Flirt mit dem Tod
Pelle rücken. Also ging er lediglich den Weg des geringsten Widerstandes.
Vorsichtig setzte er seine Neffen ab. »Okay, ihr habt noch mal Glück gehabt. Das nächste Mal stecke ich euch in die Mülltonne.« Er wuschelte den beiden durch die dunklen Haare und sie rannten in den Garten. Während Niclas noch einmal das neu gelernte Schimpfwort über die Schulter rief, erinnerte Tommy ihn daran, wie tief er ab jetzt in ihrer Schuld stand. Die kleinen Lausebengel würden ihn eiskalt und ohne jede Moral erpressen, bis sie ihr Ziel, das vermutlich aus Eis oder Schokolade bestand, erreichten, denn jeder im Hause Coleman wusste, wie groß der Ärger war, den man bekam, wenn man von Maria beim Fluchen erwischt wurde.
Nachdem er sich versichert hatte, dass seine Neffen sicher im Sandkasten saßen und begannen, eine Burg zu bauen, betrat er die Küche durch die Hintertür. Er atmete den Duft von frischen Kräutern und Knoblauch ein. Kurz überlegte er, wann er zum letzten Mal etwas Anständiges gegessen hatte, ließ es dann aber lieber bleiben. Sein Blick schweifte durch den großen hellen Raum, und – fast hätte er sie übersehen. Was war mit seiner Partnerin passiert? Wo war Miss Börsenmakler-Anzug mit dem kühlen Blick geblieben? Er lehnte sich in den Türrahmen und betrachtete sie eingehend. Wer hätte gedacht, welch blonde Lockenmähne, die bis über die Mitte des Rückens reichte, sich hinter ihren strengen Haarknoten verbarg. Und wer hätte gedacht, dass sie noch etwas anderes als strenge Hosenanzüge in ihrem Schrank hängen hatte. Zum Beispiel dunkelrote Kapuzenpullis und alte, enge Jeans, Kleidung, die sie mädchenhaft und jung wirken ließ und trotzdem ihre weiblichen Attribute unterstrich. In der Küche seiner Mutter, zwischen all seinen lauten, wilden, weiblichen Verwandten wirkte sie verloren wie ein kleines Mädchen, das man im Einkaufzentrum vergessen hatte.
Er beschloss, sie zu retten. Zum einen, um endlich in seinem Fall vorwärtszukommen und zum anderen, um einen engeren Kontakt seiner Partnerin zu seiner Familie zu verhindern. Wer konnte wissen, ob sie nicht irgendetwas über ihre Partnerschaft ausplauderte, zum Beispiel, was für ein Ekel er zu ihr war. Das würde seine Mutter sicher nicht begeistern. Am besten wäre es gewesen, Elena hätte einfach vor dem Haus gewartet und ihn per Handy über ihre Ankunft informiert. So saß sie als äußerst attraktive Frau – und neue Partnerin – inmitten seiner Familie, was jede Menge Fragen und Kommentare zur Folge haben würde.
Er ging zu ihr, nahm ihr das Glas, von dem sie noch keinen Schluck getrunken hatte, aus der Hand, und zog sie von ihrem Stuhl.
»Auf geht’s, St. James.« Mit einem flüchtigen Kuss auf die Wange seiner Mutter und einem kurzen Winken an die restlichen Frauen schob er Elena aus der Küche. Erst, als sie auf der Veranda standen, atmete er auf. Den missbilligenden Gesichtsausdruck seiner Mutter konnte er bis hierher spüren.
Als sein Blick auf die Autos der Familie fiel, rutschte ihm der nächste Fluch raus. »Ich bin eingeparkt. Verdammte Verwandtschaft. Wo steht dein Wagen?«
Elena deutete auf ihren Honda. Dominic steuerte auf das Auto zu und streckte automatisch die Hand aus, als er vor der Fahrertür stand. »Ich fahre.«
»Du kannst mich mal. Ich fahre.« Sie reckte das Kinn und baute sich mit verschränkten Armen vor ihm auf. »Und du erzählst mir endlich, worum es geht.«
Sein Handy klingelte. Er zog es aus der Hosentasche. Keine Zeit zum Diskutieren. Er lief zur Beifahrerseite und wies Elena an, auf die Umgehungsstraße Richtung Osten zu fahren, bevor er den Anruf annahm, um Steve am anderen Ende zu erklären, wohin er fahren sollte.
*
Dem Gespräch entnahm Elena, dass Delaware ein Strandhaus in einem kleinen Ort zwischen Boston und Salem besaß. Sie kannte das Städtchen nur von dem Schild an der Highway-Abfahrt. Wie es aussah, würde sie es heute kennenlernen.
»Woher weißt du das mit dem Strandhaus? Angel und seine Exfrau haben nichts davon erzählt«, wollte sie wissen, nachdem Dominic das Telefonat mit Steve beendet hatte.
»Tracy hat es herausgefunden.«
»Tracy Collette?« Solche Aufgaben übernahm die Sekretärin des Lieutenants?
»Tracy ist ein Computergenie. Sie bekommt alles heraus. Allerdings muss das niemand wissen, verstanden?«
»Sie ist eine Hackerin?« Elena warf ihrem Partner einen schockierten Blick zu.
»Ich würde eher sagen, sie kann wunderbar mit den Datensystemen jonglieren.«
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