Flitterwochen
Abgang, bei dem Katharina Petruchios Ohren ziemlich wüst mißhandelte, brachte das Haus zum Rasen.
»Ein guter Start ist alles«, murmelte Sally, als sie zurückeilte, um schnell in Nerissas Gewand zu schlüpfen. Ihr Gesicht war triumphgerötet, sie war fröhlich und lachte und stieß dabei heftig mit einem Mann zusammen, der beim Kulissentragen half. Sally wäre über ihr Gewand gestolpert und gefallen, hätte sie nicht ein Arm gehalten und sie wieder auf die Füße gestellt. Eine Stimme flüsterte ihr ins Ohr: »Ich hörte, du seist rauh und wild«. Eine Sekunde zögerte sie, und es schien, als wolle sie auf die Neckerei mit Gelächter antworten. Doch dann erstarrte sie, trat zurück und zitierte gereizt: »Wo habt Ihr die gelehrte Red erlernt?« und ehe Donald mit einem weiteren Zitat zurückschlagen konnte, wie er es gerne getan hätte, war sie hinter dem Vorhang verschwunden.
Nach dieser lustigen Szene war es zunächst ziemlich schwierig, das Publikum auf die Gerichtsszene einzustimmen. Es gab zwangsläufig laute Kommentare, als die Anklagebank von der Polizeiwache sichtbar wurde, und es fielen einige respektlose Bemerkungen, als das Publikum seinen Pfarrer in dieser Umgebung erkannte. Die Freude und Begeisterung, mit der sie ihren Polizisten begrüßten, war so groß, daß sich Palmer gezwungen sah, die Stirne zu runzeln und die Hand des Gesetzes zu erheben, bevor er seine ersten Worte sprechen konnte: »Und hier, so glaub ich, kommt der Doktor schon«.
Mit Portias Erscheinen wurden die lebhaften Gemüter im Publikum dann stiller. Inzwischen war es Lee gelungen, in den Saal zu schlüpfen, um Robin und Joan zu zügeln, die Portias Auftritt mit einem vergnügten Quietschen »Mammi — da ist Mammi« begrüßt hatten. Kathleens Schönheit überraschte Lee erneut. Kein Wunder, daß sein ganzes Herz aus Antonios Augen sprach, als er das große blonde Mädchen ansah, die so glaubwürdig sprach und so ruhig, so vernünftig um Gnade bat. Lee seufzte erleichtert. Nicht einmal der Anblick der allzu vertrauten Anklagebank, noch das laute Geleier des Polizisten, der aus den Kulissen ab und zu hörbar vorgesagt bekam, konnten der Würde und Leidenschaft dieser berühmten Szene Abbruch tun. Ihre Wirkung war durch nichts mehr zu beeinträchtigen.
Aber hier trat wie gewöhnlich das Schicksal dazwischen. Die Szene ging fast ihrem Ende zu, die Spannung war auf ihrem Höhepunkt angelangt, Palmer hatte feierlich, wenn auch etwas schleppend mit seinem letzten Einsatz begonnen und war soeben bei den Worten »Dein halbes Gut gehört Antonio« angelangt, als ein leichtes Handgemenge an der Tür entstand und sich eine aufgeregte Stimme vernehmen ließ: »Ich sag doch, der Polizist wird gebraucht. Da bringen sich ‘n paar um.«
Beim Klang dieser unheilvollen Worte verlor der Doge den Faden. Er blickte verzweifelt um sich, vergaß dann Shylock und Antonio völlig und sagte: »Wo ist das? Ich werde es ihnen zeigen«, und verschwand ohne Zögern von der Bühne, zur großen Überraschung des Publikums und zur schnell unterdrückten Belustigung der Schauspieler.
Einen Augenblick lang herrschte Verwirrung. Dann kam Lawrence herein, langsam und würdevoll, und sprach Shylocks Text: »Nein, nehmt mein Leben auch, schenkt mir das nicht«, und es sprach sehr für sein Talent, daß die Belustigung nachließ, und alle Antonios Antwort und den letzten tragischen Worten von Shylock: »Ich bitt, erlaubt mir, weg von hier zu gehn: Ich bin nicht wohl« still zuhörten.
Brausender Applaus brach los, als die Szene zu Ende war. Nachdem der Professor vor den Vorhang getreten war, um eine Pause von zehn Minuten anzukündigen, meinte er leise zu Miss Connor, er würde gerne wissen, was geschehen sei; Palmer hätte es wohl nicht ganz leicht, sich mit Dogengewand und falschem Bart durchzusetzen.
Hinter den Kulissen herrschte eifrige Geschäftigkeit. Die Anklagebank verschwand, die Waldkulisse trat an die Stelle des Gerichtssaals, die Aspidistras wurden trotz Lawrences Einwänden aufgestellt, und die Schauspieler zogen sich schnell um. Lee half wieder fleißig hinter den Kulissen, und Robin und Joan, die ihre Freiheit wiedererlangt hatten, führten eine kleine Gruppe von Maori-Kindern an, mit denen sie wild den Gang hinauf-und hinunterschlitterten.
Wie groß die Begeisterung für die Aufführung war, zeigte sich daran, daß das Publikum rechtzeitig, mit zerfließendem Eis in den heißen Händen, seine Plätze wieder eingenommen hatte.
Schnell und
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