Flieh solange du kannst
solltest. Aber ich bin eine gewissenhafte Angestellte und es ist nicht meine Art, auf den letzten Drücker abzusagen.”
Verzweifelt suchte Emma in ihrer Handtasche nach Prestons Handy. Sie musste unbedingt herausfinden, wie es ihrem Sohn ging. Vielleicht würde sie sich dann wieder beruhigen. “Ich bin wirklich sehr froh, dass Sie heute zur Arbeit gegangen sind”, sagte sie.
Als sie sah, wie Emma einige Nummern eintippte, verzog Ruby das Gesicht. “Das Handy wird Ihnen hier drinnen nichts nützen. In diesem Laden bekommt man keinen Empfang.”
Es stimmte. Emma kam nicht durch. “Gibt es hier keinen Hinterausgang?”, fragte sie.
“Einen Hinterausgang? Sicher. Aber der ist alarmgesichert.” Sie schaute auf ihre Armbanduhr. “Hören Sie zu, in einer halben Stunde kommt Jackie. Wenn sie hier ist, kann ich meine Mittagspause nehmen. Sie bleiben so lange hier, und dann kann ich Sie zu Ihrem Sohn fahren, wo auch immer er ist.”
Als Emma nicht sofort antwortete, fügte sie hinzu: “Sie müssen allerdings in der Umkleidekabine bleiben. Eine andere Möglichkeit sehe ich nicht.”
Liebend gern wollte Emma sich von Ruby zurückfahren lassen. Aber es beunruhigte sie, dass sie noch so lange darauf warten musste. Eine halbe Stunde … und sie konnte Preston nicht erreichen, um sich nach dem Befinden von Max zu erkundigen.
Sie steckte das nutzlose Handy wieder in die Handtasche. Bis sie zurück ins Hotel käme, wäre es ein Uhr und sie zwei Stunden fort gewesen – anstatt wie versprochen nur eine. Aber sie konnte jetzt unmöglich nach draußen gehen. Vielleicht machte sie sich ja auch viel zu viele Sorgen. Wenn Max sich sehr anstrengte oder viel bewegte, würde sein Zuckerspiegel rapide sinken. Aber er saß doch nur in dem Hotelzimmer vor dem Fernseher.
“Also, was ist?”, fragte Ruby. “Soll ich die Sachen hier eintippen und Sie dann zu Ihrem Hotel fahren, wenn es so weit ist?”
“Ja, gern, vielen Dank. Aber ich möchte Sie bitten, vorher im Starlight Motel anzurufen und nach einem Mann namens Preston Holman zu fragen. Sagen Sie ihm einfach, er soll meinem Sohn bitte etwas zu essen geben. Sagen Sie ihm, Sie rufen im Auftrag von Emma an.”
“Das mache ich gern”, sagte Ruby und ging.
Fünf Minuten später kam die Verkäuferin zurück. Diesmal lächelte sie nicht.
“Auf dem Zimmer hat niemand abgenommen.”
“Sind Sie sicher, dass Sie die richtige Nummer gewählt haben?”
“Ganz bestimmt. Die Frau an der Rezeption hat es dreimal versucht.”
Um Himmels willen, was war denn nur mit Max und Preston passiert? Hoffentlich nichts Schlimmes. Am liebsten wäre Emma sofort losgestürmt, um sich zu versichern, dass es ihrem Sohn gut ging. Aber sie musste sich in Geduld üben. Im Augenblick konnte sie nur abwarten und beten.
“Ich jage dich bis auf die andere Seite”, rief Max.
Preston strich sich die nassen Haare aus dem Gesicht. Eigentlich wollte er arbeiten, während Max sich im Wasser vergnügte. Aber der Fünfjährige war viel zu aufgedreht, um zu akzeptieren, dass sein Begleiter einfach nur zuschaute. Max brauchte jemanden zum Spielen und Herumtoben. “Willst du nicht mit mir baden? Guck mal, der Whirlpool ist toll! Wollen wir da hin? Ich geh da rein, wenn du mitkommst, bitte … Meine Mommy geht gern da rein, weil es so schön warm ist … Soll ich dir mal zeigen, wie ich tauchen kann? … Ich kann auch vom Rand reinspringen … und unter Wasser einen Kopfstand machen … Preston! Guck mal, was ich alles ka-hann …”
Es dauerte nicht lange, und Preston hatte keine Lust weiterzuarbeiten, weil Max ihn ständig unterbrach. Also klappte er den Laptop zu, legte ihn unter ein Handtuch und sprang zu Max ins Wasser. Er stellte fest, dass der Junge für sein Alter sehr gut schwimmen konnte. Aber sie schwammen nicht nur herum, sie spielten Dampfer und U-Boot und Piraten und kraulten oder tauchten um die Wette.
Max hob eine Hand. “Ich war Erster.”
“Donnerwetter”, stellte Preston fest. “Du wirst wohl nie müde.”
“Nein.”
“Wir sind doch durch das ganze Becken geschwommen.”
“Na und. Jetzt schwimmen wir wieder zurück und ich bin sowieso schneller als du!”
“Noch mal? Den ganzen Weg zurück?”
“Na klar.” Max nickte und grinste fröhlich. “Und dann noch mal.”
“Im Ernst. Wie oft denn noch?”
“So oft, bis du auch mal gewonnen hast!”
Preston versuchte, sich das Wasser aus den Ohren zu schütteln. “Ich glaube, ich habe keine Chance gegen dich.”
“Was ist
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