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Flora Segundas magische Missgeschicke

Flora Segundas magische Missgeschicke

Titel: Flora Segundas magische Missgeschicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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die Zähne bewaffnet. Zum Glück für Udo und mich,
auf die weder das eine noch das andere zutraf, kennt die Hingabe des Warlords an sein Stammlokal keine Grenzen und man findet ihn sowohl um ein Uhr nachts als auch um ein Uhr mittags im Petes Clown Diner .
    Auch am frühen Nachmittag ist das Rotlichtviertel kein angenehmer Aufenthaltsort, aber wenigstens nicht lebensgefährlich, weil die meisten Huren, Vergewaltiger, Drogenabhängigen, Kinderschänder und die anderen Kreaturen der Nacht immer noch in ihren Betten oder auf dem Gehweg schnarchen. Besser gesagt: im Rinnstein, denn statt Gehwegen gibt es südlich des Grabens nur vereinzelte Planken, über die man balancieren muss.
    Wir fuhren mit der öffentlichen Droschke entlang des Grabens, dem das Viertel seinen Namen verdankt. Es gibt auch ein Viertel mit dem Namen Nördlich des Grabens, aber dort residieren die Banken – die respektableren Diebe, wenn man der Gazette Glauben schenkt. An der Placer Street stiegen wir aus. Petes Clown Diner ist zwei Blocks entfernt, und bereits nach einem halben Block wünschten Udo und ich, wir hätten kürzere Röcke und höhere Stiefel angezogen. Oder besser noch: Wir wären geritten.
    »Kommen die Müllmänner nicht bis hierher?«, fragte Udo. Auf den Planken stapelte sich knöchelhoch der Unrat. Wir wären gern auf der Straße gelaufen, doch dort war der Schlamm knietief und es war ein recht unappetitlich wirkender Schlamm, sowohl in Bezug auf sein Aussehen als auch in Bezug auf seinen Geruch. Er erinnerte mich an etwas, woran ich lieber nicht erinnert werden wollte.

    »Wahrscheinlich nicht. Vermutlich fürchten sie sich.« Ich wich einem halb aufgegessenen Hühnchen aus, das verlassen auf dem Gehweg lag.
    »Diese Feiglinge. Das ist ein Skandal.« Udo verbarg seine Nase hinter einem weißen Spitzentaschentuch. Da er ansonsten wie ein Viehtreiber gekleidet war, in Lederhosen und eine Weste und einen orange-blau karierten Kittel, ließ ihn das Taschentuch verdächtig verdächtig erscheinen.
    »Steck das Taschentuch weg«, befahl ich.
    »Aber dieser Gestank …«
    »Wir haben uns doch extra verkleidet! Wie viele Viehtreiber, glaubst du, benutzen ein weißes Spitzentaschentuch? «
    »Diejenigen, die den Gestank auch nicht ertragen – ayah, Flora, du hast gewonnen, wie immer.« Udo ersetzte das Taschentuch durch eine Zigarre. Die passte zwar besser zu seiner Verkleidung, roch aber kaum angenehmer als der Rest der Umgebung. Rauchen ist eine schreckliche Angewohnheit.
    Der Zustand südlich des Grabens war wirklich ein Skandal, da musste ich Udo recht geben. Etwas weiter unten lag ein totes Maultier auf der Straße, so grün wie eine Traube und so aufgedunsen, dass ich mich nicht gewundert hätte, wenn der Kadaver in den Himmel geschwebt wäre. Bald schon hörten die Gehplanken auf und ab da erwies sich der Müll als ein Segen, weil man ansonsten nicht durch den Schlamm gekommen wäre, ohne die Stiefel zu verlieren. So hopsten wir von einem zerbrochenen Fass zum nächsten, von zersplitterten Truhen zu weggeworfenen Obstkisten. Wenn ein Wagen vorbeikam,
hörten wir den Fahrer das Blaue vom Himmel herunterfluchen und mit der Peitsche knallen, während sich die Zugtiere abmühten und die Räder Abfall und Schlamm emporspritzen ließen.
    Die Gebäude am Straßenrand waren kaum mehr als Hütten, Bruchbuden, die jeden Moment in sich zusammenfallen konnten. Rattengesichtige Kinder spähten durch geborstene Türen und glaslose Fensteröffnungen, und von Zeit zu Zeit huschte eine echte Ratte vorbei. Manchmal wurde sie von einer Katze verfolgt, meistens aber nicht. Schmutzige Männer lungerten in Türrahmen und starrten uns nach, aber niemand hielt uns auf. Vielleicht hatte Udos Kittel sie täuschen können.
    Petes Clown Diner erkannte man an dem Clown, der über der Tür hing, und an der Kalesche, die davorstand. Das Wappen des Warlords prangte golden auf der Seite. Der baumelnde Clown war, wie ich dankbar feststellte, kein echter Clown, sondern nur eine verkleidete Puppe. Aber trotzdem kam sie mir unheimlich lebendig vor, wie sie da hing, und das aufgemalte rote Lächeln wirkte in meinen Augen mehr wie eine Grimasse. Blutrotes Licht flackerte durch die rußbeschmierten Fenster.
    »Oh, Göttin segne unser Vorhaben«, murmelte Udo neben mir.
    »Du weißt, was zu tun ist?«, fragte ich ihn und nestelte an meinem Schleier herum. Ich konnte kaum hindurchsehen; alles war düster und verschwommen und irgendwie fleckig, aber der Schleier war ein

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