Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flitterwochen

Flitterwochen

Titel: Flitterwochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hertz
Vom Netzwerk:
auf sie aufpassen!«
    »Sie hat mir versprochen, hier sitzen zu bleiben. Ich war nur zwei Minuten weg, ehrlich«, stottert er.
    »Nur zwei Minuten!«, schreie ich ihn an. »Na prima! Und wie du siehst, hat sie wunderbar auf dich gehört!«
    »Tine, reg dich nicht auf …«
    »Ich will mich aber aufregen, verdammt noch mal!«
    »Vielleicht ist sie nur mal kurz auf die Toilette. Der ganze Wodka …«, versucht Jan mich zu beruhigen.
    »Außer mir war da niemand auf dem Klo. Da gab’s nämlich nur eins!«
    »Okay, okay, sie kann ja noch nicht weit sein. Du kennst das doch schon. Wir suchen sie schnell – dann fahren wir los, und in zwei Stunden sind wir in Deutschland.«
    »Dein Wort in Gottes Ohr«, knurre ich. Und füge noch hinzu: »Und wenn wir sie nicht finden, dann gnade dir Gott!«

8 . Kapitel

    W ir suchen uns den Wolf, klappern am Hafen sämtliche Cafés, Kneipen und Restaurants ab, ernten aber überall nur Kopfschütteln, wenn wir nach Oma fragen. Niemand hat auch nur den Schatten der alten Dame gesehen. Jan läuft noch mal zum Kai und klettert auf sämtliche Schiffe. Aber auch da: Fehlanzeige!
    »Hoffentlich ist Gerda nicht ins Wasser gefallen«, jammert er.
    »Verdient hätte sie’s«, keife ich.
    »Denk dran, eine tote Oma heißt: kein Alibi für dich«, giftet Jan zurück.
    »Und denk du dran, wem wir den Schlamassel hier zu verdanken haben! Wer musste denn unbedingt Zigaretten kaufen? Du weißt doch, dass man diese Irre nicht einfach allein lassen kann!«, zicke ich weiter.
    Unsere Stimmung ist auf dem absoluten Tiefpunkt angelangt, als wir uns mit gesenkten Köpfen wieder auf den Weg zum Trabbi machen. Schlimmer kann es wirklich nicht mehr kommen, denke ich, aber im selben Moment bleiben wir beide abrupt stehen und starren das Auto an. Alle Türen inklusive Kofferraumklappe stehen sperrangelweit offen.
    »Mein Gott, das Geld!«, keuche ich und hechte zum Wagen. Keine Spur von der Plastiktüte. Kaum in Polen, schon gestohlen, schießt es mir absurderweise durch den Kopf. Mein Brautkleid liegt allerdings nach wie vor völlig unversehrt auf der Rückbank.
    Jan begutachtet die Türen und murmelt: »Komisch, aufgebrochen wurden die nicht …« Dann wird er ganz blass, fummelt an seiner Hosentasche herum und brüllt: »Scheiße, der Schlüssel!«
    »Den Schlüssel hab doch ich«, sage ich verwirrt.
    »Nee, der Ersatzschlüssel! Den hatte mir der Autoverleiher noch schnell in die Hand gedrückt. Von wegen Frau am Steuer, da wüsste man ja nie. Und den Schlüssel habe ich Gerda gegeben …«
    »Warum das denn, um Himmels willen?«
    »Weil ich ein Loch in der Hosentasche habe und Angst hatte, ihn zu verlieren, deshalb!«
    »Das heißt: Oma Strelow war am Auto, hat sich das Geld geholt und eiert nun mit gut 15 000  Euro in einer Tüte durch Kolberg? Na klasse!«
    Jan ist völlig runter mit den Nerven, das kann ich sehen. Auf seiner Stirn stehen kleine Schweißperlen, und er fährt sich ständig mit einer Hand über den Kopf, so dass seine Haare inzwischen aussehen, als hätte er einen Stromschlag bekommen.
    Ich kann es trotzdem nicht lassen und muss noch einen obendrauf setzen: »Mann, Mann, Mann, die liegt doch bestimmt schon mit eingeschlagenem Schädel auf irgendeinem dunklen Hinterhof. Weiß man doch, wie das in Osteuropa läuft …«
    Jetzt ist Jan ernsthaft sauer, auch das kann ich sehen. »Erstens sind wir hier in Polen und nicht in Osteuropa. Und zweitens gehst du mir mit deinen Vorurteilen tierisch auf die Nerven! Du bist ja schlimmer als Gerda mit ihrem Pommern-Wahn«, schreit er mich an.
    Ich beschließe, jetzt lieber nix mehr zu sagen. Schweigend setzen wir uns ins Auto und brüten ein bisschen vor uns hin. In meinem Kopf rasen die Gedanken nur so durcheinander. Wir müssen Oma jetzt unbedingt finden, sonst bricht mein mittlerweile sowieso schon sehr wackeliger Hochzeitsplan endgültig in sich zusammen. Und so süß Gerda auch sein mag – wenn ich ihretwegen nicht mit Alexander vor den Altar trete, dann gnade ihr Gott! Ich weiß nicht, ob mich der Respekt vor dem Alter dann noch von irgendetwas abhält! Ich muss unwillkürlich stöhnen, und auch Jan atmet tief durch.
    »Tine, wenn wir uns jetzt gegenseitig zerfleischen, bringt uns das auch nicht weiter. Ich schlage vor, wir fahren in die Stadt und suchen dort nach Gerda. Okay?«
    »Okay«, antworte ich und füge kleinlaut hinzu: »Tut mir leid wegen eben. War nicht so gemeint. Aber das wächst mir hier alles langsam über den

Weitere Kostenlose Bücher