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Flitterwochen

Flitterwochen

Titel: Flitterwochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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vielleicht dreijährigen Schwester.
    »Auf die Veranda!« rief Lee mit nicht ganz echter Aufregung. »Wie schrecklich!« Die Kinder nahmen keine Notiz von ihrer Gastgeberin, sondern stellten den Hennen nach, die vor Angst so aufgebracht waren, daß sie geradewegs durch das Haus rannten, zur Hintertür wieder herauskamen und auf dem Stalldach Zuflucht suchten. Kathleen Estrade versuchte ohne Erfolg, ihren Sprößling zurückzuhalten, aber Mrs. Harvey sagte nur: »Sie sind so intelligent, die Kleinen. Ich war schon gespannt, was die lieben Kinder im Schilde führten. Ich dachte, sie wären im Haus. Ich erforsche gerne die kleinen Köpfchen, Sie nicht?«
    Lee war sich nicht so ganz sicher. Sie hatte das ungute Gefühl, daß die kleinen Köpfchen vielleicht ihre Schränke erforscht haben könnten, aber sie lächelte tapfer und sagte: »Eigentlich ja. Machen Sie sich keine Gedanken, Mrs. Estrade. Auf den Schuppen können die Kinder nicht klettern. Kommen Sie doch herein, Mrs. Harvey. Wie nett von Ihnen, mich zu besuchen.« Das Mädchen gab die hoffnungslose Verfolgung auf und kam zu ihnen hin, und Jane schoß es durch den Kopf, daß der verstorbene Mr. Harvey sehr blond und hübsch gewesen sein mußte, denn dieses Mädchen war völlig anders als seine gedrungene kleine Mutter. Ihr Benehmen war ebenso zurückhaltend wie das ihrer Mutter überschwenglich, und sie sagte nur ganz ruhig: »Die armen Hennen. Ich hoffe, Sie haben nichts gegen die Kinder. Sie sind schrecklich, aber wir mußten sie mitbringen. Wir werden versuchen, sie draußen zu lassen.«
    Ihr Ton war müde und resigniert, und Lee fand, daß sie teilnahmslos und erschöpft aussah, aber vielleicht wirkte sie nur im Vergleich mit der überströmenden Vitalität ihrer Mutter so. Sogar Lee spürte das Bedürfnis, sich angesichts dieses sprudelnden Wasserfalls in Schweigen zu hüllen. Die Kinder schienen unglücklicherweise die Rastlosigkeit ihrer Großmutter geerbt zu haben, denn sobald die Hennen außerhalb ihrer Reichweite waren, verschwendeten sie keine Zeit mehr an sie, sondern stürmten sogleich das Gehege der Lämmchen und begannen, diese süßen Haustierchen zu jagen. Mrs. Harvey sagte strahlend: »Sie sind so voller Leben. Ich halte nichts davon, Kinder in ihre Schranken zu weisen. Es ist besser, wenn sie selbst zu der Erkenntnis kommen. Finden Sie nicht auch, Mrs. Marsden?«
    Lee, die ein etwas ungutes Gefühl wegen der Lämmchen hatte, sagte lachend, daß es ganz von der Art dieser Erkenntnis abhinge, und dann zeigte sie den Weg ins Haus, das ausnahmsweise verhältnismäßig ordentlich war. Sie sagte stolz: »Dieses Zimmer haben wir gerade frisch tapeziert. Gefällt es Ihnen?«
    »Sehr gut«, sagte Kathleen höflich, aber ihre Mutter bemerkte etwas weniger taktvoll, daß es bei dieser herrlichen Aussicht wirklich nichts ausmache, wenn ein Zimmer etwas armselig aussehe, worauf ihre Tochter ihr einen Blick stiller Verzweiflung zuwarf und dann Lee anlächelte. »Alte Häuser sind etwas besonders Schönes, nicht wahr? Und Sie werden aus diesem ein Kleinod machen«, schloß sie.
    Lee dachte: Dieses Mädchen werde ich mögen, aber Mrs. Harvey ließ ihnen keine Möglichkeit, sich zu unterhalten. Sie lief auf Hochtouren. »Ich glaube kaum, daß Sie geistige Gesellschaft hier entbehren müssen«, bemerkte sie selbstgefällig. »Die Frauen der Farmer sind heute so viel gebildeter, nicht wahr? Sie selbst besitzen einen akademischen Grad, wie ich höre. Wie schön. Es ist ja so schade, daß Kathleen zu jung heiratete, um zur Universität zu gehen.«
    »Aber Mutter«, protestierte ihre Tochter. »Du weißt ganz genau, daß ich nie ein Examen bestanden hätte«, doch Mrs. Harvey sprach weiter:
    »Ein gebildeter Mensch mehr ist immer eine Bereicherung. Ein Ansporn für uns.«
    Der Gedanke an eine angespornte Mrs. Harvey erschreckte Lee, und sie sagte schnell: »Ich befürchte, ich entspreche gar nicht Ihren Vorstellungen. Ich bin weder klug noch gebildet.«
    »Unsinn. Ein akademischer Grad spricht für sich. Es war ein großer Kummer für mich, daß mein Sohn seine wissenschaftliche Karriere aufgeben und auf die Farm zurückkehren mußte. Er hat sich jedoch getröstet, indem er das Gelernte auf das Land anwandte, und ich glaube, Ihren Mann würde das Ergebnis interessieren. Ich hoffe, Sie werden uns bald einmal einen Besuch abstatten.«
    Lee wich dieser Frage schnell aus. Der Gedanke, Andrew in Mrs. Harveys Gesichtskreis zu führen, reizte sie zum Lachen. Sie bot den

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