Flieh Wenn Du Kannst
Beweisen.«
Danach wiederum eine kleine Anzeige in der Mitte eines im übrigen leeren Blatts: »Hiermit wird die Heirat von Steve Lonergan mit Adeline Sewell am 15. März 1990 bekanntgegeben. Mr. Lonergan ist Unternehmensberater für Personalfragen. Mrs. Sewell leitet ein Reisebüro. Sie werden ihre Flitterwochen in Las Vegas verbringen.« In der Anzeige wurde nicht erwähnt, daß es für beide die dritte Ehe war.
Die folgende Seite war Rod gewidmet: ein mit Fotografien versehenes schmeichelhaftes Porträt des erfolgreichen Leiters der Nachrichtenabteilung beim Sender WHDH; eine Ankündigung der neuen Show Marla! unter Leitung von Rod; eine Fotografie, die das dynamische Duo Arm in Arm zeigte; ein Bericht über den wachsenden Erfolg des Programms.
Danach folgten weitere, wenig schmeichelhafte Aufnahmen ihres Bruders in Handschellen. Ein wenig älter jetzt, hager und eingefallen stand er neben dem seltsam lächelnden Scott Dunphy, diesmal unter der Sensationsschlagzeile »Schuldig der Anstiftung zum Mord«.
Hastig blätterte Bonnie um. Sie wollte nicht noch einmal die schrecklichen Monate zwischen dem Tod ihrer Mutter und der Geburt ihres Kindes durchleben. Beide Ereignisse waren im übrigen auf den folgenden Seiten in Anzeigen festgehalten, wie Bonnie mit wachsendem Unbehagen feststellte.
Auf das letzte Bild des Albums war das Zeitungsfoto ihrer Tochter Amanda geklebt, das kurz vor Weihnachten in einem der größten Spielzeuggeschäfte Bostons aufgenommen worden war. Ein Fotograf hatte das Kind bemerkt, das wie verzaubert, einen Daumen im Mund, vor einem riesigen Plüschkänguruh stand. Das Bild war auf der Titelseite der Wochenendbeilage des Globe veröffentlicht worden. Bonnie hatte zu Hause auf ihrem Schreibtisch einen großen, gerahmten Abzug davon stehen.
»Ich versteh’ das nicht«, sagte Bonnie tonlos. Sie sah Sam und Lauren an. »Warum hat sich eure Mutter diese Dinge aufgehoben?«
Doch Sam und Lauren sagten nichts, mit ihrem Schweigen ihre Unwissenheit oder ihr Desinteresse, vielleicht auch eine Mischung aus beidem, unterstreichend.
»Hier ist ein Nick Lonergan eingetragen«, bemerkte Detective Kritzic und hielt Joans Adreßbuch in die Höhe.
Bonnie merkte, wie ihr Herz zu rasen begann. »Das kann nicht sein«, protestierte sie und hatte dabei das Gefühl, in einem Sumpf zu versinken. Hilfesuchend klammerte sie sich an Rods Arm. »Die beiden haben sich gar nicht gekannt.«
Detective Kritzic las die Nummer laut vor.
Bonnie nickte bestätigend. »Das ist die Nummer meines Vaters«, sagte sie und schwieg. Sie konnte doch nicht schon wieder sagen, ich verstehe das nicht.
»Hat eure Mutter eine Schußwaffe besessen?« wandte sich Mahoney unvermittelt an Sam und Lauren. Wenn er an Bonnie noch Fragen dazu hatte, wie die Nummer ihres Bruders in Joan Wheelers Adreßbuch gelangt war, so behielt er sie zumindest vorläufig für sich.
»Ja«, antwortete Lauren.
»Sie hatte sie immer in der obersten Schublade ihrer Kommode«, fügte Sam hinzu und wies zu der hohen Walnußchiffoniere, die neben dem Fenster stand. Die untersten Schubladen waren offen, mehrere bunte Blusen hingen heraus.
Mit zwei großen Schritten war Mahoney bei der Kommode. Er zog die oberste Schublade auf und versenkte seine Hand in Joans intimeren Kleidungsstücken. Mehrere hauchdünne Strumpfhosen schwebten nach unten und landeten sacht auf seinen schwarzen Schuhen.
»Wißt ihr, was für eine Waffe es war?«
»Ich hab’ von Schußwaffen keine Ahnung«, erklärte Sam.
»Fragen Sie meinen Dad«, sagte Lauren. »Es war seine Waffe.«
Alle Augen richteten sich auf Rod, der so bestürzt aussah, wie Bonnie sich selbst eben noch gefühlt hatte.
»Sagten Sie nicht, Sie besäßen keine Schußwaffe, Mr. Wheeler?« fragte Mahoney.
»Ich hatte mal einen.38er Revolver«, stotterte Rod nach einer Pause. »Aber den hatte ich völlig vergessen. Joan behielt ihn nach unserer Trennung. Sie sagte, sie hätte Angst allein im Haus.«
»Nun, hier ist jedenfalls keine Waffe«, stellte Mahoney fest, nachdem er alle Schubladen durchsucht hatte. »Aber wenn Sie gegangen sind, werden wir noch einmal gründlicher suchen.«
»Wohin gehen wir denn?« fragte Sam.
»Ihr kommt mit zu uns«, erklärte ihm Bonnie. Auf Bestätigung wartend, sah sie Rod an, doch der starrte sie nur an, als hätte er nicht verstanden. »Ich würde vorschlagen, ihr packt jetzt das Nötigste. Den Rest können wir später holen.«
»Und wenn wir nicht mit zu euch kommen wollen?«
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