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Fliegende Fetzen

Fliegende Fetzen

Titel: Fliegende Fetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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waren kein Anlaß zur
    Beschwerde. Der Nachteil bestand darin, daß sie mehr Einladungen be-
    kamen, manchmal von sehr aufdringlicher Art. Angua begriff, daß sie
    ihre Blöße bedecken mußte, nicht nur aus Anstand, sondern auch, um
    unangenehm hüpfende Bewegungen im Bereich des Oberkörpers zu
    unterbinden. Die Fähigkeit, praktisch aus al en Dingen Kleider improvi-
    sieren zu können, gehörte zu den weniger bekannten Werwolftalenten.
    Angua verharrte. Nun, für das ungeübte Auge sahen al e Klatschianer
    gleich aus, aber für einen Werwolf sahen al e Menschen gleich aus, und zwar sehr lecker. Sie hatte schon vor einer ganzen Weile gelernt, Unterschiede zu erkennen.
    »Bist du Prinz Khufurah?«
    »Ja. Und du bist…?«
    Jemand trat die Tür auf. Angua sprang zum Fenster und riß den Riegel
    zur Seite, der die Läden geschlossen hielt. Wasser spritzte ihr entgegen
    und in die Kabine. Sie schenkte der Nässe keine Beachtung und kletterte
    rasch nach draußen.
    »Ich nehme an, du kommst zufäl ig vorbei?« murmelte der Prinz.
    71-Stunden-Ahmed schritt zum Fenster und sah hinaus. Grünblaue
    Wel en, umschmiegt von kaltem Feuer, türmten sich auf, während das
    Schiff schlingerte. In einer so aufgewühlten See konnte niemand überle-
    ben.
    Er drehte den Kopf, blickte am Rumpf entlang und stellte fest, daß
    sich Angua an einem Seil festhielt.
    Er zwinkerte ihr zu. Dann drehte er sich um, und sie hörte ihn sagen:
    »Bestimmt ist sie ertrunken. Zurück auf eure Posten!«
    Kurze Zeit später schloß sich auf dem Deck eine Luke.

    Die Sonne glitt an einem wolkenlosen Himmel empor.
    Einem Beobachter – wenn es einen gegeben hätte – wäre sicher aufge-
    fal en, daß sich die Wellen an dieser kleinen Stelle des Meeres anders
    bewegten.
    Viel eicht hätte er sich auch über das krumme Rohr gewundert, das sich mit leisem Quietschen drehte.
    Wäre der Beobachter imstande gewesen, das Ohr an das Rohr zu pres-
    sen, hätte er folgendes Gespräch hören können:
    »… kam mir diese Idee, als ich ein wenig döste. Ein Rohr, zwei in ei-
    nem Winkel zueinander angebrachte Spiegel – die Lösung für al e unsere
    Steuerungs- und Luft-Probleme!«
    »Faszinierend. Ein Rohr-durch-das-man-sehen-und-atmen-kann.«
    »Woher wußtest du, daß es so heißt, Exzel enz?«
    »Ich hab nur geraten.«
    »He, jemand hat meinen Sitz an den Pedalen verändert, jetzt ist er so-
    gar bequem …«
    »Ah ja, Korporal, während du geschlafen hast, habe ich einige Messun-
    gen vorgenommen, um den Sitz deiner anatomischen Konfiguration
    anzupassen…«
    »Du hast gemessen?«
    »Ja, ich…«
    »Und die Messungen betrafen meine… rückwärtigen Bereiche?«
    »Oh, du brauchst dir deshalb keine Sorgen zu machen. Die Anatomie
    ist eine meiner Leidenschaften.«
    »Ach, tatsächlich? Ist sie das? Nun, ich schlage vor, du bringst meiner Anatomie etwas weniger Leidenschaft entgegen…«
    »He, ich sehe eine Art Insel!«
    Das Rohr quietschte und drehte sich.
    »Ah, Leshp. Und ich sehe auch Leute. In die Pedale treten, meine Her-
    ren. Erforschen wir den Grund des Meeres…«
    »Ich fürchte, das passiert wirklich. So wie er steuert…«
    »Sei still, Nobby.«
    Das Rohr verschwand im Wasser. Luftblasen stiegen auf, und Stimmen
    stritten darüber, wer dafür zuständig war, die Öffnung mit dem Korken
    zu verschließen. Dann wurde diese leere Stelle des Meeres noch etwas
    leerer.

    Es gab keine Fische.
    Unter den gegenwärtigen Umständen wäre Fester Fanggut sogar dazu
    fähig gewesen, einen Neugierigen Tintenfisch zu verspeisen.
    Doch das Meer enthielt nur noch Wasser. Und es roch verkehrt. Hier
    und dort zischte und blubberte es. Fester beobachtete, wie Blasen an der
    Wasseroberfläche zerplatzten – es roch nach Schwefel und faulen Eiern.
    Er vermutete, daß der Aufstieg des neuen Lands eine Menge Schlamm
    aufgewirbelt hatte. Am Grund eines Tümpels war es schon schlimm ge-
    nug; dort wimmelte es von Fröschen und anderen Viechern. Am Grund
    des Meeres war für Abscheulichkeiten al er Art noch viel mehr Platz.
    Fester Fanggut versuchte, den letzten Gedanken sofort zu verbannen,
    aber er entwickelte ein sonderbares Eigenleben und kehrte immer wieder
    zurück, stieg aus den dunklen Tiefen des Bewußtseins auf wie… wie…
    Warum gab es keine Fische? Sicher, in der vergangenen Nacht hatte es
    ein Unwetter gegeben, aber für gewöhnlich traf man nach einem Sturm
    in diesen Gewässern noch mehr Fische an, denn der hohe Seegang ließ
    Dinge… aufsteigen…
    Das

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