Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flieh solange du kannst

Flieh solange du kannst

Titel: Flieh solange du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
Vom Netzwerk:
fortgebracht, ohne dass er seinen Vater begrüßen durfte. Kein Wunder, dass er weinte.
    Sie hasste sich dafür, dass sie Max zwang, sich von seinem Vater zu trennen. Daran würde ihr Sohn schwer zu tragen haben, kein Zweifel. Aber sie sah keinen anderen Weg. Selbst wenn sie Manuel ganz einfach verlassen könnte, wie es bei anderen Paaren vorkam, die sich trennten, wäre es unmöglich, sich mit ihm die Betreuung von Max zu teilen. Manuel wollte alles besitzen, er konnte nicht zurückstecken. Er würde Max ganz für sich allein haben wollen. Und was dann mit dem lieben Jungen geschähe, mochte sie sich gar nicht ausmalen.
    “Max?”, sagte Preston eine Weile später, als er den Rückspiegel so einstellte, dass er den Jungen im Blick hatte. Aber Max antwortete nicht. “Ich hab da noch was für dich.”
    Überrascht drehte Emma sich zu ihm, um die Reaktion ihres Sohnes auf dieses unerwartete Angebot zu sehen. Max antwortete immer noch nicht, aber er schluchzte kaum noch. Schließlich fragte er: “Was ist es denn?”
    “Etwas Süßes, das ich im Supermarkt gefunden habe, als ich euch gesucht habe.”
    “Ich darf aber nichts Süßes.”
    Max wusste sehr wohl, dass er ab und zu eine Süßigkeit essen durfte, aber er wollte noch eine Weile weiterschmollen.
    “Das ist eine Süßigkeit ohne Zucker.”
    Ohne Zucker bedeutete allerdings noch lange nicht, dass Max es einfach zu sich nehmen konnte. Es kam ja auf die Kohlehydrate an, und die steckten auch in zuckerfreien Lebensmitteln. Aber Emma wollte diese neue erfreuliche Situation jetzt nicht mit kleinlichen Bedenken ruinieren. Max hatte Preston von Anfang an gern gemocht. Und wenn dieser sich ihm jetzt mit einer kleinen freundschaftlichen Geste zuwandte, könnte das den unglücklichen Jungen aufrichten.
    “Was ist es denn für eine Süßigkeit?”, fragte Max.
    “Gummibärchen.”
    Max zögerte kurz, aber dann gab er zu: “Ich mag Gummibärchen.”
    “Das dachte ich mir”, sagte Preston und warf Emma einen Blick zu. “Darf er etwas davon haben?”
    Eigentlich war jetzt Zeit fürs Mittagessen, aber das gehörte im Augenblick zu Emmas kleinsten Problemen. Sie nickte zustimmend, und Preston holte die bunte Tüte aus dem Handschuhfach und reichte sie ihr.
    Damit sie im Kopf behielt, wie viele Kohlehydrate Max zu sich nahm, las Emma die Angaben der Nährwerttabelle auf der Packung. Dann riss sie die Tüte auf und reichte sie Max, ohne sie abzuzählen, wie sie es sonst immer tat.
    Das war so außergewöhnlich, dass Max endgültig zu schluchzen aufhörte. Emma versuchte zu lächeln, um auszudrücken: Na, da sieht man mal wieder, wie leicht es doch ist, ein Kind glücklich zu machen. Eine Tüte Gummibärchen, und die Welt ist wieder in Ordnung. Aber sie konnte nicht lächeln. Denn sie kämpfte mit den Tränen. Es war einfach zu viel: das Erlebnis in der Boutique, die Panik auf dem Rückweg zum Hotel, ihre Schuldgefühle wegen Max’ Zusammenbruch, die nervenaufreibende Zeit in der heißen Telefonzelle und dann dieses schreckliche Angstgefühl, als sie Manuel an der Tankstelle zum zweiten Mal an diesem Tag beinahe in die Arme gelaufen wäre. Die ganze Zeit hatte sie sich beherrscht, und nun weinte sie beim Anblick einer Tüte Gummibärchen. Natürlich nicht wegen der Süßigkeiten, sondern weil sie so gerührt war. Preston hatte daran gedacht, Max ein Geschenk zu kaufen. Keine große Sache, aber es zeigte doch, dass sie einen Freund hatten. Und etwas Besseres als einen Freund, dem sie vertraute, konnte ihr in der jetzigen Situation nicht passieren.
    “Danke”, murmelte sie mit schwacher Stimme und vermied es, ihn direkt anzusehen, damit er nicht sah, dass ihr Tränen in den Augen standen. Aber natürlich hatte er längst gemerkt, wie es um sie stand. Er strich ihr über den Arm: “Alles in Ordnung?”
    Sie nickte.
    “Wirklich?”
    “Ja, es geht schon. Wie hast du uns denn gefunden?”
    “Durch Amelia Granger.”
    Überrascht lehnte sie sich zurück, auch wenn sie noch immer damit beschäftigt war, zu blinzeln, um zu vermeiden, dass ihr die Tränen übers Gesicht liefen. “Aber was hast du denn mit ihr zu tun?”
    “Ich wusste ja, dass ihr ein Auto sucht und noch nicht beim Gebrauchtwagenhändler gewesen seid. Also habe ich alle Leute angerufen, die eine Anzeige in die Zeitung gesetzt hatten. Als ich bei Amelia Granger anrief, sagte sie mir, du hättest kurz vorher mit ihr vereinbart, dass ihr euch an der Tankstelle treffen wolltet.”
    “Sie ist aber gar nicht

Weitere Kostenlose Bücher