Fliegende Fetzen
Termine nennen? Deine Aufgabe ist es doch, mir Bescheid zu geben. Warum hast du mir nicht gesagt: ›Etwa gegen acht – einen Aufruhr bei Banale Mahlzeiten beenden und Detritus daran hindern, Leute zu erschießen.‹?«
»Du hast mich nicht darauf hingewiesen, daß ich dich darauf hinweisen
sollte!«
»Weil ich zunächst gar nichts davon wußte ! So ist das im Leben. Wie soll ich dich auffordern, mich vor Dingen zu warnen, von denen niemand
weiß, daß sie geschehen werden? Du hättest nur dann einen echten Nut-
zen, wenn du das erledigen würdest.«
»Er kritzelt ins Handbuch«, sagte der Dämon vorwurfsvoll. »Wißt ihr
was? Er kritzelt ins Handbuch. «
»Nun, ja, ich mache mir Notizen…«
»Er versucht sogar, sein Tagebuch im Handbuch zu führen«, fuhr der
Dämon fort. »Auf diese Weise will er vor seiner Frau verbergen, daß er
sich überhaupt nicht die Mühe macht, den Umgang mit mir zu lernen.«
»Und was ist mit dem Mumm -Handbuch?« entgegnete Mumm scharf.
»Ich muß feststellen, daß du dir nie die Mühe gemacht hast, den Umgang
mit mir zu lernen.«
Der Dämon zögerte. »Es gibt Handbücher für Menschen?« fragte er.
»Es wäre eine verdammt gute Idee!« stieß Mumm hervor.
»Das stimmt«, murmelte Angua.
»Darin könnte zum Beispiel stehen: ›Kapitel 1 – Bimmel-bimmel-
bamm und andere dumme Dinge, mit denen man Menschen um sechs
Uhr morgens nervt‹«, sagte Mumm. In seinen Augen blitzte es. »Und
›Probleme – Mein Besitzer will mich in den Abort werfen; was mache ich
falsch?‹ Und…«
Karotte klopfte ihm auf den Rücken. »Du sol test jetzt Feierabend ma-
chen, Herr Kommandeur«, sagte er sanft. »Es liegen einige sehr arbeits-
reiche Tage hinter dir.«
Mumm rieb sich die Stirn. »Ich könnte wirklich Ruhe gebrauchen.
Kommt, hier gibt es ohnehin nichts mehr zu sehen. Kehren wir heim.«
»Ich dachte, du wol test nicht…«, begann Karotte.
Mumm kam ihm zuvor. »Ich meine natürlich die Wache«, sagte er.
»Nach Hause gehe ich später.«
Der Schein einer Lampe glitt durch die Käsedick-Bibliothek und strich
über Regale mit dicken, in Leder gebundenen Büchern.
Sybil wußte, daß viele davon nie gelesen worden waren. Diverse Vor-
fahren hatten sie bei den Graveuren bestel t und sie dann in die Regale
gestel t, weil man einfach eine Bibliothek haben mußte, istdochganzklar.
Sie gehörte ebenso dazu wie ein Gestüt, die Dienerschaft und irgendein landschaftsgestalterischer Fehler des Absolut Bekloppten Johnson. Was
den letzten Punkt betraf: Sybils Großvater hatte Johnson erschossen,
bevor er echten Schaden anrichten konnte.
Sie hielt die Lampe ein wenig höher.
Käsedicks blickten aus zahlreichen Gemälderahmen auf sie herab,
durch den bräunlichen Firnis der Jahrhunderte. Auch die Porträts waren
aus zügelloser Angewohnheit gesammelt worden.
Die meisten von ihnen stellten Männer dar, immer in Rüstungen ge-
kleidet und auf Pferden sitzend. Jeder von ihnen hatte gegen die Tod-
feinde von Ankh-Morpork gekämpft.
In der jüngeren Vergangenheit war das manchmal recht schwierig ge-
wesen. Zum Beispiel Sybils Großvater. Er hatte eine Expedition bis zum
Wiewunderland führen müssen, um Todfeinde zu finden. Al erdings gab
es einen angemessen großen Vorrat davon, als er das ferne Land wieder
verließ, begleitet von hingebungsvol en Flüchen. Früher war al es viel
leichter gewesen. Käsedick-Regimenter hatten überal in der Sto-Ebene
gegen die Feinde der Stadt gekämpft und heldenhafte Verluste verur-
sacht, ziemlich oft bei den gegnerischen Streitkräften.*
Einige wenige Bilder zeigten Frauen, doch keine von ihnen durfte et-
was Schwereres tragen als einen Handschuh oder einen kleinen Sumpf-
drachen. Ihre Aufgabe hatte vor al em darin bestanden, Verbände vor-
zubereiten und auf die Rückkehr der Ehemänner zu warten, mit Geduld,
viel innerer Kraft und in der Hoffnung, daß der jeweilige Gatte mit mög-
lichst vielen Körperteilen heimkehrte.
Niemand schien nachzudenken. Es gab einen Krieg, und schon brachen die Männer auf. Wenn es keinen Krieg gab, suchten sie nach einem. Sie
gebrauchten nicht einmal Ausdrücke wie »Pflicht«. Die Sache schien
regelrecht eingebaut zu sein, auf der Ebene der Knochen.
Sybil seufzte. Heutzutage war alles so schwer. Lady Sybil stammte aus einer Gesel schaftsschicht, die bisher keine Gelegenheit gefunden hatte,
sich an Schwierigkeiten zu gewöhnen. Damit waren vor allem jene Pro-
bleme gemeint, die
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