Flirt mit dem Tod
Bis jetzt hatte St. James sich zwar gar nicht mal blöd angestellt, aber man würde noch sehen, was sie tatsächlich draufhatte, wenn es hart auf hart kam.
Er ließ seinen Blick über Elenas hübsche Figur gleiten und beobachtete sie, wie sie ihre wilde Mähne mit einem Gummiband zu einem Pferdeschwanz zusammenfasste.
»Zieh deine Schutzweste an«, sagte er.
Elena rollte mit den Augen. Genervt öffnete sie den Kofferraum, um ihre Kevlarweste herauszuholen. Dann hielt sie inne und blickte zu ihm herüber. »Wo ist deine Weste?«
Mist. Er hatte sie in der Hektik und dem Chaos der geparkten Autos vor dem Haus seiner Eltern vergessen. »Die liegt in meinem Wagen.«
»Da liegt sie verdammt gut.« Diesmal klang Elena bissig statt reserviert. »Du willst ja wohl nicht ernsthaft ohne Schutzweste in dieses Haus gehen.«
»Hey.« Beschwichtigend breitete er seine Arme aus. »Wir warten auf die Verstärkung. Dann kann ich mich ein bisschen zurückhalten.«
Mit dem letzten Wort fiel ein Schuss. Automatisch gingen sie hinter Elenas Honda in Deckung.
»Das kam von da drüben.« Dominic wies in Richtung von Delawares Grundstück.
»Aus dem Strandhaus?«
»Gut möglich. Lass uns nachsehen. Vorsichtig.« Er wartete, bis sie den letzten Klettverschluss ihrer Weste geschlossen hatte. Dann zogen sie ihre Waffen und schlichen in der Deckung von Zäunen und Hecken in Richtung des Hauses. Als sie näher kamen, erkannte er einen Wagen in der Auffahrt des Strandhauses. Ein Mietwagen, dem Aufkleber an der Windschutzscheibe zufolge.
Mittlerweile waren sie nah genug, um einen Teil des Hauses einsehen zu können.
»Ich sehe keine Bewegung im Objekt«, flüsterte Elena.
»Wir müssen rüber auf die andere Seite. Von dort haben wir einen besseren Blick.«
*
Dominic hatte recht. Im Moment befanden sie sich hinter dem Nachbarhaus. Wenn sie auf die andere Seite von Delawares Strandhaus gelangten, hätten sie bessere Sicht und könnten die Lage besser einschätzen. Sie war mit ihrem alten Streifenpartner Bobby Pattison oft genug in brenzligen Situationen gewesen. Aber Coleman kannte sie nicht. Sie konnte nur hoffen, dass das gut ging. Sie gab ihm mit einem Nicken ihr Einverständnis, auf die andere Seite des Strandhauses zu wechseln. Bis zu der Hecke, die ihnen Deckung bieten würde, mussten sie gut zwanzig Meter freie Fläche überwinden.
Geduckt liefen sie los. Sie hatten schon fast die Hälfte der Strecke hinter sich gebracht, als die Tür des Hauses aufgerissen wurde und Angel Delaware erschien. In der Hand eine Pistole.
Was dann geschah, dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde. Elena sah, wie Angel Delaware ihre Pistole auf sie beide richtete. Im gleichen Augenblick hob sie, völlig automatisch, ebenfalls ihre Waffe. Sie drückte ab – und ihr Körper explodierte. Ein enormer Schlag traf ihre Eingeweide, schleuderte sie nach hinten. Sie schlug auf dem Asphalt auf, die Luft wurde aus ihren Lungen gepresst.
Und dann breitete sich Schwärze um sie herum aus.
Als Elena zu sich kam, lag sie rücklings auf dem Gehweg. Das Atmen war eine Qual. Vorsichtig fuhr sie mit den Fingern über ihren Oberkörper und hob die Hand langsam vor ihre Augen. Kein Blut. Also hatte die Kevlarweste sie vermutlich geschützt. Entgegen der landläufigen Meinung konnte man sich auch dann ziemlich gefährliche Verletzungen zuziehen, wenn man seine Schutzweste trug.
Wo war Dominic? Sie wandte den Kopf nach links und rechts, aber sie entdeckte ihn nirgends. Im nächsten Moment hörte sie das Aufheulen eines Motors und das Quietschen von Reifen. Ein Wagen kam hinter ihr zum Stillstand. Bunte Ahornblätter wirbelten auf. Verdammt. Sie sah nicht, was hinter ihrem Kopf vorging. Panisch umklammerte sie ihre Pistole. Sie hatte sie die ganze Zeit in der Hand gehalten, ohne es zu merken.
Schon im nächsten Augenblick durchflutete Erleichterung ihren Körper, als sich Steve Morris’ vertraute Gestalt in ihr Sichtfeld schob.
»Elena.« Mit besorgtem Blick kniete er neben ihr nieder und tastete sie vorsichtig ab. »Das sieht gut aus«, sagte er ein wenig außer Atem. Elena wusste nicht, ob er damit sie oder sich beruhigen wollte. »Das sieht wirklich nicht schlimm aus«, wiederholte er noch einmal. »Bestimmt hast du nur ein paar blaue Flecken. Ein Rettungswagen ist schon unterwegs.«
»Ich brauche keinen Rettungswagen«, nuschelte sie. »Hilf mir lieber auf, damit ich besser Luft bekomme.«
Vorsichtig fasste er sie unter den Achseln und zog sie hoch,
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