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Fliehe weit und schnell

Fliehe weit und schnell

Titel: Fliehe weit und schnell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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jemand aus öffentlichen Telefonzellen, und Adamsberg hatte nicht viel Arbeit. Er registrierte elf Nummern, die mehrfach vorkamen.
    »Ich entschlüssele sie Ihnen, wenn Sie wollen«, schlug Danglard vor.
    »Die hier als erste«, sagte Adamsberg und legte den Finger auf eine Nummer. »Die hier im Departement 92, Hauts-de-Seine.«
    »Kann ich sie haben?« fragte Danglard und ging, um seinen Bildschirm zu befragen.
    »Nördliche Banlieue, das ist unsere. Mit etwas Glück stoßen wir auf Clichy.«
    »Wäre es nicht klüger, die anderen zu überprüfen?«
    »Die fliegen uns nicht weg.«
    Schweigend hackte Danglard eine Weile auf seiner Tastatur herum.
    »Clichy«, verkündete er.
    »Ins Schwarze. Der Pestherd von 1920. Es ist seine Familie, es ist sein Mythos. Und dort hat er wahrscheinlich gewohnt. Schnell, Danglard, Namen und Adresse.«
    »Clémentine Courbet, Rue Hauptoul 22.«
    »Suchen Sie im Personenregister.«
    Wieder bearbeitete Danglard die Tastatur, während Adamsberg umherlief und versuchte, dem Kätzchen aus dem Weg zu gehen, das mit einem Faden an seinem Hosensaum spielten wollte.
    »Clémentine Courbet, geborene Journot, wohnhaft in Clichy, verheiratet mit Jean Courbet.«
    »Was noch?«
    »Das ergibt keinen Sinn, Kommissar. Sie ist sechsundachtzig. Eine alte Dame, völlig sinnlos.«
    Adamsberg verzog das Gesicht.
    »Was noch?« insistierte er.
    »Eine Tochter, geboren 1942 in Clichy«, berichtete Danglard mechanisch, »Roseline Courbet.«
    »Machen Sie bei dieser Roseline weiter.«
    Adamsberg hob die Kugel auf und setzte sie unsanft in den Korb. Sie sprang sofort wieder heraus.
    »Roseline, geborene Courbet, verheiratet mit Heller-Deville, Antoine.«
    Danglard sah Adamsberg an.
    »Hatten sie einen Sohn? Arnaud?«
    »Arnaud Damas«, bestätigte Danglard.
    »Seine Großmutter«, sagte Adamsberg. »Er ruft heimlich seine Großmutter an, aus einer öffentlichen Telefonzelle. Die Eltern dieser Großmutter, Danglard?«
    »Sind tot. Wir werden doch nicht bis ins Mittelalter zurückgehen.«
    »Ihre Namen?«
    Die Tasten klapperten rasch.
    »Emile Journot und Célestine Davelle, geboren in Clichy, Cité Hauptoul.«
    »Da sind sie«, murmelte Adamsberg, »die Besieger der Pest. Damas' Großmutter war zur Zeit der Epidemie sechs Jahre alt.«
    Er nahm Danglards Telefon und wählte die Nummer von Vandoosler.
    »Marc Vandoosler? Hier Adamsberg.«
    »Eine Sekunde, Kommissar«, sagte Marc, »ich stell mein Bügeleisen ab.«
    »Sagt Ihnen die Cité Hauptoul in Clichy etwas?«
    »Hauptoul war das Zentrum der Epidemie, die Barackensiedlung der Lumpensammler. Haben Sie eine ›Spezielle‹, die etwas darüber sagt?«
    »Nein, eine Adresse.«
    »Das Viertel ist schon vor langer Zeit abgerissen und durch billige Neubauten ersetzt worden.«
    »Danke, Vandoosler.«
    Adamsberg legte langsam auf.
    »Zwei Männer, Danglard. Wir rasen los.«
    »Zu viert? Wegen einer alten Frau?«
    »Zu viert. Wir gehen beim Richter vorbei, um uns einen Durchsuchungsbefehl zu holen.«
    »Und wann essen wir?«
    »Unterwegs.«
     

34
     
    Sie gingen einen holprigen, müllgesäumten Weg entlang, der zu einem altersschwachen kleinen Haus führte, mit einem Anbau aus schlecht verfugten, rohen Brettern. Es regnete sacht auf das Ziegeldach. Der Sommer war verregnet gewesen und der September auch.
    »Kamin«, sagte Adamsberg und zeigte auf das Dach. »Holz. Apfelbaum.«
    Er klopfte an die Tür, und eine alte, große, kräftig gebaute Frau mit einem massigen Gesicht voller Falten öffnete, die Haare unter einem geblümten Tuch verborgen. Ihre tiefdunklen Augen richteten sich stumm auf die vier Beamten. Dann nahm sie die Zigarette aus dem Mundwinkel.
    »Die Bullen«, sagte sie.
    Das war keine Frage, sondern eine entschiedene Diagnose.
    »Die Bullen«, bestätigte Adamsberg und trat ein. »Clémentine Courbet?«
    »Höchstpersönlich«, antwortete Clémentine.
    Die alte Frau bat sie in ihr Wohnzimmer, richtete die Bank und forderte sie auf, Platz zu nehmen.
    »Gibt es jetzt Frauen bei der Polizei?« fragte sie mit einem geringschätzigen Blick auf Oberleutnant Hélène Froissy. »Na, dazu kann ich Ihnen wirklich nicht gratulieren. Glauben Sie nicht, daß es schon genug Typen gibt, die mit Schußwaffen spielen, müssen Sie sie auch noch nachmachen? Haben Sie keine bessere Idee?«
    Clémentine rollte das R wie eine Bäuerin.
    Seufzend ging sie in die Küche und kam mit einem Tablett voller Gläser und einem Teller Kekse zurück.
    »Ideen, genau daran fehlt es

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