Flitterwochen
wieder aufgenommen. Nur Lee zerbrach sich noch den Kopf über das Geheimnis. Es verfolgte sie, und sie wachte in kühler Dämmerstunde auf, um ärgerlich zu sagen: »Ich frage mich, wo sie jetzt sind.«
»Wo wer ist?« brummte ihr Mann verschlafen.
»Hoogendam und Gefolge. Haben sie sich verirrt oder gibt es sie nicht? Lieber Himmel, wenn wir das nur wüßten. Und ich glaube kaum, daß wir es je erfahren werden. Wie ein Buch mit sieben Siegeln.«
Da hatte Lee recht. Das Geheimnis von Hoogendam und Gefolge wurde nie gelöst. Am nächsten Tag wurde das Familiensilber wieder in die Koffer gepackt; die Servietten, die aus Rücksicht nicht benutzt worden waren, wurden zusammengefaltet und mit Lavendel versehen weggepackt, und die kunstvollen Platzdeckchen kehrten in ihre Schachtel zurück. Nur die Tatsache, daß ein Dutzend Eier hastig verschwendet worden war, sollte sie noch an Hoogendam erinnern.
Die Proben liefen jetzt auf Hochtouren. Am Weihnachtstag dämmerte ein heißer Morgen herauf, und Lee hielt ihr Versprechen. Es gab keine Hausarbeit. Jeder mußte selbst für sein Mittagessen sorgen, und Lee erklärte unerbittlich, sie würde für niemanden Brot schneiden, denn dadurch würde ihr Versprechen gebrochen. »Es ist auf jeden Fall besser, sich den Hunger bis heute abend für ein Essen aufzuheben, das weder von Sally noch von mir gekocht ist.«
Die Männer kochten das Blechgeschirr aus, und nun saßen alle im Schatten eines hohen Teebaumhains über dem Strand. Sie schwammen, aßen und dösten, und das Ganze wäre völlig friedlich abgelaufen, wäre nicht von Zeit zu Zeit einer aufgesprungen, um ohne ersichtlichen Grund irgendeine Shakespearerolle zu deklamieren und sich dann gelegentlich in ein leidenschaftliches Streitgespräch über die Art des Vortrags einzulassen.
Als einen kurzen Augenblick lang Ruhe herrschte, überredeten sie den Professor, seine knappen und ausgezeichneten Anmerkungen zu den einzelnen Szenen vorzulesen; sogar Andrew hörte zu und merkte zum ersten Mal, worum es ging. Alle waren eigentlich herrlich entspannt, und niemand horchte auf, als Lee verträumt sagte: »Stellt euch mal vor, wenn Hoogendam und Gefolge heute ankämen.«
Grant sagte jetzt: »Weihnachten. Heute in einer Woche ist Neujahr.«
»Neujahr pflegt immer eine Woche nach Weihnachten zu sein«, meinte Lawrence spitz. Er war ausnahmsweise schlechter Stimmung, weil Kitty ihn aus irgendeinem Grund zu meiden schien und beim Schwimmen Grants Gesellschaft suchte.
»Ich meine ja nur«, erklärte Grant entschuldigend, »daß die Aufführung dann vorbei ist und wir alle im Aufbruch sein werden. Es ist mir unbegreiflich, wie Lee und Andrew uns so lange ertragen konnten.«
Lee murmelte etwas wenig Überzeugendes und Zusammenhangloses, aber Andrews Schweigen war schrecklich beredt. Alle begannen jetzt, Pläne zu schmieden, fast, als wären sie plötzlich aus einem langen Traum erwacht und wieder aktiv geworden. Der Professor sagte, er beabsichtige, an Neujahr abzureisen, da ihm sein Knöchel keine Beschwerden mehr verursache. Lee äußerte Bedenken wegen des starken Straßenverkehrs an diesem Tag und bemerkte plötzlich Andrews bösen Blick. Der angesprochene Gast dankte ihr jedoch sehr herzlich, aber er sagte, er habe sich vorgenommen, morgens abzureisen und am nächsten Tag in die Stadt weiterzufahren. Er habe in einem Motel an der Straße schon ein Zimmer bestellt.
Das Beispiel machte Schule. Sally sagte: »Dennis und ich müssen auch sofort fahren. Zumindest ich muß abreisen. Wie steht es mit dir, Dennis? Du wolltest doch per Anhalter zur Südinsel fahren, oder?«
»Ja, ich möchte vor meiner Abreise etwas mehr vom Land sehen, und das scheint die einzige Möglichkeit zu sein.«
»Wie geht die spannende Reise vor sich?« fragte Miss Connor. »Per Anhalter — sagt man so?«
Sie erklärten es ihr, aber ihr Blick war mißbilligend, und sie sagte, sie hielte das für äußerst problematisch und unbequem. »Ich habe, wie ihr wißt, selbst vor, in den Süden zu reisen, aber ich hoffe, mit dem Auto zu fahren.«
Lee sah sie erstaunt an. »Aber liebe Tante Hester, du kannst doch gar nicht fahren und hast kein Auto. Ich dachte, du würdest fliegen oder einen Bus nehmen.«
»Das wollte ich, bevor ich Parsival aufgelesen hatte«, antwortete Tante Hester ernst, und als sein Name fiel, krabbelte der kleine Hund auf ihren Schoß und sah sie bittend an. »Er hat sich jetzt so an mich gewöhnt, daß ich ihn nicht verlassen kann, und
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