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Fliehe weit und schnell

Fliehe weit und schnell

Titel: Fliehe weit und schnell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Vermutlich ist das Zeichen antiker Herkunft, wurde aber von der christlichen Kultur vollständig übernommen, die darin ein Bekreuzigungssymbol sah. Es ist ein Handelszeichen, auch ein Zeichen der Drucker, vor allem aber ist es wegen seines Werts als Talisman gegen die Pest bekannt. Man s chützte sich vor der Geißel, indem man dieses Zeichen auf die Tür des eigenen Hauses malte.
    In der Hoffnung, daß diese Informationen Ihre Frage beantworten, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
    Marc Vandoosler
     
    Adamsberg stützte sich auf seinen Tisch, den Kopf gesenkt, das Fax in der herabhängenden Hand. Die spiegelverkehrte Vier war ein Talisman gegen die Pest. Bereits etwa dreißig markierte Gebäude in der Stadt, haufenweise Botschaften im Kasten dieses Ausrufers. Morgen würde der Engländer von 1665 seiner ersten Leiche begegnen. Stirnrunzelnd stapfte Adamsberg über den Bauschutt auf dem Boden hinüber in Danglards Büro.
    »Danglard, Ihr Aktionskünstler ist dabei, Dummheiten zu machen.«
    Adamsberg legte das Fax auf den Schreibtisch, und Danglard las es mißtrauisch. Dann las er es noch einmal.
    »Ja«, sagte er. »Jetzt erinnere ich mich an meine Vier. Sie war im schmiedeeisernen Balkongitter des Handelsgerichts von Nancy. Eine Doppelvier, eine davon spiegelverkehrt.«
    »Was machen wir mit Ihrem Künstler, Danglard?«
    »Ich habe es schon mal gesagt. Wir eliminieren ihn.«
    »Und weiter?«
    »Wir ersetzen ihn. Durch einen Erleuchteten, der die Pest fürchtet wie die Pest und die Häuser seiner Mitbürger schützt.«
    »Er fürchtet sie nicht. Er sagt sie voraus, er bereitet sie vor. Schritt für Schritt. Er ist dabei, einen komplizierten Mechanismus zu installieren. Er kann ihn morgen oder heute nacht schon zünden.«
    Danglard verfügte über lange Erfahrung mit Adamsbergs Gesicht, das matt und erloschen und dann plötzlich hell und flammend wirken konnte. Dann gelang es dem Licht, sich mittels eines rätselhaften technischen Verfahrens unter der braunen Haut zu verbreiten. Danglard wußte, daß sich in diesen intensiven Momenten aller Widerspruch und jegliche Skepsis, ja die strengsten logischen Beweisführungen wie Dampf über der Glut verflüchtigten. Daher zog er es vor, sich solche Reaktionen für lauere Phasen aufzusparen. Gleichzeitig stieß Danglard in diesen Momenten auf seine eigenen Paradoxien: Adamsbergs irrationale Überzeugungen erschütterten seine eigenen Fundamente, und dieser vorübergehende Abschied vom gesunden Menschenverstand verschaffte ihm eine eigenartige Entspannung. Er konnte dann nicht umhin, zuzuhören und ganz passiv zu werden, wie von einer Wolke von Ideen dahingetragen, für die er nicht verantwortlich war. Durch ihren langsamen Rhythmus, den tiefen, sanften Klang, durch ihre Wiederholungen und Windungen half ihm die Sprechweise von Adamsberg, der seine Geduld in anderen Momenten überstrapazierte, bei dieser Reise. Und die Erfahrung hatte ihm nur zu oft gezeigt, daß Adamsberg, wenn er von einer unkontrollierten Eingebung ausging, mitten ins Schwarze traf.
    Was dazu führte, daß Danglard widerspruchslos seine Jacke anzog und Adamsberg auf die Straße folgte, wo dieser ihm den Bericht des alten Ducouèdic zusammenfaßte.
     
    Noch vor sechs Uhr hatten die beiden Männer die Place Edgar-Quinet erreicht und warteten auf das letzte Ausrufen des Tages. Adamsberg war zunächst auf der Kreuzung auf und ab gegangen, hatte sich mit dem Ort vertraut gemacht, ihn beschnüffelt, das Haus von Ducouèdic lokalisiert, die an der Platane festgezurrte blaue Urne, das Sportgeschäft, in das er Le Guern mit seiner Kiste hatte verschwinden sehen, sowie das Café-Restaurant Le Viking, das auch Danglard sofort entdeckt hatte, der hineingegangen war, um nicht mehr herauszukommen. Adamsberg klopfte an die Scheibe, um ihm Le Guerns Ankunft anzukündigen. Dem Ausrufen zuzuhören würde ihm nicht weiterhelfen, das wußte er. Aber er wollte sich den Punkt, von dem die Anzeigen ausgingen, so genau wie möglich vorstellen.
    Die Stimme des Bretonen überraschte ihn, sie war kraftvoll, melodisch und trug wie mühelos bis zur anderen Seite des Platzes. Diese Stimme, dachte er, war sicher ein gewichtiger Grund für die dichte Menschentraube, die sich um den Ausrufer gebildet hatte.
    »Eins«, begann Joss, dem Adamsbergs Anwesenheit nicht entgangen war. »Verkaufe Imkerausstattung mit zwei Völkern. Zwei: Das Chlorophyll entsteht ganz von allein, und die Bäume bilden sich nichts darauf ein. Mögen die

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