Flitterwochen zu dritt
zum Auf stoßen zu bringen. Er ging auf und ab und horchte ständig, ob nicht ein Auto die Straße entlangkam.
Kurz vor halb acht klingelte das Telefon und brachte das Baby dazu, ein gewaltiges Bäuerchen zu machen und ihn vollzuspucken. “Tut mir Leid, wenn ich den falschen Moment erwischt habe, mein Lieber”, sagte Felicity Montgomery, als er ihr erklärt hatte, warum er ein wenig gequält klang. “Aber wenn ein Baby im Haus ist, ruft man eigentlich nie im richtigen Moment an. Ich will dich auch nicht aufhalten, ich möchte nur kurz Julia sprechen.”
“Ich auch”, sagte Ben vorsichtig. Er mochte Felicity, und er glaubte, dass sie unparteiisch wäre, wenn sie wüsste, in welchem Zustand seine Ehe war. Aber er sah auch keine Veranlassung dazu, aller Welt zu erzählen, dass er nicht die geringste Ahnung hatte, wo seine Frau war. Blut war schließlich dicker als Wasser, und dass seine Schwiegerfamilie Wind davon bekam, wie die Lage war, war das Letzte, was er brauchen konnte. “Sie ist heute Nachmittag ausgegangen und ist noch nicht wieder da.”
Das Schweigen am anderen Ende sagte ihm genug. Dann hatte Felicity sich so weit wieder gefasst und erwiderte: “Das ist merkwürdig. Ich dachte, sie würde von mir aus direkt nach Hause fahren.”
“Oh”, sagte er und versuchte krampfhaft, unbeteiligt zu erscheinen, “sie hatte erwähnt, dass sie noch einiges einkaufen wolle. Vielleicht ist sie in den Berufsverkehr gekommen.”
Um diese Uhrzeit, du Idiot? Du täuschst niemanden mit dieser Ausrede und vor allem keine so scharfsinnige Person wie Felicity!
“Nun, es ist nichts Dringendes”, erklärte Felicity. “Ich habe nur vergessen, ihr mitzuteilen, dass die Hochzeitsgeschenke in meiner Garage stehen, und ich wollte wissen, wann ich sie euch bringen lassen kann. Sag ihr, sie soll mich anrufen, wenn sie Zeit hat, Ben, und wir machen etwas aus.”
“Das mache ich, Felicity, und danke für deinen Anruf.”
“Gern. Gib dem niedlichen Baby einen Kuss von mir.”
“Mache ich”, versprach er und hörte mit Entsetzen, wie ihm die Stimme zu versagen drohte.
Vor Wut kochend legte er auf. Felicity, die keine Veranlassung hatte, auch nur einen Pfifferling um ihn zu geben oder um irgendwen, der zu ihm gehörte, konnte dem Baby gegenüber freundlich sein, aber seine Frau, die Frau, die vor Gott und der halben Oberschicht aus dem Westen Vancouvers versprochen hatte, in guten und in schlechten Zeiten zu ihm zu stehen, und die sich entschieden hatte, dieses Versprechen zu halten - diese Frau könnte sich nicht einmal überwinden, im selben Raum wie das Baby zu sein.
Ben nahm das Baby auf den anderen Arm. Er spürte den feuchten Fleck auf seinem Hemd. “Das ist heute das dritte Mal, dass ich rieche wie Milch, die eine Woche in der Nachmittagssonne gestanden hat”, erklärte er dem Jungen. “Wir müssen langsam mal daran arbeiten, Kleiner, dass du besser zielen lernst.”
Er hatte am Morgen eine Babywippe gekauft, eines von diesen Dingern, in denen ein Kind zufrieden und sicher saß, während die Eltern etwas anderes erledigen konnten. Nun brachte er sie in das Bad neben dem Elternschlafzimmer und setzte das Baby hinein.
“Ich mache dir ein Angebot”, sagte Ben, während er sich auszog. “Du bleibst zufrieden, während ich schnell unter die Dusche gehe. Dann gehen wir zurück nach unten, und du siehst mir zu, während ich mir eine Kleinigkeit zu essen mache. Wir Jungs müssen zusammenhalten, weißt du.”
Nur sollte es nicht so sein. Denn all diese Dinge waren für seine Eltern auch schwierig gewesen - und sein Vater hatte es häufiger vermasselt, als er, Ben, sich erinnern konnte. Und dennoch hatte seine Mutter bis zum bitteren Ende zu ihrem Mann gehalten. Er hatte gedacht, dass es bei Julia und ihm genauso wäre, doch nun stand er allein in einem Haus, das sie zusammen gekauft hatten, und hatte keine Ahnung, ob sie jemals wieder zurückkam.
Ich schäme mich für dich. Ich schäme mich … schäme mich
… Felicitys Worte klangen Julia im Ohr, als sie auf dem Highway 99 nach Süden fuhr. Immer wieder kamen ihr diese Worte in den Sinn. Sie verdiente die bedingungslose Liebe ihrer Großmutter nicht. Warum konnte sie dieselbe Großzügigkeit nicht Ben gegenüber zeigen? Und warum musste ein unschuldiges Baby den Preis dafür bezahlen?
Sie wusste die Antwort. Es lag nicht daran, dass sie das kleine Wurm nicht lieben konnte. Es lag daran, dass sie sich davor fürchtete. Nicht weil er nicht wirklich Bens Sohn
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