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Flora Segundas magische Missgeschicke

Flora Segundas magische Missgeschicke

Titel: Flora Segundas magische Missgeschicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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vergisst solche Ereignisse fast immer in dem Augenblick, in dem sie vorbei sind. Ich hatte die Hoffnung, dass er auch Valefor vergessen hatte.
    »Das freut mich zu hören.« Meine Mutter wischte sich den Rest des Lippenstifts mit einem Taschentuch ab. Jetzt sah sie wieder aus wie Mama. Sie ist nicht ausgesprochen schön, nicht wie die Warlady oder die hochherrliche Schulleiterin, aber in meinen Augen ist sie mehr als schön. Sie hat eine leichte Hakennase, weil die Nase schon zweimal gebrochen war, einmal beim Duell und das zweite Mal beim Rodeo, aber der Buckel auf dem Nasenrücken verleiht ihrem Gesicht Charakter. Ihre Augen sind lebhaft und grün und ihre kurzen Locken haben die Farbe von Honig und kräuseln sich kein bisschen. Unglücklicherweise habe ich das meiste von Poppy geerbt, zum Beispiel das spitze Kinn und den grimmigen Mund.
    »Wie steht es mit deinen Vorbereitungen?«, fragte meine Mutter. Sie schaute an mir vorbei zur Tür, als ob sie in Eile oder durch etwas abgelenkt wäre.
    Ein kleiner Nadelstich aus Schuld durchzuckte mich. »Prima, Mama.« Glücklicherweise war Valefor für mich eingesprungen. Er hatte sogar die Tamales gebacken, was ganz phänomenal war, weil ich Kochen und Backen hasse wie die Pest.

    »Hast du die Einladungen abgeschickt?«
    »Ayah, Mama.«
    »Das freut mich zu hören«, sagte sie. »Wo bleibt dieser Sabre bloß? Hör zu, Liebling, willst du schon zum Essen vorgehen und wir treffen uns dort? Ich muss noch ein paar Dinge erledigen, und die können einfach nicht warten.«
    Das Schuldgefühl wich einer resignierten Gereiztheit. Ich weiß nicht, wie oft mir das schon passiert ist: Ich bin mit meiner Mutter zum Essen verabredet, sie schickt mich voraus und versichert mir , dass sie bald komme, und dann sitze ich allein im Offiziersklub und schimmle vor mich hin, bis sie entweder gerade noch rechtzeitig zum Nachtisch herbeihetzt oder irgendein pickeliger Adjutant aufkreuzt und mir die Grüße der Generalin ausrichtet, aber sie sei leider verhindert. Dann muss ich mich allein auf den Heimweg machen. »Mama, das sagst du jedes Mal und nie kommst du! Ich habe schon stundenlang auf dich gewartet, und du warst eine Ewigkeit weg!«
    Während ich mich noch beklagte, trat Leutnant Sabre ein, mit noch mehr Päckchen, und mein Herz sank mir bis in die Kniekehlen. Es würde Stunden dauern, sie alle durchzusehen; ich konnte genauso gut gleich nach Hause gehen. Vor Kurzem noch hätte mich dieser Gedanke erfreut, aber plötzlich fühlte ich mich allein und verlassen.
    Mama seufzte und rieb sich die Sorgenfalten zwischen den Augen. »Aglis …«
    »Madama?« Leutnant Sabre schlug die Hacken zusammen und hätte beinahe salutiert. Meine Mutter hat einen entsetzlichen Verschleiß an Adjutanten.
Normalerweise lässt sie sie bis zum Umfallen schuften, und die meisten halten nur wenige Wochen durch. Leutnant Sabre war schon fast zwei Monate bei ihr und seine Manieren waren so tadellos und seine Haltung so gerade, dass er mir beinahe übermenschlich erschien.
    »Ich werde mich nach dem Essen um die Päckchen kümmern. Liegen die Papiere zur Unterschrift bereit? Sie sollten jetzt fertig sein.«
    »Ich werde mich sofort darum kümmern, Madama Generalin.« Diesmal salutierte Leutnant Sabre tatsächlich, drehte sich auf dem Absatz um und marschierte im Stechschritt aus dem Zimmer. In der Armee gibt es ein Sprichwort: Ein Mann, der mit Leib und Seele Soldat ist, steht auch beim Pinkeln stramm. Wenn es je einen Offizier gegeben hatte, auf den diese Beschreibung zutraf, ist es Leutnant Sabre. Ich wette, er trägt sogar in der Badewanne seinen Hut.
    »Mama«, flehte ich. »Hat das nicht Zeit bis später?«
    Mama seufzte wieder. Sie sah schrecklich müde aus, als ob sie nicht gut geschlafen hätte, was außergewöhnlich war, weil sie normalerweise sogar im Sattel schlafen kann. »Liebling, sobald ich diese Papiere unterschrieben habe, gehen wir essen. Danach fährst du nach Hause und ich komme wieder her und erledige meine Arbeit. Einverstanden?«
    »Ayah, Mama«, sagte ich, leicht besänftigt. Vielleicht war es besser so. Wenn meine Mutter abends noch ins Büro ging, blieb sie vermutlich die ganze Nacht, was Valefor und mir die Möglichkeit gab, unsere Strategie zu besprechen.
    »Ich muss nur noch ein paar Urteile des Kriegsgerichts
bestätigen; es wird nicht lange dauern. Du kannst meine Unterschrift mit dem Siegel versehen. Ich weiß, wie gerne du das machst.« Sie erhob sich vom Sofa, und nachdem sie sich

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