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Flora Segundas magische Missgeschicke

Flora Segundas magische Missgeschicke

Titel: Flora Segundas magische Missgeschicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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noch einen Whiskey eingeschenkt hatte, ließ sie sich am Schreibtisch nieder und setzte ihre Brille auf.
    Ich liebe das Siegeln, also zog ich mir einen Stuhl herbei und setzte mich neben sie. Es liegt etwas zutiefst Befriedigendes in einem perfekten Wachsabdruck; es braucht dazu mehr Geschick, als man glauben möchte. Leutnant Sabre, der inzwischen zurückgekehrt war, öffnete Ordner und raschelte mit Papier. Meine Mutter spitzte ihre Schreibfeder. Ich zündete die Gaslampe an und stellte den Wachstiegel in die Flamme. Das Siegelwachs der Armee stinkt nach Storax, bitter und scharf, aber ich mag den Geruch.
    »Also gut, Aglis, fangen wir an. Wir verschwenden kostbare Zeit.«
    Leutnant Sabre las vor: »Sergeant Micalah Tsui Sanford, Zweites Stutzerregiment. Anklage: Insubordination. Einzelheiten: erstens: Am 15. Flores stellte sich Sergeant Sanford in betrunkenem Zustand auf den Esstisch im Mannschaftsraum und sang: ›Hühnchen auf dem Floß‹, zur Schande und zum Schaden der Armee. Zweitens: Als ihn sein vorgesetzter Offizier, Leutnant Felix Boyd aufforderte, vom Tisch zu steigen, nannte Sergeant Sanford Leutnant Boyd einen dickköpfigen, plattfüßigen …«
    »Nur das Urteil, bitte«, sagte Mama hastig.
    »Mama!«, protestierte ich.
    »Bleib, solange es geht, unschuldig und naiv, mein
Liebling. Fahren Sie fort, Aglis, und überspringen Sie die schmutzigen Details.«
    »Ich bitte um Verzeihung, Generalin. ›Urteil: Sergeant Sanford möge in Schande aus dem Dienst entlassen werden. Empfehlung des Staatsanwalts: Urteil bestätigen.‹«
    »Ich stimme dem zu. Bitte schreiben Sie: Sergeant Sanford wird zu dreißig Tagen Zwangsarbeit bei Brot und Wasser verurteilt und dann unehrenhaft entlassen. Wenn es eins gibt, was ich nicht leiden kann, ist es Insubordination. «
    Leutnant Sabre schrieb und reichte meiner Mutter dann das Dokument. Sie tauchte die Feder ein und ließ sie dann über das Papier gleiten. Mamas Unterschrift ist reich verziert und geschwungen. Egal, wie sehr ich es auch versuche, mein F wird nie so rund wie ihres. Wenn ich etwas für die Schule unterschreiben lassen muss, fälsche ich immer Poppys Unterschrift, die nur aus einem wackeligen Gekritzel besteht und leicht nachzumachen ist.
    Meine Mutter reichte mir das Dokument und ich legte Löschpapier auf ihre Unterschrift, ganz vorsichtig, damit die Tinte nicht verschmierte. Das Wachs war schon flüssig. Es ist eine Kunst, dafür zu sorgen, dass es beim Ausgießen nicht spritzt, aber ich habe jahrelange Erfahrung und somit keinerlei Probleme. Ich bin eine Meisterin im Siegeln.
    »Ich brauche dein Siegel, Mama.«
    Sie nestelte an ihrer Westentasche herum. Meine Mutter trägt ihr Siegel an einer Uhrenkette bei sich, und als sie es mir zuwarf, war es noch warm von ihrem Körper. Ich goss einen kreisrunden Wachsfleck
auf das Dokument und drückte das Siegel vorsichtig hinein. Das Siegel der Armee von Califa ist das gleiche wie das Siegel des Warlords – fünf Pfeile, von einem Band zusammengehalten. Als Abdruck in Wachs sieht es schön aus, sehr gleichmäßig und rund.
    »Du trödelst, Liebling«, sagte Mama und schob mir ein weiteres Dokument zu.
    »Und du fängst an zu kritzeln«, sagte ich. »Die Unterschrift könnte jedem gehören.«
    »Aber das Siegel nicht.« Sie kratzte mit ihrer Feder über das Papier und tropfte mit der Tinte. »Eins, zwei, drei.«
    Ich trocknete die Tinte und siegelte. Manchmal sind Kriegsgerichtsurteile ziemlich interessant – wenn es um Mord oder Körperverletzung geht –, aber diesmal war es nur langweiliges Zeug: betrunken im Dienst, Ungehorsam gegenüber Vorgesetzten; einer hatte die Katze des Hauptmanns getreten. Nichts Deftiges, überhaupt nichts. Soldaten dürfen nur wenig tun, was Spaß macht, und wenn sie sich einem Befehl widersetzen – egal, wie dämlich er sein mag –, sind sie dran. Es gab einen Sergeanten, der dreißig Tage lang Wache schieben musste, weil er schmutzige Knöpfe hatte (Mama begnadigte ihn), und einen Korporal, der vier Monate bei Wasser und Brot einsitzen musste, weil er seinem Kommandeur widersprochen hatte (Mama verdonnerte ihn zu einem weiteren Monat und ließ ihn noch dazu auspeitschen). Es war nichts Interessantes darunter, und mittlerweile hatte sich mein Bauch vor lauter Leere schmerzhaft verkrampft.
    »Halte durch, Flora. Wir sind gleich fertig.« Meine
Mutter schob mir ein weiteres Dokument zu. »Wo bleibt bloß Aglis mit den Papieren?«
    Leutnant Sabre hatte den Raum verlassen, kehrte

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