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Flieh solange du kannst

Flieh solange du kannst

Titel: Flieh solange du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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Max ihm gerade erzählt hatte, und angesichts der mit Diamanten besetzten Ohrringe, ihres sonnengebräunten Körpers und der sorgfältig lackierten Fußnägel deutete jedenfalls nichts darauf hin, dass sie harte Arbeit gewohnt war.
    Auf einmal sah Max ganz kläglich aus. “Ich hab Hunger. Können wir jetzt was essen?”
    “Wir essen zusammen zu Mittag, wenn deine Mommy zurück ist, okay?”
    Max hängte sich an Prestons Schulter, damit er nicht unterging. “Aber ich fühle mich gar nicht gut.”
    “Wenn deine Mommy in einer Viertelstunde noch nicht zurück ist, gehen wir auf unser Zimmer und versuchen sie anzurufen.” Statt ihn zum Beckenrand zu schieben, versuchte Preston jetzt, die Nähe des Jungen zu ertragen. Ein paar Sekunden ging das auch gut. Aber dann krochen Erinnerungen in ihm hoch. Erinnerungen, die er tief in sich vergraben hatte – wie er mit Dallas im Meer schwamm, wie sie am Strand spielten, wie sie abends zusammen auf dem Bett lagen und er ihm aus Büchern über Dinosaurier oder Rennautos vorlas. Er sah Dallas vor sich, wie er auf ihn zu rannte, wenn er abends nach einem langen Arbeitstag nach Hauses kam:
Daddy, fang mich doch … guck mal, wie ich den Ball schieße … sieh mal, das Motorrad da … ich bin müde, kannst du mich tragen?
    Daddy, Daddy, eine tonnenschwere Last senkte sich auf Prestons Gemüt, er spürte einen Kloß im Hals, so groß, dass er beinahe husten musste. Er stieß Max von sich: “Fass mich nicht an, okay!”
    Erschrocken riss der Junge die Augen auf. “Warum denn nicht?”
    Preston wollte die Erinnerungen an eine glücklichere Zeit niederkämpfen, wegsperren in jenen Bereich seines Gedächtnisses, der tabu war. Aber es gelang ihm nicht, das Elend, das ihn ergriff, wog zu schwer.
    “Preston?”
    Der traurige Unterton in Max’ Stimme brachte Preston wieder zur Besinnung. Der Junge konnte doch nichts dafür.
    “Was ist denn?”, fragte er, noch immer ablehnend und wütend. Seit Dallas’ Tod war er wütend über sein Schicksal. Und diese Wut vergiftete sein Gemüt und verstärkte nur noch sein Unglück.
    “Warum darf ich dich nicht anfassen?”, fragte Max.
    “Weil ich es nicht mag.”
    “Okay”, sagte Max traurig.
    Preston verfluchte sich und seine Unfähigkeit, Dallas einfach zu vergessen. Warum konnte er sein Elend nicht auch einfach so herunterschlucken und verdauen wie Christy?
    Er kletterte aus dem Becken und ging zum Schwimmbadzaun, der an die Straße grenzte. Wo blieb Emma nur? Sie hätte ihn niemals mit dem Jungen allein lassen sollen. Er war ja nicht einmal in der Lage, ein bisschen nett zu einem Kind zu sein.
    “Preston?”, hörte er Max klägliche Stimme hinter sich.
    “Was ist denn?” Er drehte sich zu ihm um und erwartete ein fröhliches Gesicht voller Tatendrang und die Frage, ob sie vielleicht noch mal um die Wette schwimmen könnten. Aber Max sprudelte nicht gleich wieder los. Er hing am Beckenrand, den Kopf auf die Arme gestützt und sah … sehr elend aus. Auf seinem Gesicht bildeten sich rote Flecken.
    “Mir geht es nicht gut, Preston. Ich glaube, ich muss mich übergeben.”
    Preston erfasste Panik. Was stimmte hier nicht? Dass es dem Jungen auf einmal so schlecht ging, konnte doch nicht daran liegen, dass er ihn so angefahren hatte, oder?
    “Übergeben? Aber du hast doch gar nichts gegessen. Du hast doch eben erst gesagt, dass du Hunger hast.”
    Die Augenlider des Jungen fielen zu.
    Was um Himmels willen war mit Max los? Vor zwei Minuten war er doch noch ganz munter gewesen, hatte gelacht, war geschwommen. Und jetzt … “Max?”
    Er bekam keine Antwort.
    Preston lief zum Becken und rief: “Max! Was ist denn? Antworte doch!”
    Max hob den Kopf und versuchte zu antworten, aber Preston erkannte, dass es viel zu anstrengend für ihn war. Er konnte sich kaum noch bewegen.
    “Komm raus aus dem Wasser”, sagte er. “Wir gehen nach oben aufs Zimmer.”
    Aber der Junge machte keine Anstalten, aus dem Becken zu klettern.
    “Max, hörst du mich?”
    “Ich kann nicht …”, hauchte der Junge erschöpft. “Meine Arme … und die Beine … wollen nicht …”
    Wieder sank Max’ Kopf auf die Arme. Dann ließ er den Beckenrand los, und Preston sah erstaunt und erschrocken, wie der Junge nach unten sank und unter der Wasseroberfläche verschwand, ohne einen Laut und ohne einen Versuch, dagegen anzukämpfen.
    Was zum Teufel geschah hier? Im nächsten Moment sprang Preston ins Wasser und tauchte hinab. Das Wasser fühlte sich warm an, nachdem

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