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Flitterwochen

Flitterwochen

Titel: Flitterwochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hertz
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Kopf …«
    »Ich weiß«, seufzt Jan. »Mir auch.«
    In der City angekommen, stellen wir den Trabbi an einem kleinen, menschenleeren Park ab und hetzen los. Wir klappern alle größeren und kleineren Straßen ab. Auch wenn mir gerade nicht der Sinn nach Sehenswürdigkeiten steht, registriere ich doch, dass Kolberg ein ausnehmend hübsches Städtchen ist. Die Altstadt ist liebevoll restauriert, alles wirkt sehr gepflegt und aufgeräumt. Plötzlich stehen wir vor einer riesigen Kirche.
    »Wow!«, entfährt es mir.
    »Der Kolberger Dom. Wird heute auch Marienbasilika genannt«, beginnt Jan zu referieren. »Ungefähr um 1300 wurde mit dem Bau begonnen. Weißt du, ich habe als Student in den Ferien häufiger als Fremdenführer gejobbt. Wusstest du, dass …«
    »Jan«, unterbreche ich ihn, »das kannst du mir auch später noch erzählen. Wenn wir Oma gefunden haben.«
    Doch wir finden Oma einfach nicht. Sie ist wie vom Erdboden verschluckt. Kolberg ist zwar eine Kleinstadt, aber dann doch zu groß, um jemanden aufzuspüren, der vermutlich gar nicht aufgespürt werden will.
    Langsam wird es dunkel, was unsere Chancen auf einen Zufallstreffer nicht gerade erhöht. Mein Magen krampft sich zusammen und knurrt auf einmal so laut, dass Jan herumfährt. »Hunger?«, fragt er mitfühlend.
    Hunger ist untertrieben. Ich hatte heute nur ein halbes Sandwich, und meine heißen Waffeln schwimmen irgendwo in der Ostsee. Durch die frische Meeresluft und das ganze Rumgerenne verbraucht man auch nicht gerade weniger Kalorien – ich habe einen Mörder-Kohldampf.
    »Wie wär’s dann jetzt mit ’ner polnischen Wurst?«
    Vor dieser Hartnäckigkeit kann ich nur die Waffen strecken. »Eine polnische Wurst wär jetzt super!«
    Jan führt mich zielsicher zu einem kleinen Laden, der irgendwas zwischen Imbiss und Restaurant darstellt. »Ich bestell für dich mit«, sagt er und kommt kurz darauf mit einem Tablett voller Leckereien zurück. Trotzdem guckt er etwas enttäuscht.
    »Keine Wurst«, sagt er bedauernd.
    »Och, wie schade. Warum denn nicht? Ausverkauft?«
    »Nee, heute ist doch Karfreitag. Da bekommst du nirgendwo in Polen Fleisch.«
    »Aber dein Verwandter – wie hieß er noch? –, der hatte doch vorhin Würste mit.«
    »Miroslav ist auch ein gottloser Geselle, wie meine Tante immer sagt.«
    »Na gut. Was gibt’s denn stattdessen?«
    »Also, pass auf«, beginnt Jan und deutet auf die unbekannten Speisen. »Das ist Barszcz, eine klare Rote-Bete-Suppe. Dazu isst du die hier, Kolaczyki, Hefeteilchen mit Sauerkraut gefüllt. Wenn du Fisch magst, probierst du diesen Tatar sledziowy, einen Heringssalat mit Zwiebeln, und hier habe ich noch Pierogi mit Kartoffeln, Zwiebeln und Käse. Los, hau rein!«
    Das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Und ich muss ehrlich zugeben: Alle Sachen sind total lecker. Besonders diese Kola-Dingsbums schmecken einfach super.
    »Und?«, fragt Jan erwartungsvoll.
    »Mmmmh, mmmh«, ist alles, was ich herausbringe, mein Mund ist viel zu voll.
    Als der letzte Krümel verputzt ist, sage ich befriedigt: »Das hat jetzt gutgetan! An die polnische Küche könnte ich mich echt gewöhnen.«
    »Und das waren nur Kleinigkeiten. Wart mal ab, bis du die richtigen Hauptgerichte probiert hast – und die Würste!« Der Stolz tropft Jan schon wieder aus jeder Pore.
    »Schon gut, schon gut«, wehre ich grinsend ab, »du hast mich längst überzeugt. Aber wie geht’s denn jetzt weiter? Wie finden wir Oma?«
    Jan zündet sich eine Zigarette an, stößt den Rauch aus und sieht ihm nachdenklich hinterher. »Im Dunkeln hat die Rumlauferei einfach keinen Sinn. Eigentlich sollten wir jetzt zur Polizei gehen. Ich meine – es wird Oma schon nichts passiert sein, sie ist ja sehr mobil und hat Bargeld dabei. Aber besser ist es vielleicht doch, wenn ab jetzt die Profis übernehmen, oder?«
    Ich schüttle den Kopf.
    »Jan, wenn wir jetzt zur Polizei gehen, war der ganze Zirkus für mich umsonst. Denn dann lochen sie zumindest mich gleich ein. Bitte lass uns weitersuchen!«
    »Na gut. Am besten, wir nehmen uns erst mal ein Zimmer. Im Kurviertel gibt’s ganz viele Hotels, und da waren wir auch noch nicht. Dann können wir morgen früh gleich weitersuchen.«
    Schlagartig sackt mir der Heringssalat bis in die Füße.
    »Ein Zimmer nehmen? Hier übernachten? Bist du irre? Ich muss heute noch nach Hause. Verstehst du? Heute noch!«
    Jan zuckt mit den Schultern. »Tine, wir werden sie heute nicht finden. Lass uns morgen

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