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Flieh Wenn Du Kannst

Flieh Wenn Du Kannst

Titel: Flieh Wenn Du Kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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das tut mir leid.«
    Josh nickte nur. Er faßte das Lenkrad fester, so daß die Knöchel seiner Hände weiß hervortraten. »Es war Winter«, sagte er dann leise. »Die Straßen waren teilweise glatt. Sie geriet mit ihrem Wagen auf eine Eisplatte und rutschte in ein entgegenkommendes Fahrzeug. Keiner konnte etwas dafür. Im Grund war es ein Wunder, daß nicht mehr Menschen getötet wurden.«
    »Das ist ja schrecklich.«
    »Ja, das war es.« Wieder folgte eine lange Pause. »Und darum konnte ich den Schmerz nachfühlen, den Joan Tag und Nacht mit sich herumtrug, verstehen Sie? Ich wußte, was es heißt, ein Kind zu verlieren. Ich wußte, was sie durchmacht.«
    »Und wenn Sie mit ihr zusammen waren, worüber haben Sie dann gesprochen?« fragte Bonnie.
    »Worüber sprechen Freunde miteinander?« meinte er nachdenklich. »Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich über das, was uns gerade am meisten beschäftigte. Das Immobiliengeschäft, die Schule, ihre Kinder, ihre Mutter...«
    »Ihre Mutter?«
    »Überrascht Sie das?«
    »Was hat sie Ihnen von ihrer Mutter erzählt?«
    »Nicht viel. Daß sie ein Alkoholproblem hatte und jetzt in einem Pflegeheim ist.«
    »Sie wußten, daß Joans Mutter in einem Pflegeheim ist?«
    »Wieso, war es ein Geheimnis?«
    »Haben Sie sie einmal besucht?«
    »Nein, warum hätte ich das tun sollen?«
    Bonnie starrte durch die Windschutzscheibe auf die Straße hinaus und versuchte ganz bewußt, etwas Tempo aus diesem Gespräch herauszunehmen. Sie brauchte Zeit, um alles, was er ihr gesagt hatte, in sich aufzunehmen und ihre Gedanken zu ordnen. Er erzählte ihr viel zuviel viel zu schnell. Warum, fragte sie sich, wo er doch zuvor so wenig bereit gewesen war, mit ihr zu sprechen.
    »Und Sam?« fragte sie.
    »Sam? Wie meinen Sie das?«
    »Soviel ich weiß hat er bei Ihnen Unterricht.«
    Josh Freeman nickte. »Das stimmt.«
    »Ist er ein guter Schüler?«
    »Sehr gut. Er ist ruhig, arbeitet sehr hart, ist aber auch sehr verschlossen.«
    »Hat er seit Joans Tod einmal mit Ihnen gesprochen?«
    »Nein. Ich habe einmal versucht, mit ihm zu reden, aber er hat mir ziemlich deutlich zu verstehen gegeben, daß er kein Interesse hat.«
    Bonnies Blick schweifte über die dunkle Straße, auf der Suche nach den vertrauten Straßennamen – DeBenedetto Drive, Forest Lane. Statt dessen sah sie Ash Street und Still Meadow Road.
    »Wohin fahren Sie eigentlich?« fragte sie, die Hand fest auf dem Türgriff.
    »Bitte?«
    »Ich fragte, wohin Sie fahren? Wohin wollen Sie?«
    »Ich bringe Sie nach Hause. Was glauben Sie denn?«
    »Aber das ist nicht der Weg zu unserem Haus«, erklärte sie, und schon erwachte wieder die Angst. Sollte sie jetzt die Tür aufreißen und aus dem fahrenden Wagen springen?
    »Sie sagten doch, ich soll an der South Street nach Westen abbiegen.«
    »Aber wir fahren nicht nach Westen«, entgegnete sie. »Wir fahren nach Osten.«
    »Oh, dann bin ich wahrscheinlich falsch abgebogen«, gab er unbefangen zurück. »Ich hab’ immer schon einen schlechten Orientierungssinn gehabt.« Er bremste, doch anstatt zu wenden, fuhr er den Wagen an den Straßenrand.
    Bonnie umklammerte den Türgriff noch fester, während sie verzweifelt nach anderen Autos, nach Menschen Ausschau hielt. Aber alles war leer. Wenn sie zu fliehen versuchte, würde er sie verfolgen. Wie lange würde es dauern, bis er ihr die Hände auf den Mund pressen und ihre Schreie ersticken würde?
    »Möchten Sie mir sagen, wovor Sie so große Angst haben«, fragte er.
    »Wer sagt, daß ich Angst habe?«
    »Reagieren Sie immer so heftig, wenn jemand sich in der Richtung irrt?«
    Bonnie drehte sich zu ihm und starrte ihm ins Gesicht. »Haben Sie Joan getötet?« Schließlich hatte sie jetzt nichts mehr zu verlieren.
    »Was?!«
    »Sie haben mich genau verstanden.«
    »Ist das Ihr Ernst?«
    »Natürlich ist das mein Ernst.«
    »Natürlich habe ich sie nicht getötet. Sie vielleicht?«
    »Was?!«
    »Sie haben mich genau verstanden.«
    »Ist das Ihr Ernst?«
    »Natürlich ist das mein Ernst.«
    »Natürlich habe ich sie nicht getötet.«
    Plötzlich begannen sie beide zu lachen. Zuerst war es ein Kichern, dann ein Prusten, das sich zu schallendem Gelächter steigerte. Bonnie strömten die Tränen aus den Augen.
    »Ich glaube, es war so ziemlich das lächerlichste Gespräch, das ich je geführt habe«, sagte er.
    »Ich wollte, ich könnte dasselbe sagen«, versetzte Bonnie, die fand, sie habe in letzter Zeit mehr als genug lächerliche Gespräche

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