »Um meine… äh… sexuel e Natur.«
    Angua schwieg. Regen prasselte auf Nobbys schlecht sitzenden Helm.
    »Es wird Zeit, daß ich der Sache ganz offen in die Augen sehe.«
    Angua verfluchte ihr gutes Vorstellungsvermögen.
    »Und… äh… wie willst du das anstellen, Nobby?«
    »Ich meine, ich habe mir das eine oder andere bestel t. Zum Beispiel
    Cremes.«
    »Cremes«, wiederholte Angua.
    »Zum Einreiben«, erklärte Nobby.
    »Einreiben.«
    »Und ein Ding, mit dem man übt…«
    »Bei den Göttern…«
    »Verzeihung?«
    »Was? Oh… mir ist nur gerade etwas eingefallen. Ich bin ganz Ohr.
    Übungen?«
    »Ja. Um den Bizeps zu entwickeln und so.«
    »Ach, Übungen. Im Ernst?« Nobby schien überhaupt keinen nennens-
    werten Bizeps zu haben. Eigentlich gab es kaum etwas, woran diese
    Muskeln sitzen konnten. Irgendwo mußten Arme existieren, denn die
    Hände waren an den Schultern befestigt, aber mehr konnte man beim
    besten Willen nicht sagen.
    Entsetztes Interesse übernahm die Kontrol e von Anguas Mund.
    » Warum, Nobby?«
    Er senkte verlegen den Blick.
    »Nun… ich meine… du weißt schon… Frauen und so…«
    Angua beobachtete erstaunt, wie Nobby errötete.
    »Soll das heißen…«, begann sie. »Du… du suchst nach einer…«
    »Oh, ich will nicht nur… Ich meine, ich will alles richtig machen, wie
    es sich gehört… Ich meine, nein.« Nobby unterbrach sich und holte
    Luft. »Ich meine folgendes: Wenn man älter wird, denkt man darüber
    nach, sich zur Ruhe zu setzen und jemanden zu finden, mit dem man
    Hand in Hand die holprige Landstraße des Lebens wandern kann…
    Warum steht dein Mund offen?«
    Angua klappte ihn wieder zu.
    »Aber es gelingt mir einfach nicht, Frauen kennenzulernen«, fügte
    Nobby hinzu. »Nun, ich meine, ich begegne ihnen – und dann laufen sie weg.«
    »Trotz der Creme.«
    »Ja.«
    »Und der Übungen.«
    »Ja.«
    »Nun, du hast es mit al en Mitteln versucht, das sehe ich«, sagte Angua.
    »Es ist mir ein Rätsel, wieso du bisher noch keinen Erfolg hattest.« Sie
    seufzte. »Was ist mit Stamina Klimper in der Ulmenstraße?«
    »Sie hat ein Holzbein.«
    »Oder wie wär’s mit… Wilma Schubwagen? Sie hat den Muschel-
    Imbißstand in der Rauhreifstraße.«
    »Meinst du ›Hammerhai‹? Die stinkt die ganze Zeit nach Fisch. Und
    außerdem schielt sie.«
    »Aber sie hat ihr eigenes Geschäft. Und sie macht eine ausgezeichnete
    Fischsuppe.«
    »Aber sie schielt.«
    »Eigentlich nicht richtig, Nobby.«
    »Ja, aber du weißt, was ich meine.«
    Angua mußte zugeben, daß sie es tatsächlich wußte. Wilma Schubwa-
    gen schielte nicht in dem Sinne; eher im Gegenteil: Beide Augen schie-
    nen bestrebt zu sein, einen Blick ins angrenzende Ohr zu werfen. Wenn
    man mit ihr sprach, hatte man den Eindruck, daß sie in zwei verschiede-
    ne Richtungen fortgehen wol te. Aber niemand konnte Fische besser
    ausnehmen als sie.
    Angua seufzte erneut. Sie kannte das Syndrom. Die Männer behaupteten,
    daß sie nach einer Seelenfreundin und Gefährtin suchten, aber früher
    oder später standen auf der Wunschliste auch seidene Haut und große,
    feste Brüste.
    Karotte bildete die einzige Ausnahme. Das war ein Aspekt seines We-
    sens, über den man sich fast… ärgern konnte. Angua vermutete, daß er nicht einmal enttäuscht gewesen wäre, wenn sie sich das Haar abschnitt
    oder einen Bart wachsen ließ. Er nahm solche Dinge durchaus zur
    Kenntnis, aber sie schienen ihm gleichgültig

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