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Flirtverdacht Roman

Flirtverdacht Roman

Titel: Flirtverdacht Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Brody
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Auge. Nägel zu meinem Sarg. Oder so etwas in der Richtung.
    Ich konnte natürlich alles absagen und mich den Rest meines Lebens in dieser Wohnung vergraben, oder ich konnte die Verpflichtungen erfüllen, die ich bereits eingegangen war.
    Ich schleppte mich in den Flur, ins Schlafzimmer und in eine Jogginghose und ein einigermaßen sauberes T-Shirt, das zerknüllt unten im Schrank lag. Ich machte mir nicht einmal die Mühe, zu duschen oder Make-up aufzulegen. Mein Bestreben, immer vorzeigbar und repräsentabel zu wirken, lag irgendwo unter den Trümmern meiner finsteren Gedanken begraben.
    Ich latschte durch die Eingangstür zur Agentur in einem Aufzug, als sei ich auf dem Heimweg von einer Pyjamaparty, einen Becher Starbucks-Kaffee in der Hand und eine übergroße Sonnenbrille über dem hässlichen violetten Fleck, der sich um mein linkes Auge gebildet hatte.
    Hadley fiel mein neuer »Look« natürlich sofort auf. Sie musterte mich seltsam, als ich in der Tür einen Gruß murmelte und dann an ihr vorbei direkt in mein Büro marschierte. Dort ließ ich mich auf meinen Stuhl fallen, so dass sich Kaffee über mein T-Shirt ergoss. Halbherzig versuchte ich, den Fleck abzuwischen, doch dann zuckte ich nur die Schultern und trank noch einen Schluck, bevor ich den Kopf an die Rückenlehne legte. Jetzt ging das Shirt wohl eindeutig nicht mehr als sauber durch.
    Kurz darauf erschien Hadley mit sichtlich besorgter Miene in der Tür. Sie kam langsam auf meinen Schreibtisch zu, fast auf Zehenspitzen, als fürchtete sie, die leiseste Bewegung könnte mich aufschrecken. Sie sagte gar nichts. Kein Wort. Ich hob den Kopf und beobachtete, wie sie näher kam, wobei ich mich fragte, was sie wohl tun würde. Wie kommentiert man einen Anblick, wie ich ihn bot?
    Hadley musterte mich eine Weile. Ich spürte ihren Blick. Und ich überlegte bereits, was ich sagen würde, falls sie mich auf meinen Zustand ansprach … oder auf mein Outfit. Nämlich gar nichts.
    Ich würde einfach nicht antworten. Es ging sie sowieso nichts an.
    Doch anscheinend musste sie gar nicht fragen. Eigentlich hätte ich mittlerweile damit rechnen müssen. Denn als sie den Mund aufmachte, sagte sie nur: »Er kommt schon wieder zurück.«
    Ich riss den Stuhl herum, um sie anzusehen. Allerdings so heftig, dass ich fast eine ganze Drehung vollführte. Ich musste mich an der Schreibtischkante festhalten und zur Mitte zurückdrehen. Ich hatte Hadley nie gesagt, dass er mich verlassen hatte. Ich hatte ihr nicht einmal gesagt, dass er überhaupt existierte . Ich hatte es vor allen verheimlicht. Ich hatte nicht einmal …
    »Der Ring.« Sie wies mit dem Kopf auf meine Hand. Offenbar konnte sie Gedanken lesen wie eine unheimliche Wahrsagerin, die mit Tarotkarten hantierte. Mein Blick schoss auf die Hand, mit der ich noch immer die Schreibtischkante umklammert hielt. Ja, da war er. Jamies diamantener Verlobungsring. Der einfach nicht aufhören wollte zu funkeln. Den ich mir am Vorabend an den Finger gesteckt und nicht wieder abgezogen hatte.
    Obwohl ich noch vor wenigen kurzen Wochen regelmäßig vergessen hatte, ihn anzustecken .
    »Sie haben ihn nie getragen«, erklärte sie. »Als Sie so glücklich aussahen.«
    Ein leises Lachen kam mir über die Lippen. Nicht, weil die Situation so lustig war, sondern weil sie so alles andere als lustig war, dass ich nur mit Gelächter reagieren konnte. »Klar«, sagte ich ernst, weil ich ihre Logik vollkommen nachvollziehen konnte. Obwohl jeder andere wahrscheinlich überhaupt nichts kapiert hätte.
    »Und wenn Sie ihn anrufen?«, schlug Hadley zögernd vor.
    »Nein«, erwiderte ich verbissen. »Er will nicht mehr mit mir zusammen sein.«
    Die Art, wie Hadley den Kopf zur Seite neigte, war eine stumme Frage. Ich wusste, dass ihr ein Gegenargument auf der Zunge lag, und flehte sie mit meinem Blick an, es hiermit einfach gut sein zu lassen.
    Schließlich gab sie mit einem Kopfnicken nach und wandte sich wieder zur Tür. »Ihr Zehn-Uhr-Termin müsste jeden Augenblick hier sein«, erinnerte sie mich mit einem kritischen Blick auf mein Äußeres.
    Ich schwang meinen Stuhl zurück zum Fenster und nickte abwesend. »Ich weiß.«
    »Möchten Sie, dass ich ihn verschiebe?«
    »Nein.«
    Hadley schürzte nachdenklich die Lippen und schloss dann hinter sich die Tür.
    Ich zog die Beine hoch und umschlang sie mit den Armen. Dann saß ich reglos in meinem stillen Büro und beobachtete die Wellen am Strand und den dichten Vormittagsverkehr auf der Ocean

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