Fliegende Fetzen
Ringe?«
»Tut mir leid. Ringe werden nicht erwähnt.«
»Perlenketten? Ja, genau, wir haben…«
»Leider nein. Aber es wird schon etwas wärmer.«
»Ohrringe?«
»Ja, jetzt kommen wir der Sache näher«, sagte Karotte in aufmuntern-
dem Tonfal .
»Eine Krone? Vielleicht ein Krönchen?«
Karotte beugte sich zum Obergefreiten hinab. »Hier ist von einem
Diadem die Rede, Reg? Können wir…?« Er richtete sich wieder auf.
»Wir sind bereit, ›Krönchen‹ zu akzeptieren. Gut gemacht!«
Er sah erneut zum Obergefreiten Schuh.
»Es ist doch alles in Ordnung, nicht wahr, Reg? Ich meine, sie sind eingebrochen, sie haben eine Geisel genommen…«
»Ich schätze, da hast du recht…«
»Bitte! Nein! Sei brav! Runter!«
»Das wär’s«, sagte Reg Schuh und blickte am Karren vorbei. »Sie haben
al es gestanden, bis auf den Fal von Exhibitionismus im Hide Park…«
»Das waren wir!« rief jemand.
»… und dahinter steckte eine Frau…«
»Wir waren es!« Diesmal klang die Stimme ein ganzes Stück schriller.
»Dürfen wir das Gebäude jetzt bitte verlassen?«
Karotte stand auf und hob das Megaphon vor die Lippen. »Wenn die
Herren so gütig wären, mit erhobenen Händen nach draußen zu kom-
men…«
»Soll das ein Witz sein?« wimmerte jemand, während das Knurren im
Hintergrund kurz lauter wurde.
»Na schön, dann haltet die Hände so, daß ich sie sehen kann.«
»In Ordnung!«
Vier Männer wankten auf die Straße. Ihre zerrissene Kleidung flatterte
im Wind. Der Anführer deutete mit einem anklagenden Zeigefinger zur
Tür, als sich Karotte näherte.
»Den Besitzer des Lagers sol te man vor Gericht stellen!« brachte er
hervor. »Ein wildes Tier in dem Raum zu halten… Das ist skandalös!
Wir sind ganz friedlich eingebrochen, und das Biest hat uns völ ig grund-
los angegriffen!«
»Ihr habt auf den Obergefreiten Schuh geschossen«, erwiderte Karotte.
»Aber wir wollten ihn nicht treffen! Nein, das wollten wir nicht!«
Obergefreiter Schuh deutete auf den Pfeil in seinem Brustharnisch.
»Seht euch das an!« jammerte er. »Das ist Arbeit für den Schweißer,
und wir müssen die Reparaturen unserer Ausrüstung selbst bezahlen,
und es bleibt immer etwas zurück, ganz gleich, welche Mühe man sich
gibt – man sieht, daß der Harnisch repariert worden ist.«
Die entsetzten Blicke der vier Männer galten den Nähten an Schuhs
Hals und Händen. Ihnen dämmerte die Erkenntnis, daß man bei Men-
schen zwar viele verschiedene Hautfarben beobachten konnte, es al er-
dings kaum Lebende gab, deren Haut grünlich-grau schimmerte.
»Du bist ein Zombie !«
»Hast du viel eicht was gegen Tote?« fragte Obergefreiter Schuh scharf.
»Und ihr habt Korporal Angua als Geisel genommen. Eine Dame «, fuhr Karotte fort. Er sprach noch immer in ruhigem, freundlichem Tonfal ,
aber etwas in seiner Stimme wies darauf hin, daß irgendwo eine Zünd-
schnur brannte und man besser nicht auf den Knal wartete.
»Ja… in gewisser Weise… aber offenbar ist sie entkommen, als das
Biest erschien…«
»Habt ihr sie im Lager gelassen?« fragte Karotte. Er schien die Gelas-
senheit selbst zu sein.
Die vier Männer sanken auf die Knie. Der Anführer hob beschwörend
den Kopf.
»Bitte! Wir sind nur Räuber und Diebe! Wir führen nichts Böses im
Schilde!«
Karotte nickte Schuh zu. »Bring sie zur Wache, Obergefreiter.«
»Sofort!« erwiderte Schuh. In seinen Augen blitzte es, als er die Arm-
brust schußbereit machte. »Die Reparatur des Brustharnischs kostet
mich zehn Dollar. Ich bin auch so schon ziemlich sauer, und deshalb
rate ich euch, keinen Fluchtversuch zu unternehmen.«
»O nein, wir fliehen nicht, auf keinen Fal ! Wir kämen nicht einmal auf
den Gedanken.«
Karotte betrat das Gebäude. In offenen Türen zeigten sich besorgte
Gesichter, und der Hauptmann lächelte beruhigend, als er sich dem La-
gerraum näherte.
Korporal Angua rückte gerade ihre Uniform zurecht.
»Bevor du danach fragst: Ich habe niemanden gebissen«, sagte sie, als
Karotte im Eingang erschien. »Nicht einmal Fleischwunden. Ich habe
nur ihre Hosen zerrissen. Und das war kein Zuckerschlecken, kann ich
dir versichern.«
Ein weiteres besorgtes Gesicht erschien.
»Ah, Herr Vortin«, sagte Karotte. »Du wirst feststellen, daß nichts
fehlt. Die Einbrecher haben al es liegen gelassen.«
Der Diamantenhändler wirkte verblüfft.
»Ich habe gehört, daß sie eine Geisel genommen haben…«
»Sie haben ihren Fehler
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