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Fliegende Fetzen

Fliegende Fetzen

Titel: Fliegende Fetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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fuhr er fort und machte mit einem finsteren Blick deutlich, daß die Wache besser vergaß, was er in den vergangenen zwanzig Sekunden gesagt hatte. »Unsere Aufgabe besteht darin zu verhindern, daß die Leute gegeneinander kämpfen. Auf den Straßen passiert ziemlich
    viel. Wahrscheinlich habt ihr gehört, daß wieder Regimenter gebildet
    werden. Nun, von mir aus sol en die Würdenträger der Stadt nach Her-
    zenslust rekrutieren, aber eins steht fest: Ich lasse keinen Mob zu. Es
    herrscht eine ziemlich scheußliche Stimmung. Ich weiß nicht, was ge-
    schehen wird, aber wir müssen bereit sein, wenn es soweit ist.« Mumm
    sah sich im Raum um. »Und noch etwas. Morgen trifft ein klatschiani-
    scher Gesandter ein. Ich bezweifle, daß die Assassinengilde in dieser
    Hinsicht irgend etwas plant, aber heute nacht überprüfen wir den Weg, den die Prozession der Zauberer morgen nehmen wird. Ein hübscher kleiner
    Auftrag für die Nachtschicht. Und in diesem besonderen Fal sind wir
    alle für die Nachtschicht eingeteilt.«
    Die Wache stöhnte.
    »Wie mein alter Feldwebel zu sagen pflegte: Wenn ihr keinen Spaß ver-
    tragen könnt, hättet ihr nicht Wächter werden sol en«, fügte Mumm hin-
    zu. »Ich dachte da an eine freundliche Tür-zu-Tür-Inspektion. Klinken-
    putzen. Ein wenig frische Luft an die Uniform lassen und so weiter. Ir-
    gendwelche Fragen? Gut. Vielen Dank.«
    Füße scharrten, und die Wächter entspannten sich, als sie begriffen,
    daß sie wegtreten durften.
    Karotte begann zu klatschen.
    Es war nicht jene Art von Klatschen, mit der Mittlinge Unterlinge ver-
    anlaßten, Oberlingen zu applaudieren.* Hinter diesem Klatschen steckte

    * Dabei hält man die Hände im rechten Winkel zueinander und klatscht nicht mit ihnen, sondern läßt sie rhythmisch gegeneinanderprallen, während ein starrer echte Begeisterung, und das machte al es nur noch schlimmer. Einige der
    noch leicht zu beeindruckenden neuen Wächter klatschten ebenfal s, wie
    Kieselsteine, die den Erdrutsch ankündigen. Wenige Sekunden später
    ließ donnernder Applaus die Wände des Raums erzittern.
    Mumm schnitt eine Grimasse.
    »Sehr inspirierend, Herr Kommandeur!« rief Karotte, als das Klatschen
    noch lauter wurde.

    Regen strömte auf Ankh-Morpork herab. Er fül te die Dachrinnen und
    Gossen, floß über ihre Ränder und wurde vom Wind fortgetragen. Nach
    Salz schmeckte er.
    Die Wasserspeier hatten ihre schattigen Tagesplätze verlassen und
    hockten nun auf Türmen und Vorsprüngen, streckten Ohren und Flügel
    aus, um alles Eßbare aus den Fluten zu filtern. Es war bemerkenswert,
    was auf Ankh-Morpork herabfal en konnte. Niemand verlor ein Wort
    darüber, wenn es kleine Fische und Frösche regnete, aber Bettgestel e
    erregten doch Aufmerksamkeit.
    Aus einer schadhaften Regenrinne spritzte der Regen am Fenster von
    Ostie Brunt vorbei, der auf dem Bett saß, weil es im Zimmer weder
    Stühle noch andere Einrichtungsgegenstände gab. Derzeit machte ihm
    das nichts aus. In ein oder zwei Minuten ärgerte er sich vielleicht darüber
    – oder viel eicht auch nicht.
    Ostie war keineswegs verrückt. Freunde hätten ihn als ruhigen Bur-
    schen bezeichnet, der gern al ein blieb, aber solche Beschreibungen blie-
    ben aus, da er keine Freunde hatte. Nun, es gab einige Männer, die am Dienstagabend den Schießstand aufsuchten, um sich im Umgang mit
    Pfeil und Bogen zu üben, und manchmal begleitete er sie anschließend in
    eine Taverne und hörte dort ihren Gesprächen zu. Einmal hatte er ge-
    spart, um eine Runde zu spendieren, obwohl sie sich vermutlich nicht
    daran erinnerten, oder sie würden vielleicht sagen: »Oh… ja… Ostie.«
    Auf diese Weise sprachen die Leute von ihm. Sie neigten dazu, ihm
    ebensowenig Beachtung zu schenken wie leerem Raum.

    Blick dem Publikum mitteilt: »Entweder bekommen wir einen ordentlichen Ap-
    plaus, oder die ganze Schule muß nachsitzen.«
    Er war nicht dumm. Er dachte ein wenig über die Dinge nach.
    Manchmal saß er stundenlang da und starrte an die gegenüberliegende
    Wand, wo sich in feuchten Nächten Regenflecken zeigten. Bei solchen
    Gelegenheiten zeichnete er in Gedanken Karten von Klatsch.
    Jemand hämmerte an die Tür. »Herr Brunt? Kann ich hereinkommen?«
    »Derzeit habe ich zu tun, Frau Geifer«, erwiderte er. Hastig schob er
    den Bogen und die Zeitschriften unters Bett.
    »Es geht um die Miete!«
    »Ja, Frau Geifer?«
    »Du kennst meine Regeln!«
    »Ich bezahle morgen, Frau Geifer«, sagte Ostie und sah zum

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