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Flitterwochen

Flitterwochen

Titel: Flitterwochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hertz
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wenig an die Bar. Aber da die Techno-Beats eine Unterhaltung auch heute unmöglich machen und uns allen die Anstrengungen der letzten Woche in den Knochen stecken, gehen wir alle früh in die Heia.
    Diesmal hält mich das blinkende Neonlicht tatsächlich vom Schlafen ab. Unruhig wälze ich mich auf der quietschenden Matratze hin und her, tausend Gedanken schießen mir durch den Kopf. Morgen gehe ich zur Polizei. Morgen sehe ich Alexander wieder. Merkwürdig – ich habe weniger Angst, mich zu stellen, als davor, meinem Verlobten zu begegnen.
    Ich beschließe, noch ein wenig frische Luft zu schnappen. Das soll ja bekanntlich den Kopf wieder klar machen. Also schleiche ich durch das stille Haus, öffne die Tür und gehe hinaus, Richtung Wald.
    Hmm, ob das so eine gute Idee war? Es ist stockdunkel, ich kann kaum die Hand vor Augen sehen, und um mich herum knackt und rauscht es ziemlich unheimlich. Da! Direkt vor mir raschelt irgendetwas!
    »Jan?«, flüstere ich, »bist du das?«
    Ein Hüsteln, dann: »Kindchen, ich bin’s, Gerda. Kannst du auch nicht schlafen?«
    Langsam gewöhnen sich meine Augen an die Dunkelheit, und ich erkenne Oma Strelow, die am Wegesrand auf einem Baumstamm sitzt und auffordernd auf den freien Platz neben sich klopft.
    »Ich bin zwar hundemüde, aber das Geblinke von dem Schild nervt total«, erwidere ich, als ich mich neben sie setze.
    »Geht mir genauso, Kindchen.«
    Wir schweigen uns einen Augenblick an und lauschen den Geräuschen der Nacht. So Seite an Seite mit Oma ist alles schon weniger unheimlich. Plötzlich nimmt Gerda meine Hand und drückt sie sanft. »Danke, Tine«, sagt sie leise.
    »Wofür?«
    »Für die Fahrt nach Kolberg. Dass Heinzi jetzt wieder zu Hause ist, bedeutet wirklich alles für mich. Und ohne dich hätte ich das nie geschafft!«
    »Gern geschehen, es war mir ein Vergnügen!« Und das meine ich sogar ernst. Denn trotz der widrigen Umstände hatte ich irgendwie auch jede Menge Spaß.
    »Und mach dir keine Sorgen, Tine. Wenn wir zu Hause sind, kläre ich den ganzen Schlamassel auf. Du kannst dich auf mich verlassen!«
    »Das will ich auch schwer hoffen …«
    Jetzt kichert Oma plötzlich.
    »Was ist denn so lustig?«, will ich wissen.
    »Nicht lustig, sondern schön. Eure Hochzeit, meine ich. Das war wirklich ein rauschendes Fest!«
    »Stimmt, das war es.«
    »Ihr wart so ein schönes Paar. Wie füreinander gemacht. Ich finde sowieso, dass ihr gut zueinander passt, du und Jan. Auch im echten Leben! Dein komischer Alexander hat sich ja nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Da solltest du mal drüber nachdenken …«
    Abrupt stehe ich auf. Nein, ich möchte jetzt nicht mit Oma über mein verworrenes Liebesleben sprechen. Falsche Zeit, falscher Ort, falsches Thema.
    »Komm, Gerda, wir gehen schlafen.« Und mit diesen Worten führe ich sie ins Haus zurück.
     
    »Donnerlüttchen!« Oma ist beeindruckt, als wir am nächsten Morgen auf dem Parkplatz das Gefährt für unsere letzte Etappe in Augenschein nehmen. Vor dem
Waldschlösschen
steht ein veritabler mattschwarzer Hummer mit viel blinkendem Chrom und extra dicken Puschen. Eine Ludenschleuder, wie sie im Buche steht – und im Gegensatz zu unserem Trabbi ein echtes Großraumwunder. »Was der Dieter wohl so beruflich macht?«, raune ich Jan zu, als wir unser Gepäck verstauen. Der grinst nur vielsagend.
    Mit dem Versprechen, den Wagen auch wirklich und möglichst bald am verabredeten Ort abzugeben, verabschieden wir uns von unserer Puffmutti, die Jan mit einem »Dat du mir gut auf deine Mädels aufpasst!« kräftig auf die Schulter haut. Im Rückspiegel sehe ich, wie sie in ihrem Nachthemd vor dem Haus steht und uns nachwinkt.
    Die Fahrt nach Lübeck verläuft ungewöhnlich still. Jan rutscht auf seinem Sitz hin und her, und Gerda knibbelt auf der Rückbank an ihren Nägeln. Ich merke, wie auch ich immer nervöser werde. Was ich jetzt vor mir habe, wird kein Kindergeburtstag. Aber wird schon irgendwie gutgehen, versuche ich mich selbst zu beruhigen. In Wahrheit bin ich schließlich völlig unschuldig,
    Als wir endlich die Hansestadt erreichen, kurven wir mit unserem Mördergeschoss etwas ziellos durch die engen Straßen.
    »Auf welches Revier fahren wir denn jetzt?«, fragt Jan.
    »Weiß ich auch nicht«, antworte ich und fahre einfach noch ein bisschen weiter. Schließlich steuere ich die Polizeidirektion am Berliner Platz an. Geiselnahme ist schließlich Chefsache, finde ich. Es ist gar nicht so einfach, mit dem Hummer

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