Flinx
richtig, dass wir ein wichtiges Element des Experiments verlieren, wenn diese alte Frau stirbt. Aber nicht notwendigerweise das letzte. Wir sind uns doch alle einig, dass ein Implantat für sie die beste Lösung ist.«
»Dem widerspreche ich ja nicht«, sagte Nyassalee, »ich wollte Sie ja nur daran erinnern, dass wir auf einen Misserfolg vorbereitet sein sollten.«
Brora lehnte sich in seinen Stuhl zurück und seufzte. Er hatte keinen Appetit; die Aussicht, die die Operation für sie barg, machte ihn unruhig.
»Es wird nicht schiefgehen, Nyassalee. Das ist seit Jahren die beste Chance, ein wirklich erfolgversprechendes Subjekt unter Kontrolle zu bekommen. Wir werden es schaffen.« Er sah zu Haithness hinüber. »Ich habe mir die Implantate vor dem Essen noch einmal angesehen.«
»Schon wieder?«
»Sonst ist doch nichts zu tun. Ich konnte das Warten nicht ertragen. Die Schaltung ist fertig, und die cryogenische Enervation konstant. Ich rechne bei der Herstellung der synaptischen Verbindung mit keinen Schwierigkeiten.« Er sah zu Nyassalee hinüber. »Trotz des Alters der Frau.«
»Und was den Teil der alten Frau angeht, der infolge der Operation unvermeidlich verlorengeht« - er zuckte die Achseln -, »ich habe die Angelegenheit gründlich überprüft und sehe keinen Ausweg. Nicht dass da sehr viel wäre, das sich zu bewahren lohnen würde. Sie ist primitiv und unwissend. Die Implantate und die entsprechenden Schnitte werden da sogar eher zu einer Verbesserung führen.«
»Ihre stärksten Tugenden scheinen Sturheit und Hartnäckigkeit zu sein«, pflichtete Haithness ihm bei, »und damit verbunden eine erschütternde Unwissenheit bezüglich des Lebens außerhalb ihrer unmittelbaren Umgebung.«
»Typisch«, sagte Brora. »Ist es nicht eine Ironie des Schicksals, dass ein solcher Mensch der Schlüssel nicht nur zu unserem größten Erfolg, sondern auch am Ende zu unserer Rehabilitierung ist?«
Nyassalee schob ihren Teller weg. Das Gespräch ihrer Kollegen ging ihr auf die Nerven. »Wann machen wir es morgen?«
»Einigermaßen früh, würde ich meinen«, murmelte Haithness. »Das ist die beste Zeit für die alte Frau, und für uns ist es auch besser, wenn wir uns nicht zu lange mit Philosophie und Spekulationen aufhalten.«
Brora verblüffte diese Andeutung. »Sie rechnen doch nicht etwa, dass der Junge auftaucht?«
»Sie sollten aufhören, in ihm einen Jungen zu sehen.«
»Aber er ist doch erst knapp sechzehn.«
»Das reicht. Wenn er auch bis jetzt keinerlei unerwartete Talente gezeigt hat, so ist doch seine hartnäckige Verfolgung seiner Adoptivmutter für mich Hinweis genug, dass er neben seinem Talent auch einen scharfen Verstand besitzt.« Sie zeigte Nyassalee ein verkniffenes Lächeln. »Sehen Sie, meine Liebe, obwohl ich Ihre Besorgnis in diesem Fall nicht teile, respektiere ich Ihre Meinung doch und schätze sie hoch.«
»Sie erwarten ihn also?«
»Nein, das nicht«, beharrte Haithness, »aber es wäre doch peinlich, wenn er durch irgendein Wunder hier vor dem erfolgreichen Abschluss der Operation auftauchte. Nach der Operation sind wir natürlich selbst daran interessiert, durch seine Mutter den Kontakt zu ihm herzustellen. Wenn er feststellt, dass sie unverletzt und scheinbar unangetastet ist, wird er sich leichter unserer Kontrolle unterwerfen.«
»Und wenn er auftaucht, ehe wir die alte Frau nach Drallar zurückgebracht haben?«
»Keine Sorge«, sagte Haithness. »Ich habe die übliche Story vorbereitet, und unser Personal hier ist mit den entsprechenden Einzelheiten vertraut gemacht.«
»Sie bilden sich ein, dass er das glaubt?« fragte Nyassalee. »Dass wir eine durch und durch altruistische Gesellschaft von Ärzten sind, die es sich zum Ziel gesetzt haben, alten Leuten gegen die Gleichgültigkeit der ärztlichen Institutionen der Regierung behilflich zu sein?«
»Es stimmt schon, dass wir diese Story schon häufig benutzt haben, aber für das Subjekt wird sie neu sein«, erinnerte Haithness ihre Kollegin. »Außerdem ist er ja, wie Brora sagt, kaum erwachsen, und daher nicht sonderlich gebildet. Ich denke, er wird uns glauben, besonders wenn wir ihm seine Mutter zurückgeben. Das sollte ausreichen, um ihn zu befriedigen. Und dann werden wir natürlich dafür sorgen, dass keinerlei Spuren der Operation feststellbar sind.«
»Ich arbeite besser, wenn ich reichlich Schlaf habe«, erklärte Brora und erhob sich abrupt vom Tisch. »Und morgen steht harte Arbeit bevor.«
Sie standen auf und
Weitere Kostenlose Bücher