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Flieh Wenn Du Kannst

Flieh Wenn Du Kannst

Titel: Flieh Wenn Du Kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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sprechen oder lieber nichts sagen? Ich liebe diesen Mann, und es würde mir das Herz brechen, ihn zu verlieren. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Können Sie mir helfen?« Unterschrieben war er mit: »Eine Ratlose«.
    »Liebe Ratlose«, lautete die Antwort, »Sie müssen sofort mit Ihrem Mann sprechen. Geheimnisse tun einer Ehe nicht gut, und in Ihrem Fall könnte das Geheimnis für Sie tödlich sein.«
    »Na prächtig«, sagte Bonnie. »Das ist echt entspannend.« Sie legte die Zeitung weg, stand auf und ging zum Wäschekorb, den sie am Morgen im Flur an die Treppe gestellt hatte. Sie hob den schweren Korb hoch und trug ihn die Treppe hinauf. Bei jedem ihrer Schritte wurde die Musik lauter, dröhnender.
    Sie schichtete die frisch gewaschene Bettwäsche in den Wäscheschrank im Schlafzimmer, ihre Unterwäsche in die oberste Schublade einer Kommode, Rods Unterwäsche zwei Schubladen tiefer. Dann kamen seine Socken an die Reihe, die meisten schwarz, einige braun, alle kniehoch. Bonnie zog die unterste Schublade auf, um die Socken einfach zu den anderen zu werfen, und hielt plötzlich inne. »Ich habe in seiner untersten Schublade einschlägige Literatur gefunden«, schoß es ihr durch den Kopf. Sei nicht blöd, sagte sie sich sofort, doch sie ließ ihre Hand auf dem Sockenstapel liegen. Daß mein Mann schwul sein könnte, ist wirklich meine letzte Sorge.
    Was ist denn deine Sorge? flüsterte es heimtückisch.
    »Gar nichts«, sagte Bonnie laut. »Überhaupt nichts.« Aber sie hatte die Hände schon unter die Socken geschoben, tat so, als wollte sie sie ordnen, um Platz zu schaffen. »Nichts als ein Haufen Socken«, verkündete sie laut. »Keinerlei tödliche Geheimnisse.«
    Doch da stießen ihre Finger auf etwas Fremdes, nicht Wolle oder Nylon, sondern – eine Plastiktüte. »Eine Plastiktüte voller Socken«, sagte sie laut und zog schon die pinkfarbene Tüte heraus, die auf einer Seite ein knallrotes Herz zierte. »Der Reiz schöner Wäsche«, stand in schwungvollen schwarzen Buchstaben darunter. »Keine Socken«, stellte Bonnie fest, sah in die Tüte hinein und zog eine lavendelfarbene Spitzengarnitur aus Büstenhalter, Höschen und Strapsgürtel heraus. »Alles andere als Sokken«, sagte sie, als sie dazu noch zwei lavendelfarbene Chiffonschals herauszog. Lachend setzte sie sich auf den Boden.
    Rod hatte ihr schon lange keine verführerischen Dessous mehr gekauft. Früher, erinnerte sie sich, hatte er es sehr häufig getan, besonders in der ersten Zeit ihrer Ehe. Da pflegte er sie mit kleinen Päckchen zu überraschen – Tangahöschen, schwarze Spitzenbodys, tief ausgeschnittene Büstenhalter. Sie betrachtete den Büstenhalter, drehte ihn herum, um die Größe zu prüfen. »Dachte ich mir doch gleich, daß er da ein bißchen optimistisch war«, sagte sie, als sie feststellte, daß er eine Nummer zu groß war. »Da war wohl der Wunsch der Vater des Gedankens«, murmelte sie lächelnd, während sie die beiden Schals hochhob und überlegte, wozu er die gekauft hatte.
    Das Telefon läutete. Bonnie sprang auf und ging zum Apparat. »Ja?«
    »Wie geht es dir?« fragte Diana, ohne erst ihren Namen zu nennen. »Ich hab’ gerade ein paar Minuten Zeit und wollte mal hören, was du treibst. Macht dir die Polizei immer noch das Leben schwer?«
    »Nein, die geben seit ein paar Tagen Ruhe, aber ich weiß nicht, ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen ist.«
    »Wenn einen die Polizei in Ruhe läßt, ist das immer ein gutes Zeichen. Und – wie fühlst du dich?«
    »Ach, ganz gut soweit.«
    »Nur ganz gut? Kann ich vielleicht irgendwas tun, um dich ein bißchen aufzumöbeln? Na los, sag schon. Dein Wunsch ist mir Befehl.«
    Bonnie hielt den lavendelfarbenen Spitzenbüstenhalter hoch und schob ihre Faust in eine der Schalen. »In dem Fall wünsche ich mir etwas mehr Busen.«
    Diana lachte. »Wird sofort erledigt. Du kannst meinen haben. Wozu brauchst du ihn denn?«
    Kichernd erzählte Bonnie von der Unterwäsche, die sie in Rods Kommode gefunden hatte.
    »Bist du sicher, daß er kein Transvestit ist?« fragte Diana.
    »Du lieber Gott!«
    »Sollte nur ein Witz sein. Aber jetzt muß ich Schluß machen. Ich wollte nur mal hören, wie du dich schlägst.«
    »Das ist gut ausgedrückt. Hör zu, hast du nicht Lust, am Freitag abend zum Essen zu kommen?«
    »Kommenden Freitag?«
    »Ja. Oder hast du schon andere Pläne?«
    »Nein. Aber bist du sicher, daß es dir nicht zuviel wird? Du hast doch jetzt wirklich eine Menge um die Ohren.

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