Flirt mit dem Tod
Winters wusste Elena so gut wie nichts. Ihm war sie erst ein oder zwei Mal begegnet. Er schien vom Typ her als Einziger eher Dominic zu ähneln und lieber den unkonventionellen Weg zu gehen, was bedeutete, dass auch er sich nicht unbedingt an die Gepflogenheiten und die ungeschriebene Kleiderordnung des Morddezernates hielt.
Steve telefonierte immer noch. Sie gab ihm ein Zeichen in Richtung Wache. Dann machte sie sich auf den Weg ins Erdgeschoss, um ihre Sachen aus dem Spind zu holen.
*
Steve sah der neuen Kollegin nach. Sie war heiß. Unter ihrer kühlen Oberfläche, dem strengen Hosenanzug und der korrekten Frisur konnte er sehr wohl ihre sexy Kurven ausmachen. Als er ihr sein Guter-Junge-Grinsen, das er jahrelang vor dem Spiegel geübt hatte, schenkte, legte sich sogar etwas Wärme in ihren Eisblick.
Sie reizte ihn. Und sie schien ein Problem mit Coleman zu haben. Fast hatte er den Eindruck, sie verabscheute Dominic, zumindest aber konnte sie ihn nicht ausstehen.
Steves Blick fiel auf die immer noch geschlossene Tür des Lieutenants. Dominic hatte heute Morgen wieder einmal richtig beschissen ausgesehen, als er – viel zu spät – ins Department geschlurft war. Er würde von der neuen Partnerschaft alles andere als begeistert sein. Jacks Tod hielt ihn wie ein Albtraum umklammert, nicht nur in seinen schlaflosen Nächten, von denen Dominic ihm bei einem ihrer regelmäßigen Kneipenbesuche erzählt hatte. Dominic litt wie ein Tier, er vegetierte regelrecht vor sich hin.
Darum würde er für die neue, sexy Kollegin auch kein Auge haben. Umso besser für ihn.
Steve grinste. Besser für Dominic oder für ihn selbst? Es würde sich zeigen, wie weit er bei Detective Elena St. James landen könnte. Seine Chancen standen jedenfalls gut.
*
Als Elena St. James, ihre Habseligkeiten in einem Karton, an den Schreibtisch trat, lümmelte Dominic auf seinem Stuhl, eine Tasse frisch gekochten Kaffee in der Hand. »Ich dachte schon, du bist abgehauen, St. James«, nuschelte er über seine Tasse hinweg. »Du willst doch sicher nicht mit dem großen, bösen Cop mit dem schlechten Ruf zusammenarbeiten?«
Elena stellte den Karton vorsichtig auf ihrem Tisch ab. »Ich habe nur meine Sachen geholt.« Mit spitzen Fingern klaubte sie zwei leere Styroporbecher von der Tischplatte und ließ sie in den Papierkorb fallen.
Dominic lehnte sich betont cool auf seinem Stuhl zurück und beobachtete Elenas Aufräumarbeiten. In seinem Magen saß jedoch ein Knoten, der wuchs, seit er den blonden Kobold an diesem Morgen entdeckt hatte. Ihm war natürlich klar, dass irgendwann wieder jemand den Schreibtisch seines Partners benutzen würde. Er hatte aber nicht gedacht, dass das so bald der Fall wäre. Jack war gerade mal zwei Monate tot. Und nun setzten sie ihm dieses Hühnchen vor die Nase. Nach Jacks Tod hatte er den Schreibtisch systematisch mit seinen Sachen belegt, damit ja keiner seiner Kollegen auf die Idee kam, sich dort einzuquartieren. Jetzt würde er ihn wohl oder übel dem Kobold überlassen müssen.
Er sah zu, wie Elena ihren neuen Arbeitsplatz von seinen Hinterlassenschaften befreite. Ihr frostiger Blick sprach dafür, dass sie seine Miene richtig deutete. Abgesehen von der arktischen Kälte, die sie umgab, schien sie jedoch darüber hinwegzusehen.
Als sie ihren Schreibtisch endlich blitzsauber geputzt und Schreibunterlage, Stifte, Notizblöcke, Telefon und PC ordentlich in Linie ausgerichtet hatte, warf er ihr einen Aktenordner über den Tisch. Sämtliche Blätter fielen heraus und verteilten sich über ihren Arbeitsplatz.
»Wenn du gestern schon dabei warst, dann kannst du auch gleich den Bericht über den Brand auf der Jacht schreiben.«
Erstaunt hob Elena den Kopf. »Sind die Ermittlungen denn schon abgeschlossen?«
Sein Telefon klingelte und er ignorierte ihre Frage. Er blickte auf das Display und hob dann mit einem »Schreib einfach den Bericht, ja?« ab.
Elena sortierte die Blätter, die aus dem Ordner gefallen waren, und schien sich krampfhaft zu bemühen, sein Gespräch nicht zu belauschen.
Er legte die Füße auf die Tischkante und lehnte sich noch ein bisschen bequemer in seinem Stuhl zurück, um mit seiner Schwester zu sprechen. Sie rief, genau wie der Rest der Familie, regelmäßig an und überprüfte, ob mit ihm alles in Ordnung war, oder ob er bereits dem Wahnsinn verfiel. Er müsste diese Anrufe zwar nicht annehmen, aber dann nervten sie ihn so lange – und zwar alle –, bis er mit
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