Fliegende Fetzen
Aufnahmepapie-
re unterschrieben.«
»Oh. Ja, natürlich. Das habe ich bestimmt. Verdammt!«
Wasser strömte aus einer Rinne, die nicht noch mehr Regen aufneh-
men konnte. Ein Windstoß griff danach und ließ die Nässe in Mumms
Kragen verschwinden.
»Es heißt, die neue Insel bringt alle Luftströmungen durcheinander«,
meinte Karotte.
»Nicht nur die Luft«, erwiderte Mumm. »Wenn du mich fragst: Es
herrscht ziemlich viel Aufregung wegen einiger Quadratkilometer
Schlamm und Ruinen! Wen kümmert so etwas?«
»Angeblich ist die Insel strategisch sehr wichtig«, sagte Karotte. Die
beiden Männer setzten sich in Bewegung und gingen nebeneinander her.
»Strategisch wichtig wofür? Derzeit führen wir gegen niemanden Krieg.
Ha! Aber viel eicht ziehen wir wegen einer blöden Insel in den Krieg, die
nur im Falle eines Krieges Bedeutung hat.«
»Oh, der Patrizier wird das Problem heute lösen«, verkündete Karotte
fröhlich. »Wenn sich vernünftige Leute mit gutem Willen an einen Tisch
setzen, lassen sich al e Meinungsverschiedenheiten überwinden.«
Davon ist er wirklich überzeugt, dachte Mumm niedergeschlagen.
»Weißt du viel über Klatsch?« fragte er.
»Ich habe ein wenig darüber gelesen, Herr Kommandeur.«
»Dort soll es sehr sandig sein.«
»Ja, Herr Kommandeur. Davon habe ich gehört.«
Irgendwo krachte etwas, und ein Schrei erklang. Wächter wurden
schon nach kurzer Zeit zu Spezialisten für Schreie. Für einen wahren
Kenner gab es erhebliche Unterschiede zwischen »Ich bin betrunken,
habe mir gerade selbst auf die Finger getreten und kann nicht aufstehen«
und »Achtung, er hat ein Messer«.
Mumm und Karotte liefen los.
Licht kam aus einer schmalen Seitenstraße. Hastige Schritte entfernten
sich und verschwanden in der Nacht.
Flackernder Schein fiel durch ein zertrümmertes Fenster. Mumm
wankte durch die Tür, streifte den nassen Umhang ab und warf ihn auf
das Feuer, das mitten im Zimmer brannte.
Es zischte, dann roch es nach heißem Leder.
Mumm trat zurück und versuchte festzustel en, wo er sich befand.
Leute starrten ihn an. Ein Teil von ihm sammelte ganz automatisch
Hinweise: Turban, Bart, die Frau, ihr Schmuck…
»Woher kam er? Wer ist dieser Mann?«
»Äh… guten Morgen?« sagte Mumm. »Hier scheint es einen Zwischen-
fal gegeben zu haben.« Vorsichtig hob er den Umhang.
Darunter kamen eine zerbrochene Flasche und siedendes Öl zum Vor-
schein.
Mumm sah zu dem zertrümmerten Fenster. »Oh…«
Es befanden sich noch zwei weitere Personen in der Nähe: ein Junge,
fast ebenso groß wie sein Vater, und ein kleines Mädchen, das sich hinter
der Mutter zu verstecken versuchte.
Mumm spürte, wie sich in seinem Innern etwas versteifte.
Karotte erschien in der Tür.
»Ich habe sie aus den Augen verloren«, schnaufte er. »Es waren drei,
glaube ich. In dem Regen erkennt man kaum etwas… Oh, du bist’s, Herr
Goriff. Was ist passiert?«
»Hauptmann Karotte! Jemand hat eine Flasche mit brennendem Öl durchs Fenster geworfen und dann ist dieser Bettler gekommen und hat das Feuer gelöscht!«
»Was hat er gesagt?« fragte Mumm. Und: »Was hast du gesagt? Du
sprichst Klatschianisch?«
»Nicht sehr gut«, erwiderte Karotte bescheiden. »Die Kehllaute be-
komme ich nicht richtig hin, und…«
»Aber… du kannst ihn verstehen, nicht wahr?«
»Ja. Übrigens: Er hat dir seinen Dank ausgesprochen. Es ist alles in Ord-
nung, Herr Goriff. Er gehört zur Wache.«
»Aber du sprichst…«
Karotte ging in die Hocke und betrachtete die Flasche.
»Oh, du weißt ja, wie das ist. Man kommt während der Nachtschicht
ab und zu hierher, um frisches Kümmelbrot zu essen, und dabei plaudert
man miteinander, schnappt das eine oder andere Wort auf…«
»Das eine oder andere Wort? Nun, ›Vindaloo‹ viel eicht, aber… du
sprichst fließend …«
»Dies ist eine Brandbombe, Herr Kommandeur.«
»Ich weiß, Hauptmann.«
»Eine schlimme Sache. Wer könnte zu so etwas fähig sein?«
»Derzeit?« erwiderte Mumm. »Ich glaube, die halbe Stadt.«
Er richtete einen hilflosen Blick auf Goriff. Der Mann erschien ihm
vage vertraut. Viele Klatschianer in Ankh-Morpork waren… Gesichter
am anderen Ende von Armen, die Curry-Spezialitäten anboten. Dieser
Laden öffnete sehr früh am Morgen und spät am Abend, wenn die Stra-
ßen den Bäckern, Dieben und Wächtern gehörten.
Das Lokal hieß Banale Mahlzeiten. Von Nobby Nobbs wußte Mumm,
daß Goriff nach einem Wort gesucht
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