Fliehe weit und schnell
einem harten Lächeln. »Die Arbeit ist beendet. Kapieren Sie, Kommissar? Beendet. Der Feind ist schon eingedrungen. Die drei nächsten verrecken innerhalb von acht Tagen, was immer auch geschieht, ob ich hier bin oder anderswo. Für sie ist es zu spät. Die Arbeit ist beendet. Alle acht sind dann tot.«
»Acht?«
»Die sechs Folterer, das grausame Mädchen und der Auftraggeber. Bei mir macht das acht. Wissen Sie nun Bescheid, oder wissen Sie nicht Bescheid?«
»Damas hat nichts gesagt.«
»Klar. Er konnte nicht reden, bevor er nicht sicher war, daß die Arbeit beendet ist. So hatten wir es vereinbart, falls einer von uns beiden geschnappt würde. Wie haben Sie ihn gefunden?«
»Durch seinen Diamanten.«
»Er verbirgt ihn.«
»Ich habe ihn trotzdem gesehen.«
»Aha«, bemerkte Clémentine. »Sie haben Kenntnisse, Kenntnisse über die Geißel Gottes. Damit hatten wir nicht gerechnet.«
»Ich habe versucht, schnell zu lernen.«
»Aber zu spät. Die Arbeit ist beendet. Der Feind ist eingedrungen.«
»Durch die Flöhe?«
»Ja. Die Flöhe sind bereits auf ihnen drauf. Sie sind bereits infiziert.«
»Ihre Namen, Clémentine?«
»Rennen Sie nur. Um sie zu retten? Es ist ihr Schicksal, und es ist unaufhaltsam. Man hätte eben keinen Journot zerstören dürfen, Kommissar. Sie haben ihn zerstört, ihn und das Mädchen, das er liebte, das aus dem Fenster gesprungen ist, das arme Ding.«
Adamsberg wiegte den Kopf.
»Waren Sie es, Clémentine, die ihn überzeugt hat, sich zu rächen?«
»Fast jeden Tag haben wir im Gefängnis darüber gesprochen. Er ist der Erbe seines Urgroßvaters und des Rings. Arnaud mußte den Kopf hoch tragen, genau wie Emile während der Epidemie.«
»Haben Sie keine Angst vor dem Gefängnis? Angst um sich? Um Damas?«
»Vor dem Gefängnis?« fragte Clémentine und schlug sich mit den Händen auf die Oberschenkel. »Machen Sie Witze, Kommissar? Arnaud und ich haben niemanden umgebracht. Immer mit der Ruhe!«
»Wer dann?«
»Die Flöhe.«
»Infizierte Flöhe auszusetzen ist, wie auf einen Menschen zu schießen.«
»Niemand hat sie gezwungen zu beißen, langsam! Es ist die Geißel Gottes, sie schlägt zu, wo es ihr richtig erscheint. Wenn jemand getötet hat, dann Gott. Sie haben doch wohl nicht die Absicht, Gott einzulochen?«
Adamsberg betrachtete das Gesicht von Clémentine Courbet, das ebenso entspannt war wie das ihres Enkels. Er begriff allmählich, aus welcher Quelle sich die praktisch unerschütterliche Ruhe von Damas speiste. Er wie sie fühlten sich vollkommen unschuldig, was die fünf Morde anging, die sie begangen, und die drei, die sie noch geplant hatten.
»Schluß mit dem Mist«, erklärte Clémentine. »Folge ich Ihnen nun, oder bleibe ich, jetzt, wo wir geredet haben?«
»Ich werde Sie bitten, uns zu begleiten, Laurion Courbet«, sagte Adamsberg und stand auf. »Um Ihre Aussage zu machen. Wir nehmen Sie hiermit in Polizeigewahrsam.«
»Nun, das kommt mir entgegen«, erwiderte Clémentine und stand ihrerseits auf. »So sehe ich den Kleinen.«
Während sie den Tisch abräumte, das Feuer abdeckte und das Gas abdrehte, gab Kernorkian Adamsberg zu verstehen, daß er kein besonderes Verlangen habe, den Speicher zu durchsuchen.
»Die sind nicht infiziert, Brigadier«, sagte Adamsberg. »Verdammt, wo soll diese Frau Pestratten herhaben? Sie träumt, Kernorkian, es ist alles in ihrem Kopf.«
»Sagen tut sie aber etwas anderes«, wandte Kernorkian mit düsterem Gesicht ein.
»Sie faßt sie jeden Tag an. Sie hat keine Pest.«
»Die Journots sind geschützt, Kommissar.«
»Die Journots haben einen Mythos, das ist wie ein Geist, der Ihnen aber nichts antun wird, mein Wort darauf. Er greift nur diejenigen an, die versucht haben, einen Journot kaputtzumachen.«
»Ein Familienrächer sozusagen?«
»Ganz genau. Nehmen Sie auch noch eine Probe von der Holzkohle mit, und schicken Sie sie ins Labor, mit dem Hinweis, es sei eilig.«
Die Ankunft der alten Frau in der Brigade erregte einiges Aufsehen. Sie hatte eine große Dose Kekse mitgenommen, die sie fröhlich Damas zeigte, als sie vor seiner Zelle stehenblieb. Damas lächelte.
»Keine Sorge, Arnaud«, sagte sie, ohne auch nur den Versuch zu machen, leiser zu reden. »Die Arbeit ist beendet. Alle, sie haben sie alle.«
Damas' Lächeln wurde noch breiter, er nahm die Dose, die sie ihm durch die Gitterstäbe reichte, drehte sich um und setzte sich ruhig wieder auf seine Pritsche.
»Machen Sie ihr die Zelle neben der von
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