Flieh solange du kannst
Zimmertür geklopft.”
“Aber woher wusste er, wo wir sind?”
“Das würde mich auch mal interessieren.”
“Und was hat er gesagt?”
“Er wollte natürlich wissen, wo ihr seid.”
“Und was hast du ihm gesagt?”
“Dass ich euch ein Stück mitgenommen und bei mir übernachten lassen habe.”
“Das hast du ihm gesagt?”
“Ich hatte ja keine Ahnung, ob er das nicht ohnehin schon wusste, daher wollte ich so nahe wie möglich an der Wahrheit bleiben.”
“Und wie hast du es geschafft, ihn wieder loszuwerden?”
“Ich hab ihm erzählt, ich hätte euch zum Flughafen gebracht. Ich hab ihn sogar ins Zimmer gelassen, damit er herumschnüffeln konnte. Um ihm zu zeigen, dass ich nichts vor ihm zu verbergen habe.”
Ihre angestrengten Gesichtszüge entspannten sich. “Das war schlau.”
An einer großen Kreuzung bog er nach rechts ab. “Ich weiß aber nicht, ob er mir alles geglaubt hat. Aber ich war wohl überzeugend genug und konnte ihn abwimmeln.”
“Woher wusste er, dass wir in Salt Lake City sind? Und wie hat er die Zimmernummer herausgefunden?”
“Ich hatte gedacht, du könntest mir das vielleicht erklären.” Er hielt an einer roten Ampel an und sah sie skeptisch an.
“Wie meinst du das?”
“Du spielst doch nicht irgendwelche Spielchen mit mir, oder?”
Der Schrecken, der sich auf ihrem Gesicht ausbreitete, reichte ihm fast schon als Antwort. “Du glaubst doch nicht etwa, dass ich absichtlich Spuren lege, damit er uns findet? Das kann doch nicht dein Ernst sein!”
Er seufzte. “Nein, eigentlich nicht.” Das hatte er wirklich nicht gedacht. Dann hätte er sich niemals bereit erklärt, ihr zu helfen. “Aber ich frage mich wirklich, wie er es schaffen konnte, uns so dicht auf den Fersen zu bleiben.”
Emma schüttelte den Kopf. “Es kann nur Rosa gewesen sein. Ich wüsste nicht, wer sonst.”
“Die Schwester von Juanita?”
“Ja, ich habe sie angerufen. Das weißt du ja. Ich habe nie eine Nachricht hinterlassen, aber es kann natürlich sein, dass sie die Nummer des Apparats, von dem ich sie angerufen habe, auf ihrem Display gesehen hat.”
Prestons Blick verfinsterte sich, als er das Fenster herunterließ, um frische Luft hereinzulassen. “Und sie hat ihm die Nummer gegeben.”
Emma seufzte. “Juanita hat mir versichert, ich könne ihr vertrauen. Aber wie auch immer, das Risiko musste ich eingehen. Juanita hat mir bei meiner Flucht geholfen, und nun ist sie verschwunden. Ich kann mich doch nicht einfach so davonmachen, ohne zu fragen, was aus ihr geworden ist. Ich bin doch verantwortlich für sie!”
“Das klingt allerdings so, als wäre Rosa nicht so sehr an deinem Wohl interessiert wie an Juanitas.”
“Sie hätte bestimmt nicht so gehandelt, wenn sie nicht dazu gezwungen worden wäre.”
Jetzt fuhren sie durch einen Teil der Stadt, wo alle Straßen Nummern trugen, und er konnte sich nicht mehr genau daran erinnern, wie man von hier aus am schnellsten zur Autobahn kam. Weit entfernt konnte die Auffahrt nicht sein, aber er war sich unsicher, ob er hier schon abbiegen musste. Vor der Abfahrt hatte er sich in seinem Computer die Route nach Iowa angesehen. Wenn sie erstmal die Stadt hinter sich gelassen hatten, dürfte alles kein Problem sein. Aber bis dahin musste er die Augen nach Hinweisschildern offenhalten.
“Aber was könntest du denn tun, um Juanita zu helfen?”, fragte er.
Sie nagte an ihrer Unterlippe und dachte nach. Dann griff sie in ihre Handtasche und zog ein Stück Papier hervor. “Vielleicht mehr als du denkst. Juanita hat mir diesen Zettel gegeben. Er lag im Handschuhfach meines Wagens, den die Polizei dann konfisziert hat.”
Er warf ihr einen kurzen Blick zu. “Du meinst das Auto, dass dir gestohlen wurde?”
“Irgendetwas musste ich dir doch erzählen. Hättest du uns denn mitgenommen, wenn ich gesagt hätte, dass wir auf der Flucht vor einem Mann sind, dessen Sohn ich entführt habe?”
“Gute Frage.” Er warf einen kurzen Blick auf den Zettel – eine Namensliste, teilweise mit Zahlen und Adressen versehen. Am unteren Rand stand etwas auf Spanisch. “Und was heißt das hier?”
“Falls er dich findet.”
“Meinst du, dass diese Liste irgendetwas mit dem ‘Importgeschäft’ zu tun hat, das Manuel und seine Familie betreiben?”
Sie sah ihn an. “Liegt doch nahe, oder?”
“Ja, leider”, sagte er. “Und es ist natürlich auch die schlimmste aller Möglichkeiten. Aber das scheint ja ohnehin wie ein Fluch auf dir zu lasten,
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