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Flitterwochen

Flitterwochen

Titel: Flitterwochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hertz
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Müsst ihr selbst wissen. Mein Bruder ist eben echt kinderlieb, aber das weißt du ja. Ich glaube, er hätte bestimmt gern eine Familie – na ja, entschuldige meine Neugier.«
    »Du, ich hätte auch gern mal eine Familie. Aber erst möchte ich mal die Zeit zu zweit genießen.«
    Karolina nickt verständnisvoll. »Natürlich. So lange kennt ihr euch nun auch wieder nicht.«
    Genau. Wenn sie wüsste, wie recht sie damit hat.
    »Insofern ist es natürlich gut, wenn Jan sich erst mal in Ruhe eine richtige Arbeit sucht. Oder habt ihr schon mal daran gedacht, dass du auch in Polen arbeiten könntest? Du bist doch Deutschlehrerin. Als Muttersprachlerin hast du hier bestimmt gute Chancen, eine Stelle an einer Schule oder an der Universität zu finden.«
    Ich schüttle den Kopf. »Nein, auf den Gedanken bin ich noch nie gekommen. Eigentlich gefällt’s mir an meiner Schule ganz gut, und ich verdiene auch nicht schlecht.«
    »Klar, ich sag ja auch nicht, dass du alles hinschmeißen sollst. Nur … vielleicht würde es sich lohnen, mal darüber nachzudenken.«
    »Aber ich spreche kein Wort Polnisch.«
    Karolina zuckt mit den Schultern. »Kann man alles lernen. Ist bestimmt für einen Deutschen nicht schwieriger, Polnisch zu lernen, als für einen Polen Deutsch. Ihr habt nämlich auch eine ziemlich schwierige Sprache, und trotzdem haben Jan und ich es doch ganz gut geschafft. Ich könnte dir Unterricht geben.«
    Genau. Ein Träumchen – Polnischunterricht bei Dr. Karolina. Schlimmer geht’s nimmer. Aber ich brauche mich überhaupt nicht reinsteigern, denn wie mir gerade wieder einfällt, bin ich ja gar nicht mit Jan verheiratet, es gibt also überhaupt keinen Grund, nach Polen zu ziehen, und demzufolge auch keinen, Polnisch zu lernen. Ich nicke also nur höflich.
    »Danke. Ich komme drauf zurück, wenn es so weit ist.« Am Sankt-Nimmerleins-Tag nämlich. Ich denke kurz nach und komme zu dem Ergebnis, dass man mit einem kleinen Wodka im Blut wahrscheinlich doch noch ganz gut Trabbi fahren kann, proste Karolina zu und kippe das Gesöff hinunter. Na zdrowie.
    Nach dem Essen folgt die wort- und tränenreiche Verabschiedung. Tante Małgorzata drückt mich ununterbrochen an ihren wogenden Busen, und man muss wirklich kein Polnisch verstehen, um zu begreifen, was sie mir alles sagen will. Bogumił hat mir sogar noch ein Abschiedsgeschenk mitgebracht. Der Form nach ist es ein Buch, und zwar ein ziemlich dickes. Der wird mir alter Atheistin doch nicht die Bibel unterjubeln? Seinem Grinsen nach zu urteilen liege ich mit meinem Verdacht richtig. Ist aber irgendwie niedlich. Ich bedanke mich artig mit einem Küsschen links und rechts auf seine Wange, und Bogumił wird ganz rot.
    »Hier«, sagt Karolina und gibt mir ein Lunchpaket. »Da ist auch etwas zu trinken drin. Ihr müsst darauf achten, dass Oma regelmäßig trinkt, dann hat sie auch weniger Aussetzer.«
    Ich verkneife mir die Frage, ob Karolina eigentlich nicht nur Gymnasiallehrerin, sondern auch examinierte Krankenschwester ist. Aber wahrscheinlich hat sie recht. Gerda jedenfalls freut sich über das Paket und will gleich mal hineinschauen – die Bemerkung mit den Aussetzern hat sie glücklicherweise nicht gehört.
    Als wir sie, das ganze Gepäck und uns selbst endlich im Trabbi verstaut haben, bin ich einerseits heilfroh, andererseits auch wehmütig. Vermutlich werde ich den Majewski-Clan so schnell nicht wiedersehen. Vielleicht auch nie wieder. Ich merke, dass mir dieser Gedanke einen Stich versetzt.
    »Hey, alles klar bei dir?«, will Jan wissen. »Du guckst so komisch.«
    Ich schüttle den Kopf. »Alles gut. Dann mal los. Nimmst du mal?« Ich drücke ihm meine Handtasche in die Hand, aus der noch Bogumiłs Geschenk rausragt.
    »Was ist das denn?«
    »Ein Abschiedsgeschenk von Bogumił. Ich glaube, die Bibel.«
    Jan grinst. »Echt? Darf ich mal gucken?«
    Ich nicke. Er reißt das Geschenkpapier auf und lacht. Es ist nicht die Bibel, sondern ein anderes Buch, das ich schon einmal bei Bogumił gesehen habe:
SEKS
.

19 . Kapitel

    H eiter geht es weiter. Auf der Fahrt unterhält Oma uns mit Kolberger Geschichten. Haarklein erzählt sie uns, was während unserer Abwesenheit alles passiert ist. Sehr blumig fällt ihre Schilderung davon aus, wie Karolinas Zwillinge versuchten, Onkelchen Bogumiłs Bart anzuzünden, als der Gute sich nach erhöhtem Wodka-Genuss zu einem Nickerchen zurückgezogen hatte. Jan und ich können uns vor Lachen kaum auf den Sitzen halten. Ja, ja, meine

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