Fliegende Fetzen
Floß erbebte.
Fester Fanggut hielt es al mählich für eine gute Idee, nach Hause zu-
rückzukehren. Doch das bedeutete, den Klatschianern das Land zu über-
lassen, und er wol te eher sterben, als ihnen einen solchen Triumph zu
vergönnen.
Eine verräterische innere Stimme flüsterte: Seltsamerweise hat man nie
Hongs Leiche gefunden. Zumindest nicht die wichtigeren Teile davon.
»Ich glaube, ich glaube, ich glaube, wir gehen jetzt wieder an Land«,
teilte er seinem Sohn mit.
»Ach, Vater«, sagte Les. »Erwartet uns eine weitere Mahlzeit aus Napf-
schnecken und Tang?«
»An Tang gibt es überhaupt nichts auszusetzen«, erwiderte Fanggut.
»Steckt vol er Nährstoffe. Enthält viel Eisen. Eisen ist gut für dich.«
»Warum kochen wir dann nicht den Anker?«
»Werd nicht frech, Sohn.«
»Die Klatschianer haben Brot«, sagte Les. »Sie haben Mehl mitge-
bracht. Außerdem auch Feuerholz.« Damit sprach er einen wunden
Punkt an. Fangguts Versuche, Tang zu verbrennen, waren gescheitert.
»Ja, aber ihr Brot würde dir überhaupt nicht gefal en«, meinte er. »Es ist ganz flach und hat keine richtige Kruste…«
Der Wind trug ihnen den Duft von gebackenem Brot entgegen. Es
roch auch nach Gewürzen.
»Sie backen Brot! Auf unserem Land!«
»Nun, die Klatschianer behaupten, es sei ihr …«
Fanggut griff nach der gebrochenen Planke, die er als Paddel verwen-
dete. Er begann, hektisch damit zu rudern, und sein Ziel war ganz offen-
sichtlich das Ufer. Doch das Floß kam ihm nicht näher; es drehte sich
nur, was Fanggut noch zorniger stimmte.
»Sie lassen sich direkt neben uns nieder, und was bekommen wir von
ihnen? Nur den Gestank ihres ausländischen Essens…«
»Warum schluckst du immer wieder, Vater? Läuft dir etwa das Wasser
im Mund zusammen?«
»Und woher haben sie Holz, wenn ich fragen darf?«
»Ich glaube, die Strömung bringt das Treibholz auf ihre Seite der Insel,
Vater…«
»Na bitte! Sie stehlen unser Treibholz! Unser verdammtes Treibholz!
Ha! Aber wir zeigen’s ihnen…«
»Ich dachte, wir hätten uns darauf geeinigt, daß jener Teil der Insel ih-
nen gehört und…«
Fanggut erinnerte sich wieder daran, wie man ein Floß mit nur einem
Paddel steuert.
»Das ist keine Vereinbarung«, sagte er. Schaum bildete sich dort, wo er
das Paddel immer wieder durchs Wasser zog. »Man könnte es höchstens
eine… einstweilige Übereinkunft nennen. Die Klatschianer haben das
Treibholz nicht geschaf en. Es erschien einfach bei ihnen. Es muß eine Art geographischer Zufal sein. Holz ist eine natürliche Ressource und gehört niemandem…«
Das Floß stieß gegen ein Hindernis, wobei ein metal isches Geräusch
erklang. Die Entfernung zum felsigen Ufer betrug noch etwa hundert
Meter.
Etwas stieg mit leisem Quietschen auf. Ein krummes Rohr drehte sich
und zeigte auf Fester Fanggut.
»Entschuldigung«, erklang eine blecherne Stimme. »Dies ist doch
Leshp, oder?«
Fanggut stöhnte leise.
»Weißt du«, fuhr das Ding fort, »das Wasser ist recht trüb, und ich ha-
be befürchtet, daß wir während der letzten zwanzig Minuten in der fal-
schen Richtung unterwegs waren.«
»Leshp!« brachte Fanggut mit fast schriller Stimme hervor.
»Ah, gut. Vielen Dank. Einen schönen Tag noch.«
Das Rohr sank langsam ins Meer zurück. Einige letzte Geräusche
drangen mit einigen Luftblasen an die Wasseroberfläche. »… vergiß
nicht den Korken. – Du hast schon wieder den Korken ver… «
Es stiegen keine weiteren Blasen mehr auf.
Nach einer Weile fragte Les: »Was war das, Vater?«
»Überhaupt nichts!« erwiderte Fester Fanggut scharf. »Solche Dinge
passieren gar nicht!«
Das Floß sauste dem Ufer entgegen, schnell genug, um dahinter Was-
serski zu laufen.
Als sie ins blaue Zwielicht unter der Wasseroberfläche zurücksanken,
dachte Feldwebel Colon kummervoll an einen weiteren Aspekt des Boo-
tes: Hier konnte man nicht die Bilge lenzen, weil sie mittendrin saßen.
Er trat nicht nur in die Pedale, sondern auch ins Wasser, litt außerdem
gleichzeitig an Klaustrophobie und Agoraphobie. Er fürchtete sich vor
allem hier drin und vor allen Dingen dort draußen. Wenn er aus den Fenstern blickte, sah er Unangenehmes. Das Boot glitt an einer Felswand
hinab. Fühler tasteten hin und her. Die Umrisse von Klauen zeichneten
sich in der Finsternis ab. Schattenhafte Wesen huschten davon, um sich
in träge wogenden Algenfladen zu verbergen. Riesige Venusmuscheln
beobachteten
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