Flieh solange du kannst
signalisieren sollte, dass ihr Schlimmes bevorstand, wenn sie nicht gehorchte. Und Emma war tatsächlich so verängstigt, so daran gewöhnt, diesem Mann hörig zu sein und alles zu tun, was er verlangte, dass sie beinahe gehorcht hätte.
Beinahe. Dann aber packte sie den Baseballschläger noch fester und richtete sich auf. “Nein. Geh weg! Ich hab einen Baseballschläger. Und wenn du mich nicht in Ruhe lässt, werde ich mich damit verteidigen.”
“Ein Baseballschläger? Du drohst mir mit einem Baseballschläger?” Manuel rüttelte heftig an der Tür und die Kette rasselte hin und her. Dann griff er wieder durch den Spalt und versuchte die Sicherung zu lösen.
Mühsam rappelte Emma sich auf und starrte auf seine Hand. Sie wagte es nicht, näher zur Tür zu gehen und stand einfach da. Wie gelähmt sah sie zu, wie diese Hand, die sich so oft auf widerliche Art an ihrem Körper vergangen hatte, sich dort abmühte. Schweißtropfen bildeten sich auf ihrer Stirn, sie zitterte.
Als Manuel wieder auf sie einredete, bemühte er sich freundlicher zu klingen. “Ich will nur mit dir reden,
querida.
Das ist doch total verrückt. Was du da tust, macht überhaupt keinen Sinn. Warum willst du denn vor mir davonlaufen? Ich liebe dich.”
Welch eine Lüge! Er hatte sie missbraucht und ihr jede Lebensfreude genommen.
“Lass mich … lass mich in Ruhe! Bitte Manuel, ich möchte dich nicht verletzen. Geh weg. Geh zurück in deine Welt, und lass mich mein eigenes Leben führen.”
“Du willst mich also sitzen lassen, weil du einen anderen gefunden hast, der es dir besorgt. Diesen lächerlichen Mistkerl, der gerade hier rausgekommen ist?”, schrie er.
Emma schnappte nach Luft und schlug die Hand vor den Mund, um nicht aufzuschreien. Preston! Wenn Manuel ihn beobachtet hatte …
“Wo ist er?”, fragte sie in Panik. “Was hast du mit ihm gemacht?”
“Noch nichts,
mi amor.
Ich werde deinem Lover auch nichts tun, wenn du jetzt endlich die Tür aufmachst. Wenn du zu mir zurückkommst, ist alles okay, und es wird wieder so wie früher.”
Die Angst schnürte ihr die Kehle zu, sie bekam fast schon keine Luft mehr.
Juanita ist tot. Die Polizei hat ihre Leiche gefunden.
War Preston auch tot? Lag er dort draußen verletzt auf dem Boden?
Dieser Gedanke hätte sie beinahe dazu gebracht, die Kette zu lösen und nach draußen zu stürzen, mit erhobenem Baseballschläger. Die Angst um Preston ließ sie für einen kurzen Moment alles andere vergessen. Aber dann fiel ihr Max ein. Wenn sie die Tür aufmachte, würde Manuel hereinstürzen und ihr den Schläger wegnehmen. Und dann wäre sie ihm wieder hilflos ausgeliefert.
“Komm schon,
querida.
Wenn du nicht mit mir zusammenleben willst, können wir uns ja etwas überlegen”, sagte er, während er immer noch an der Kette herumfummelte. “Du kannst doch in San Diego leben. Und ich kann ab und zu meinen Sohn besuchen. Das Recht dazu habe ich schließlich.”
Normalerweise ja. Und Manuel wusste natürlich, wie sehr sie ihren Sohn liebte, und dass sie es nicht übers Herz bringen würde, ihm irgendetwas abzuschlagen. Aber sie durfte Max nicht erlauben, mit Manuel zusammen zu sein. Manuel hatte Juanita getötet. Er war gefährlich. Er war ein Verbrecher.
“Jetzt hast du das Recht nicht mehr”, sagte sie.
“Was?”
“Du hast es verwirkt, als du Juanita umgebracht hast.”
“Mach jetzt endlich die verdammte Tür auf!”
Wieder packte Emma die Angst. Aber dann erkannte sie im Bruchteil einer Sekunde, was sie tun musste. Sie hatte nur eine Wahl. Wenn sie Manuel hereinließ, nützte das Preston auch nichts. Sollte Manuel sie in seine Gewalt bekommen, wäre alles vorbei, ob sie nun versuchte, sich mit dem Baseballschläger zu wehren oder nicht. Sie hatte die Beweise bereits an die Polizei geschickt. Seine Familie würde niemals zulassen, dass sie am Leben blieb, selbst wenn Manuel sie verschonen wollte. Er würde sie töten, das stand fest. Und Preston würde er auch umbringen.
Es gab nur eine Möglichkeit.
Fast war es Manuel gelungen, die Kette zu lösen. Er hatte sie bereits ein Stück aus dem Schloss gezogen. Noch ein paar Sekunden, dann …
Ein heftiger Adrenalinstoß peitschte durch Emmas Körper, aber es gelang ihr, die Panik zu bezwingen. Sie nahm alle Kraft zusammen und drückte die Tür zu.
Manuel schrie laut auf, als die Kante der Tür seine Hand gegen den Türrahmen quetschte. Aber es war ihr egal. Sie würde ihn auf keinen Fall hereinlassen. Es kümmerte sie nicht
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