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Fliehe weit und schnell

Fliehe weit und schnell

Titel: Fliehe weit und schnell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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den Initialen.«
    »Mein Christian Laurent Tavernot?«
    »Lassen Sie ihn in Frieden«, erklärte Adamsberg, der sein Notizbuch auf der Seite mit Vandooslers Erklärungen aufgeschlagen hatte. »Es ist das Elektuarium der drei Adverbien.«
    Adamsberg wartete vergeblich auf eine Reaktion seines Stellvertreters. Auch Danglards Verstand wurde überflutet. Sein aufgeklärter Geist ertrank.
    »Cito, longe, tarde«, las Adamsberg. »Mach, daß du wegkommst, und zwar für eine Ewigkeit.«
    »Mist«, sagte Danglard nach einer ganzen Weile. »Cito, longe fugeas et tarde redeas. Ich hätte es mir denken müssen.«
    »Niemand denkt mehr was, nicht einmal Sie. Er ersäuft uns regelrecht.«
    »Wer hat es Ihnen erklärt?«
    »Marc Vandoosler.«
    »Ich habe übrigens die gewünschten Auskünfte über diesen Vandoosler.«
    »Lassen Sie auch das sein. Er ist nicht verdächtig.«
    »Wußten Sie auch, daß sein Onkel Bulle war und kurz vor dem Ende seiner Karriere rausgeworfen wurde?«
    »Ja. Ich hab mit dem Mann Pulpo gegessen.«
    »Ach so. Wußten Sie, daß der Neffe, Marc, in ein paar Fälle verwickelt war?«
    »Kriminalfälle?«
    »Ja, aber auf Ermittlerseite. Gar nicht dumm, der Typ.«
    »Das habe ich bemerkt.«
    »Ich rufe Sie wegen der Alibis der vier Pestologen an. Alle in Ordnung, keine Geldschwierigkeiten, stabile Familienverhältnisse.«
    »Kein Glück.«
    »Nein. Jetzt bleibt uns niemand mehr.«
    »Und ich selbst, ich sehe nichts mehr. Ich spüre nichts mehr, mein Lieber.«
    Danglard hätte sich über die Agonie von Adamsbergs Intuition freuen sollen. Und doch ertappte er sich dabei, daß er diesen Zusammenbruch bedauerte und den Wunsch verspürte, Adamsberg auf seinem Weg, den er mehr als jeden anderen mißbilligte, zu ermutigen.
    »Doch«, sagte er entschlossen. »Irgend etwas spüren Sie ganz sicher, zumindest eine winzige Spur.«
    »Zumindest eine winzige Spur«, räumte Adamsberg nach kurzem Schweigen ein. »Und zwar immer dieselbe.«
    »Sagen Sie, was es ist.«
    Adamsberg ließ seinen Blick über den Platz wandern. Allmählich bildeten sich kleine Gruppen, andere kamen aus der Bar und bereiteten sich auf das Ausrufen von Le Guern vor. Hinten neben der großen Platane wurden Wetten auf Rettung oder Untergang der Schiffsbesatzung abgeschlossen.
    »Ich weiß, daß er da ist«, sagte er.
    »Wo ›da‹?«
    »Auf diesem Platz. Er ist da.«
     
    Adamsberg besaß keinen Fernseher mehr und hatte sich angewöhnt, notfalls die Wohnung zu verlassen und einen hundert Meter entfernten, mit Musik und Guinness-Geruch gesättigten irischen Pub aufzusuchen. Dort erlaubte ihm Enid, eine Kellnerin, die ihn seit langem kannte, den kleinen Fernseher zu benutzen, der unter den Tresen gequetscht war. So stieß er also um fünf vor acht die Tür zu den Schwarzen Wassern von Dublin auf und zwängte sich hinter den Tresen. Die Schwarzen Wasser - das entsprach genau der Stimmung, in der er seit dem Morgen war. Während Enid ihm eine riesige Kartoffel mit Speck zubereitete - wo diese Iren derart gigantische Kartoffeln herbekamen, konnte man sich wirklich fragen, wenn man denn die Zeit dazu hatte, das heißt, wenn einem nicht gerade ein Pestbereiter vollständig den Kopf blockierte -, verfolgte Adamsberg vor dem leisegedrehten Fernseher die Nachrichtensendung. Es war fast so katastrophal, wie er befürchtet hatte.
    Der Moderator meldete, daß in der Nacht von Montag auf Dienstag und von Mittwoch auf Donnerstag in Paris drei Männer unter besorgniserregenden Umständen tot aufgefunden worden seien. Die Opfer wohnten alle in Häusern, die mit jenen Vieren bemalt seien, über die die Sonderbekanntmachung der Polizeipräfektur zwei Tage zuvor in den Fernsehnachrichten informiert habe. Die Bedeutung dieser Zeichen, über die die Polizei sich damals nicht habe äußern wollen, sei dank einer kurzen Botschaft des Täters an die Nachrichtenagentur AFP jetzt bekannt. Diese anonyme Erklärung sei mit größter Vorsicht zu behandeln, und nichts garantiere deren Authentizität. Ihr Verfasser behaupte, die drei Männer seien an der Pest gestorben, und versichere, er habe die Bevölkerung der Hauptstadt seit langem mittels öffentlicher Ankündigungen auf der Kreuzung Edgar-Quinet-Delambre vor der Geißel gewarnt. Das Bekenntnis zu einer solchen Tat, fuhr der Sprecher fort, sei sicherlich einem geistig Verwirrten zuzuschreiben. Auch wenn die Leichen in der Tat Merkmale des ›Schwarzen Todes‹ aufwiesen, so sei doch von der Polizeipräfektur bestätigt worden,

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