Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flieh Wenn Du Kannst

Flieh Wenn Du Kannst

Titel: Flieh Wenn Du Kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
Vom Netzwerk:
fragte Rod.
    »Sie haben uns nicht gesagt, daß die Lebensversicherungspolice auf Ihre Frau eine Verdoppelungsklausel enthält«, sagte Mahoney.
    »Verdoppelungsklausel?« wiederholte Bonnie verständnislos.
    »Bei Tod durch Unfall oder Mord verdoppelt sich die Versicherungssumme«, erklärte Mahoney. »Damit wäre der Tod Ihrer geschiedenen Frau eine halbe Million Dollar wert, wenn ich das einmal so sagen darf.«
    »Das ist richtig«, erwiderte Rod gelassen.
    »Gibt es noch andere Versicherungspolicen, von denen ich wissen sollte, Mr. Wheeler?« fragte Mahoney.
    »Ich habe Lebensversicherungen auf meine ganze Familie abgeschlossen«, antwortete Rod.
    »Einschließlich Ihrer derzeitigen Frau?« Mahoney zog einen Notizblock aus der Hüfttasche seiner Hose.
    Das Wort »derzeitig« ärgerte Bonnie; das klang, als sei ihre Position nur vorübergehender Natur und könne sich jeden Moment ändern.
    »Auf alle Mitglieder meiner Familie«, sagte Rod.
    »Mit Verdoppelungsklauseln?« fragte Mahoney.
    Rod nickte. »Ich glaube, ja.«
    Sam kam in den Flur, über der Schulter seine Gitarre, die große Schlange wie eine Pelzstola um seinen Hals gelegt. »Das Terrarium kann ich nicht allein tragen«, sagte er. »Da brauch’ ich Hilfe.«

7
    Bonnie stand neben ihrem Bett und starrte auf das Telefon. Es dauerte eine ganze Weile, ehe sie den Hörer abnahm. Und wieder zögerte sie, ehe sie die Nummer eintippte. »Bitte, sei da«, flüsterte sie. »Es ist nach Mitternacht. Ich bin so müde. Wo warst du den ganzen Abend?«
    Erst als es das sechstemal läutete, wurde endlich abgehoben. »Ja«, sagte eine Frau mit klarer Stimme. Nicht »Hallo«, sondern »Ja«. Beinahe als hätte sie Bonnies Anruf erwartet.
    »Adeline«, begann Bonnie.
    »Bonnie, bist du das?«
    Bonnie war überrascht, daß die Frau sie so prompt erkannt hatte, und plötzliche Panik schoß in ihr hoch, als ihr klar wurde, daß es jetzt für einen Rückzieher zu spät war.
    »Ich muß meinen Vater sprechen.«
    »Ist etwas passiert?«
    »Ich möchte nur mit meinem Vater sprechen, bitte.«
    »Er kann jetzt leider nicht ans Telefon kommen. Er hat eine Magengeschichte. Möchtest du mir nicht sagen, worum es sich handelt?«
    »Eigentlich möchte ich Nick sprechen. Ist er da?«
    Schweigen.
    »Adeline, ist mein Bruder da?«
    »Nein, er ist nicht hier.«
    Bonnie holte tief Atem. »Du weißt, ich würde nicht anrufen, wenn es nicht wichtig wäre.«
    »Ja, das weiß ich. Es ist ja mehr als drei Jahre her, seit wir das letzte Mal von dir gehört haben.«
    Bonnie schloß die Augen. Sie war zu müde, um auf diese alten Geschichten einzugehen. »Bitte, ich muß unbedingt mit Nick sprechen.«
    »Ich kann ihm nur ausrichten, daß du angerufen hast«, sagte Adeline.
    Bonnie sah sie vor sich. Sie war klein, nur knappe einen Meter fünfzig groß, mit weichen blauen Augen, kurzem grauem Haar und einem eisernen Willen. Sie war fast siebzig Jahre alt, aber sie war immer noch eine kraftvolle und energische Person, das spürte man selbst am Telefon. Bonnie war ihr nicht gewachsen, war ihr nie gewachsen gewesen, wie sie sich jetzt mit einem trüben Lächeln eingestand, während sie Rod beobachtete, der eben ins Zimmer gekommen war und begann, sein Hemd aufzuknöpfen.
    »Na schön. Dann sag meinem Vater nur, daß ich angerufen habe«, sagte sie. »Sag ihm bitte, daß ich unbedingt so bald wie möglich mit ihm sprechen muß.«
    »Ich werde es ihm ausrichten.«
    »Danke«, sagte Bonnie, obwohl Adeline bereits aufgelegt hatte. »Sag mir, daß das alles nur ein böser Traum ist«, bat sie Rod, als der zu ihr kam und sie in die Arme nahm.
    »Es ist alles nur ein böser Traum«, erklärte er bereitwillig, gab ihr einen Kuß auf die Stirn, nahm ihr den Telefonhörer aus der Hand und legte ihn auf.
    »Sind die Kinder im Bett?«
    »Mehr oder weniger.« Er küßte sie auf die Wange.
    »Dann sag’ ich ihnen noch gute Nacht.«
    »Ich glaube, es ist am besten, du läßt sie einfach«, riet Rod behutsam. Seine Stimme schien ihr das einzig Reale zu sein, Halt und Trost zugleich.
    »Ich wollte nur, daß sie wissen, daß ich für sie da bin.«
    »Das wissen sie«, erwiderte er. »Und mit der Zeit werden sie sich an die neue Situation gewöhnen. Du mußt ihnen nur ein bißchen Zeit und ein bißchen Raum lassen.«
    Sie nickte. Sie konnte nur hoffen, daß er recht hatte.
    »Komm, gehen wir zu Bett.«
    »Es kann sein, daß mein Vater noch anruft...«
    »Ich hab’ ja nicht gesagt, daß wir gleich schlafen müssen.«

Weitere Kostenlose Bücher