Flitterwochen
stattfanden, und die einzige Schwierigkeit war, mich verständlich zu machen. Das Telephon ist ein Instrument, das ich immer skeptisch betrachtet und abgelehnt habe, aber jetzt merke ich, daß es auch nützlich ist.«
Alle lachten, und Sally sagte: »Und wir dachten, wir seien alle tüchtig. Na ja! Und wann findet die erste Ausfahrt in Ihrem Auto statt, Miss Connor? Und — wir wollen ja nicht neugierig sein, aber wer fährt es denn? Ich nehme nicht an, daß Sie zufällig Ihren Führerschein machten, während wir mit dem alten Shakespeare beschäftigt waren?«
Hester lächelte. »Nein, das habe ich nicht versucht. Außerdem hättet Ihr vielleicht meine Abwesenheit nicht bemerkt, aber bestimmt meine Rückkehr, wahrscheinlich mit einem gebrochenen Bein. Nein, ich kann nicht fahren, und ich werde noch irgendeinen freundlichen Menschen finden müssen, der das übernimmt.«
Ihr Blick ruhte vielsagend auf Dennis, und der junge Mann bekam einen hochroten Kopf. Da ihm die Worte zu fehlen schienen, sagte Miss Connor: »Sie sprachen eben davon, daß Sie das Land näher kennenlernen wollten, Mr. Major. Sie haben davon gesprochen, per Anhalter zu fahren, wie Sie es nannten.«
Es war Hesters Persönlichkeit zuzuschreiben, daß niemand lächelte, und sie redete gelassen weiter: »Wenn es Sie nicht fürchterlich langweilen würde, eine alte Frau zu fahren, wäre ich glücklich, Sie hinter dem Steuer zu sehen. Es würde natürlich, wie ihr sagt, auf >meine Rechnung< gehen, und ich wäre trotzdem tief in Ihrer Schuld.«
Dennis sprang erregt auf. »Ich muß sagen«, begann er. »Ich muß sagen...«
Aber Hester unterbrach ihn mit einer ihrer würdevollen Gesten: »Sagen Sie gar nichts. Lassen Sie sich nicht, ohne gründlich zu überlegen, auf eine vielleicht äußerst langweilige Reise ein, und denken Sie daran, daß ich nicht Ihr einziger Fahrgast sein werde. Parsival ist auch noch da. Nicht, daß ich Grund zu der Annahme hätte«, fügte sie schnell hinzu, »daß er dazu neigt, reisekrank zu werden, aber trotzdem...«
13
Alle fanden die Weihnachtsparty herrlich. Vielleicht strengte sich das Privathotel auch besonders an, weil Professor Meredith ein beliebter Gast gewesen war. In Anbetracht des seltenen Anlasses hatte man sogar für ein »Nebenzimmer« gesorgt, ein Raum, der sonst dem Besitzer als Wohnzimmer diente. Am Schluß des tadellos zubereiteten Abendessens meinte Lee, sie wette, daß es das beste Essen sei, das ihre Gäste genossen hatten, seit sie in diesen Teil der Welt gekommen waren.
Bei allen Gästen entstand ein etwas verlegenes Schweigen, und dann sagte Tante Hester taktvoll, daß ihrer Ansicht nach keine kulinarische Perfektion die stillen Freuden, die ein Familienkreis biete, aufwiegen könne. Bei diesem Lob blickte Andrew, der immer bereit war, seine junge Frau zu verteidigen, wieder besänftigt drein; als er jedoch seine Augen um den Tisch schweifen ließ, war offensichtlich, daß er wehmütig diesen stillen Freuden nachdachte.
»Morgen wollen wir uns ausruhen und einmal nichts tun«, schlug Lee vor. »Keine Shakespeareproben, kein Kulissenmalen oder Kostümprobe. Es sind noch vier Tage bis zur Generalprobe, und ihr könnt alles so gut, daß ihr euch nur müde macht.«
Die leidenschaftlichen Schauspieler zogen skeptische Gesichter, sie gingen jetzt so in ihren Rollen auf, daß ihnen dieses Programm nicht zu gefallen vermochte. Sally erwiderte: »Tja, ich weiß nicht. Wie ist es mit der Gerichtsszene?«, aber Andrew unterbrach sie. Er fand, daß Lee in den letzten Tagen müde ausgesehen hatte, er wollte am nächsten Morgen mit ihr reiten gehen.
»Wenn ihr das dumme Stück wirklich nochmal proben müßt, warum geht ihr dann nicht an den Strand oder auf die Koppel?« schlug er nicht allzu höflich vor. »Wir könnten einen Tag Erholung nämlich brauchen.«
Sie sollten ihn nicht bekommen. Als Lee um zwölf Uhr nach einem herrlichen zweistündigen Ritt zurückkam, empfing Professor Meredith sie mit entschuldigender Miene.
»Während Sie weg waren, haben wir ein Ferngespräch bekommen. Eine Dame, Miss Jordan, Miss Cynthia Jordan hat angerufen. Es ist wohl eine gute Freundin von Ihnen.«
Lee sah entsetzt aus. Das war die Rache, wie Sally es prophezeit hatte; aber nicht nur Lawrence, sondern auch sie würde leiden.
»Sie ist keine gute Freundin, aber ich kenne sie natürlich. Was wollte sie?«
»Das weiß ich nicht so ganz genau, aber ich habe es so verstanden, daß sie auf dem Weg hierher ist.«
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