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Flieh solange du kannst

Flieh solange du kannst

Titel: Flieh solange du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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mit den freundlichen Augen. Er war so stolz darauf gewesen, in Amerika arbeiten zu dürfen, wo er genug Geld verdiente, um seinen Verwandten in der Heimat etwas zu schicken. Er sparte eisern, weil er sich nach seiner Rückkehr in Mexiko ein Häuschen bauen wollte. Und nun hatte er seinen Job verloren und seine ganzen Zukunftspläne waren dahin.
    Emma spürte, wie ein Gefühl des Abscheus von ihr Besitz ergriff. “Ich kann mir schon denken, wer dahintersteckt! Manuel hat die Grenzpolizei alarmiert!”
    “José meinte, Juanita sei wahrscheinlich auch abgeschoben worden. Aber sie hat doch eine Aufenthaltserlaubnis. Die können sie doch nicht einfach so ausweisen.”
    “Hat José noch irgendetwas über Max und mich gesagt?”
    “Er glaubt, ihr beiden seid entführt worden.”
    Wie typisch für Manuel. Natürlich konnte er nicht zugeben, dass sie von sich aus weggelaufen war. Er wollte sein Gesicht wahren, vor allem vor der Familie. Seine Ehre bedeutete ihm sowieso viel mehr als alles andere.
    Emma musste sich zusammenreißen, um ihre Wut zu besänftigen. Sie merkte, dass sie am ganzen Leib zitterte. “War José sehr aufgeregt?”
    “Nein, er sagte, sie würden euch innerhalb von vierundzwanzig Stunden zurückholen.”
    Eine lähmende Angst kroch durch Emmas Körper. Fast fiel ihr der Telefonhörer aus der Hand. Hieß das, dass sie etwas wussten? Dass sie herausgefunden hatten, wo sie sie suchen mussten? Ahnten sie, in welche Richtung sie aufgebrochen war … wussten sie es womöglich mit Gewissheit?
    Ihr stockte der Atem.
    “Ich glaube, er hat Leute für die Suche engagiert. Eine ganze Menge Leute”, sagte Rosa noch immer schluchzend.
    Emma kam es vor, als rückten die Mauern ihres kleinen Hotelzimmers immer näher. Und sie war völlig hilflos, ganz auf sich allein gestellt. Am liebsten wäre sie sofort hinausgerannt und hätte sich an die Straße gestellt, um per Anhalter weiterzufahren, immer weiter, so weit weg wie nur möglich! Aber das war natürlich ein unsinniger Gedanke. In diesem Kaff konnte sie lange darauf warten, bis jemand sie mitnahm. Autostopp kannte man hier nicht. Wenn sie mit erhobenem Daumen am Straßenrand stand, würde das nur Aufsehen erregen, erst recht mit einem Kind.
    “Was soll ich denn bloß wegen Juanita unternehmen?”, fragte Rosa.
    “Rufen Sie noch mal bei der Polizei an”, riet Emma. “Jetzt gleich.”
    “Aber was soll das denn bringen? Sie werden sie noch nicht mal als vermisste Person aufnehmen, bevor …”
    “Sagen Sie ihnen, Sie glauben, dass Manuel hinter ihrem Verschwinden steckt.”
    “Glauben Sie, dass er sie umgebracht hat?”, fragte Rosa mit tränenerstickter Stimme.
    Nein, Emma konnte sich nicht vorstellen, dass der Mann, mit dem sie so lange zusammengelebt hatte, ein derart scheußliches Verbrechen beging. Sie erinnerte sich noch, wie sie bei ihrem ersten Treffen mit ihm auf der Wiese gesessen hatte. Den ganzen Abend verbrachten sie mit Reden. Seine einfühlsame Art beeindruckte sie damals sehr. Und er hatte sich dann schrecklich verändert …
    Bitte, lieber Gott, beschütze meine liebe Freundin, die mir so selbstlos geholfen hat. Es darf ihr nichts zustoßen.
    “Aber nein, er hat ihr bestimmt nichts getan. Ich rufe morgen früh noch mal an. Vielleicht gibt es dann ja etwas Neues”, sagte Emma und legte auf.
    Als Preston die kindliche Stimme von Max hörte, hob er überrascht den Kopf und spähte über den Rand des Whirlpools. In der Ecke des Schwimmbads, in der er lag, war es eher dunkel, aber das große Becken erstrahlte in hellem Scheinwerferlicht, und dort entdeckte er tatsächlich die beiden Menschen, die ihm noch immer im Kopf herumspukten. Der Junge, der so fröhlich auf den Beckenrand zulief, war eindeutig Max, und die schlanke junge Frau, die jetzt zwei Handtücher auf einer Liege ablegte, Emma.
    “Mommy, du musst zugucken, wenn ich reinspringe, okay?”, rief Max fröhlich. “Genau hinschauen, ja? Guckst du auch zu?”
    “Nicht so laut, Max, ich sehe dir doch zu.”
    “Achtung, ich springe!”
    Sie blieb am Rand des Pools stehen und sah zu, wie er hineinhüpfte. Es platschte ganz gewaltig, und Emma schaute sich schuldbewusst um, als fürchtete sie, jemand könnte auf sie aufmerksam werden. Prüfend glitt ihr Blick über die Leute, die jenseits der Glaswand vor der Rezeption standen, sie sah zu den Autos, die draußen in die Motelzufahrt einbogen, beobachtete den Mann, der nach draußen ging, um etwas zu seinem Auto zu bringen. Sogar über den

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