Flitterwochen
genützt«, kommentierte ihr Vetter rücksichtslos, »doch der Himmel steh uns bei, wenn du zu experimentieren anfängst«, aber Sally schnitt ihm nur eine Grimasse und ging dann mit dem Notizbuch in der Hand zum Telefon, um das genaue Verfahren und die benötigten Zutaten genau aufzuschreiben.
Auch am nächsten Morgen hatte ihre Begeisterung noch nicht nachgelassen, und so machten Sally und Dennis sich schon früh am anderen Morgen nach Ruru auf, mit einer umfangreichen Lebensmittelaufstellung von ihrer Gastgeberin versehen und mit Sallys eigener, privater Liste der zur Seifenherstellung notwendigen Zutaten.
»Warum hast du sie nicht daran gehindert?« murrte ihr Vetter seine Frau an. »Das Mädchen wird wahrscheinlich das Haus in Brand stecken. Obwohl sie immer über Hauswirtschaft spricht, habe ich sie noch nie ein Spiegelei machen sehen. Wie kommt sie nur auf die Idee, daß sie Seife machen kann?«
Worauf Lee mit zwingender Logik antwortete, sie wisse wirklich nicht, was ein Spiegelei mit Seife zu tun habe, und es sei ein Jammer, daß Andrew immer so schwarz sehe. Das könne eine Ehefrau manchmal zur Verzweiflung bringen.
10
Dann begann ein endloses Hin und Her wegen der auszuwählenden Shakespeare-Szenen. Sally, Lawrence und Dennis fühlten sich hier auf vertrautem Grunde. Die Meinungen über die Auswahl waren geteilt, aber ein Punkt stand fest: Sie würden nicht Stunden damit zubringen, etwas Neues zu »ochsen«. Es mußten Szenen sein, die sie schon früher einmal gespielt hatten.
»Warum nicht die Balkonszene aus Romeo und Julia?« fragte Lee, denn sie erinnerte sich, daß das einer von Dennis und Sallys großen Erfolgen gewesen war.
»Aber nicht an einem heißen Abend im Kino von Ruru mit Sally als Julia«, erwiderte Dennis mit uneingeschränkter Offenheit.
»Diese selbstgemachten Balkone wackeln immer und lassen einen schließlich ganz im Stich. Auf dem Höhepunkt der Leidenschaft lassen sie einen dann Julia in die Arme fallen.«
»Aber das Publikum wäre hell begeistert.«
»Das Publikum vielleicht, aber ich nicht. Außerdem ist Sally überhaupt nicht für die Julia geeignet. Ja, ich weiß, daß sie damals gut war, aber die Beleuchtung war hervorragend und die Schminke auch. Im Kino von Ruru aber, wo irgendein Stümper grelles Rampenlicht zusammenbastelt und sie sich ungeschickt selbst schminkt, würde es einfach nicht hinhauen. Ja, wenn es Kathleen Estrade wäre oder auch Kitty. Wahrhaftig, Kitty wäre eine Julia.«
Hier brach Kitty in Gelächter aus. »Ich könnte all diese Seiten nie lernen, und dann denkt mal an meinen Onkel. Er würde wahnsinnig, wenn ich im Mondschein auf einem Balkon mit einem jungen Mann flirten würde. Er würde wahrscheinlich alles kurz und klein schlagen.«
»Wie Simson bei den Philistern; war es nicht der Kinnbacken eines Esels?« fragte Lee völlig unvermittelt.
Kitty dachte ganz praktisch. »Hier gibt es zwar keine Esel, aber ich habe schon einige Kieferknochen gesehen, die einmal zu Rindern gehörten, und wenn mein Onkel sie in die Finger bekäme, könnten sie ziemlich gefährlich werden.«
»Wie schade, denn du hättest eine herrliche Julia abgegeben«, sagte Sally völlig unbeeindruckt von Dennis abfälligen Bemerkungen.
So wurde Romeo und Julia gestrichen, und die Diskussion immer hitziger, denn die Wahl blieb ausschließlich auf die Stücke beschränkt, die die Hauptdarsteller schon einmal gespielt hatten.
»Nicht, daß ich mich drücken möchte, bemerkte Dennis, »aber es ist sinnlos, für einen einzigen Abend seitenlange Texte zu büffeln.«
Sally schenkte dem behandelten Thema keine ungeteilte Aufmerksamkeit, denn ihr Gewissen erinnerte sie daran, daß irgend etwas wegen der Seife geschehen mußte. Schon jetzt bedauerte sie ihre verfehlte Begeisterung, hatten doch sie und Dennis in Ruru jeden Laden nach Harz abgeklappert, bis sie schließlich in einer Ecke zwischen Spinnweben welches fanden, das dort jahrelang vergessen gelegen hatte. Soda hatte es zu kaufen gegeben, aber bei Borax war es wieder schwierig geworden.
Wenn auch ihr Verlangen, selbst Seife zu sieden, schon nicht mehr so groß war, hatte Sally sich doch verpflichtet gefühlt, die Suche fortzusetzen. Und schließlich fand Atkins, der schielende Ladenbesitzer, ein kleines Päckchen mit der Aufschrift »Gift«, in dem seiner Aussage nach aber mit Sicherheit Borax war.
»Eigentlich habe ich es gefunden, und auch das nur, weil dort so eine schreckliche Unordnung herrscht; jedesmal,
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