Flitterwochen
enttäuschend Normales und Gesundes hatte Lee nicht erwartet. Jock strahlte sie sehr freundlich an und hieß sie in diesem gelobten Land mit biblischen Worten willkommen. »Und hier kommt die rechtschaffene Ehefrau, um das Echo meiner Worte zu sein.«
Neben ihrem außergewöhnlich großen Mann nahm sich Jean Macgregor fast wie ein Kind aus. Nur das seidige weiße Haar, das in einen festen Knoten zurückgekämmt war, verriet ihr Alter. Ihr Gesicht war beinahe faltenlos, rosa und gesund, und ihre Augen strahlten warme Güte aus. Lee fühlte sich ungeheuer erleichtert. Das war soviel besser als die überkandidelte Mrs. Harvey mit ihrem Bildungsgeschwätz.
»Natürlich müssen Sie mit zum Haus kommen, um anzusehen, was wir gemacht haben. Es ist noch nicht viel, weil ich am liebsten draußen auf der Farm bin. Finden Sie das schlimm?«
»Das ist gut. Ein Mann möchte eine Kameradin, kein Hausmütterchen, und Ihr Mann hat viel vor sich. Es ist gutes Land, aber der arme Alf hat es in den letzten Jahren verkommen lassen.«
Jean Macgregor würdigte sehr herzlich die Veränderungen im Haus, bewunderte die Tapeten und half, den Spirituskocher anzuzünden und Tee zu machen.
»Ich habe mir erlaubt, ein bißchen Gebäck mitzubringen. Vielleicht ist das eine kleine Abwechslung.«
»Das kann ich Ihnen versichern. Sie sollten nur mein Brot sehen. »Bevor ich den Abzug gefegt hatte, brachte Andrew mit einem Stück davon beinahe eine Henne um«.
»Sie werden sich bald an den Ofen gewöhnen, jetzt, wo er sauber ist. Heutzutage sind alle für Strom, aber ich meine, ein guter Ofen mit gutem Holz drin ist unschlagbar.«
Sie erzählte von ihren beiden Söhnen. Sie hatten sich nichts aus der Farm gemacht und Stellungen in der Stadt angenommen. Jetzt waren sie verheiratet, und es ging ihnen gut.
»Und warum auch nicht? Laß ihnen ihren Spaß, sage ich. Aber Jock nahm es zuerst zu schwer und sprach von Absalom. Das war, als er David bevorzugte.«
»David bevorzugte?« Lee staunte. Die sanfte monotone Stimme war ausdruckslos. Sie hätte ebensogut sagen können, daß er Zucker im Tee vorzog.
»Ja, Vater hält sehr viel von der Bibel, und ab und zu schätzt er den Begriff der Wiederfleischwerdung sehr. Einmal ist es der eine, dann wieder ein anderer. Es gab einmal eine Zeit, da bekam ich es mit der Angst zu tun, denn er begann mit dem Neuen Testament, und das ging nicht. Es kam zu hart an den Rand der Blasphemie, denn wer wußte, wo er haltmachen würde? Aber jetzt hat er das aufgegeben, und er macht sich keine Gedanken mehr, obwohl er zuweilen noch sagt: >Wehe dieser Generation<, wenn die Amerikaner wieder eine Bombe gezündet haben. Aber schließlich haben wir alle unsere kleinen Marotten, oder nicht?«
»Aber natürlich«, stimmte Lee ihr eilig zu und erstickte einen starken Lachreiz. »Wie herrlich, jemanden zum Tee hier zu haben. Mrs. Harvey ist vorbeigekommen, aber sie ist nicht zum Tee geblieben, und Mr. Knight hat hereingeschaut, aber er hat nur ein paar Kekse gegessen, da ich gerade wieder verunglücktes Brot gebacken hatte.«
»Was Sie brauchen, sind ein paar junge Menschen. Mr. Knight ist ein feiner Mann und ein guter Pfarrer, aber bei dieser großen Gemeinde ist er ständig unterwegs. Da ist noch die hübsche Mrs. Estrade, aber sie kann sich nur schwer von ihrer Mutter losmachen. Donald ist ein netter Junge, aber völlig von seiner Farm in Anspruch genommen. Man sagt, er hätte Wissenschaftler werden wollen, und jetzt geht er ganz in seinen Experimenten mit dem Weideland, der Oberdüngung, dem Unterboden und all dem auf. Was er auch gelernt haben mag, er hat aus der Farm etwas gemacht. Als sein armer Vater ums Leben kam, war sie dem Bankrott nahe gewesen. Ich glaube aber kaum, daß Sie Donald häufig sehen werden, obwohl er ein feiner Kamerad ist. Eine kleine Nichte von mir soll jeden Tag aus Schottland ankommen, aber das ist so ein kleines Mädchen von einer Farm, wahrscheinlich nicht so ganz Ihr Fall. Einsam fühlen Sie sich doch nicht, Kindchen?«
»O nein, obwohl ich Ihre Nichte ganz bestimmt mögen werde, wenn sie nur ein bißchen so ist wie Sie. Aber einsam werde ich mich nie fühlen. Draußen gibt es noch soviel mit Andrew zu tun, und dann haben wir den herrlichen Wald und das Meer. Ich bin vollkommen glücklich.«
»Dann machen Sie das Beste aus diesem Leben. Das Leben ist schön, wenn Sie und Ihr Mann alleine sind. Jock und ich, wir genießen gemeinsam unser Alter. Und ich habe so das Gefühl, daß Sie nicht
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