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Fliehe weit und schnell

Fliehe weit und schnell

Titel: Fliehe weit und schnell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Journalistenschar und den auf ihn gerichteten Mikrofonen zu und sagte: »Ich warte auf Ihre Fragen.«
     
    Anderthalb Stunden später war die Pressekonferenz beendet; sie war sogar recht gut verlaufen, da es Adamsberg gelungen war, die hinsichtlich der drei schwarzen Toten aufgekommenen Zweifel auszuräumen, indem er behutsam und Punkt für Punkt antwortete. Mitten in der Sitzung war er Danglards Blick begegnet und hatte in dessen angespannter Miene gelesen, daß etwas vorgefallen sein mußte. Die Reihen seiner Beamten hatten sich nach und nach unauffällig gelichtet. Kaum war die Pressekonferenz beendet, schloß Danglard die Bürotür hinter den Besuchern.
    »Eine Leiche in der Avenue de Suffren«, teilte er mit. »Unter einen Lieferwagen gelegt, die Kleidungsstücke auf einem Haufen. Sie wurde erst entdeckt, als der Fahrer heute morgen um Viertel nach neun losfuhr.«
    »Scheiße«, entfuhr es Adamsberg, der sich auf seinen Stuhl fallen ließ. »Ein Mann? Über Dreißig?«
    »Eine Frau, unter Dreißig.«
    »Unser einziger gemeinsamer Nenner ist hin. Wohnte sie in einem dieser verdammten Häuser?«
    »In Nummer 14 auf unserer Liste, in der Rue du Temple. Es wurde vor zwei Wochen mit Vieren markiert, außer an der Wohnungstür des Opfers, zweite Etage rechts.«
    »Die ersten Informationen?«
    »Sie heißt Marianne Bardou. Sie lebte zurückgezogen, hat Eltern in der Corrèze, einen Wochenendliebhaber in Mantes und einen zweiten für ein paar Abende in Paris. Sie war Verkäuferin in einem Feinkostgeschäft in der Rue du Bac. Eine hübsche Frau, sehr sportlich, Mitglied in mehreren Fitness-Studios.«
    »Ich vermute, daß sie dort weder Laurion noch Viard, noch Clerc getroffen hat?«
    »Das hätte ich Ihnen gesagt.«
    »Ist sie gestern ausgegangen? Hat sie dem wachhabenden Beamten etwas gesagt?«
    »Das wissen wir noch nicht. Voisenet und Estalère sind zu ihrer Wohnung gefahren. Mordent und Retancourt sind in der Avenue de Suffren, sie erwarten Sie.«
    »Ich weiß nicht mehr, wer wer ist, Danglard.«
    »Das sind Ihre Mitarbeiter, Männer und Frauen.«
    »Was ist mit der jungen Frau? Erwürgt? Nackt? DieHaut schwarz eingerieben?«
    »Wie die anderen.«
    »Keine Vergewaltigung?«
    »Anscheinend nicht.«
    »Avenue de Suffren, das ist geschickt gewählt. Nachts ist Jas einer der verlassensten Orte der Stadt. Da hat man genug Zeit, um in aller Ruhe vierzig Leichen abzuladen. Warum unter einem Laster, was glauben Sie?«
    »Ich hab darüber nachgedacht. Er muß sie ziemlich früh in der Nacht dort abgelegt haben, wollte aber nicht, daß man sie vor dem Morgen findet. Entweder, um die Tradition der Fuhrknechte fortzuführen, die frühmorgens die Leichen einsammelten, die man auf die Straße geworfen hatte, oder damit die Leiche erst nach dem Ausrufen entdeckt wird. Wurde dieser Tod beim Ausrufen angekündigt?
    »Nein. Es gab Ratschläge, wie man sich vor der Geißel schützen kann. Raten Sie.«
    »Vieren?«
    »Vieren. Vieren, die man ganz allein zu Hause malen soll, ohne jede Hilfe.«
    »Ist unser Pestbereiter zu sehr mit Töten beschäftigt? Hat er keine Zeit mehr zu malen? Delegiert er das jetzt?«
    »Das ist es nicht«, erklärte Adamsberg, stand auf und zog seine Jacke an. »Er macht das, um uns zu überschwemmen. Stellen Sie sich vor, nur ein Zehntel aller Pariser gehorcht und schützt die Wohnungstür mit einer Vier, dann können wir seine echten nicht mehr von den individuell gemalten unterscheiden. Sie sind leicht zu kopieren, die Zeitungen haben sie sehr genau abgebildet, man braucht sie nur sorgfältig abzumalen.«
    »Ein Graphologe kann die wahren Vieren rasch von den falschen trennen.«
    Adamsberg schüttelte den Kopf.
    »Nein, Danglard, nicht rasch. Nicht, wenn man vor fünftausend Vieren steht, die von fünftausend Händen ausgeführt wurden. Und mit dieser Schätzung bleibe ich ganz sicher deutlich hinter der Realität zurück. Die Leute werden ihm massenweise folgen. Wieviel sind achtzehn Prozent von zwei Millionen?«
    »Wieso achtzehn Prozent?«
    »Soviel Leichtgläubige, Ängstliche, Abergläubische gibt es. Diejenigen, die Sonnenfinsternisse, neue Jahrtausende, Weissagungen und das Ende der Welt fürchten. Oder zumindest diejenigen, die das in Umfragen zugeben. Wieviel macht das, Danglard?«
    »Dreihundertsechzigtausend.«
    »Nun, dann können wir uns auf etwa diese Größenordnung gefaßt machen. Wenn noch die Angst dazukommt, gibt es eine Flutwelle. Und wenn man die echten Vieren nicht mehr erkennen kann,

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