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Florentinerpakt

Florentinerpakt

Titel: Florentinerpakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner Verlag
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der scheinbare Absprung mit dem Fallschirm würde auch nur ein
technisch-optischer Trick sein, der das Ganze im Endprodukt entsprechend
bedeutsam wirken lassen würde.
    Der Assistent am Bakken, der mittels Funk mit der Bodenstelle
verbunden war, hielt die rechte Hand hoch. Es war vereinbart worden, dass Greg
mit seinem Schlitten loskatapultiert wurde, sobald alle fünf Finger nach oben
zeigten. Ja, loskatapultiert, da die Rodel ohne technische Tricks nicht
genügend Geschwindigkeit bekommen würde, um über den Vorbau der riesigen
Schanze hinauszufliegen.
    Und dann ging es endlich los, und die aufgestaute Spannung
wich diesem herrlichen Gefühl, etwas Besonders zu leisten. Greg gab sich diesem
Gefühl hin, während er mit zunehmender Geschwindigkeit den Schanzentisch
hinunterraste und dann endlich abhob.
    Irgendetwas mussten die Spezialisten falsch berechnet haben,
schoss es ihm durch den Kopf, denn die tatsächliche Flugbahn war deutlich
niedriger als die angenommenen zehn Meter. Die Rodel setzte ziemlich genau am
Ende des Vorbaus einmal auf, wurde wieder in die Höhe geschleudert und flog in
unkontrollierter Schräglage weiter. Dadurch irritiert, zog Greg etwas verspätet
die Reißleine für den nur optisch wirksam werdenden Fallschirm und fürchtete,
deswegen einen Anschiss vom Regisseur erwarten zu müssen. Hoffentlich musste
die Szene nicht wiederholt werden, das mochten die Kerle gar nicht.
    Irgendwie öffnete sich der Fallschirm auch nicht richtig, sondern
fiel Greg quasi ins Gesicht. In aufsteigender Panik zerrte er den Stoff von
seinem Gesicht weg und versuchte ihn nach hinten zu bekommen. Dabei schlang
sich das eine Führungsseil so unglücklich um seinen Hals, dass er bei dem
Versuch, sich wieder zu befreien, von der noch etwa in einer Höhe von einem
Meter befindlichen Rodel heruntergezerrt wurde und mit dem Rücken hart auf dem
Auslauf aufschlug. Gleichzeitig wurde der Fallschirm mit Luft erfüllt. Nicht
zur Gänze, aber doch genug, um den rutschenden Körper Feeders ruckartig
abzubremsen, ohne ihn wirklich am Weiterrutschen zu hindern. Der schlagartige
Druck auf seine bereits vor Jahren angeknackste Wirbelsäule war zu viel für den
nun schon ziemlich gemarterten Leib. Sein Genick brach ohne viel Aufhebens und
bewahrte Greg damit vor dem wohl noch unangenehmeren Tod durch Strangulieren.
    Die Leiche rutschte immer weiter und blieb erst am Ende des
Auslaufes mit unnatürlich abgewinkeltem Kopf liegen. Ungefähr dort, wo drei
Monate später der Sieger der Weltmeisterschaft die Arme triumphierend in die
Höhe reißen würde.
    »So eine Scheiße«, brüllte der Regisseur, »ich war immer der
Meinung, dass der Kerl schon zu alt ist. So ein Murks. Die Mehrkosten werden
ihm von der Gage abgezogen.«
    Aber sein Assistent hatte bessere Augen oder mehr Gefühl,
wahrscheinlich beides, denn er brüllte: »Schnell, einen Arzt!«, dann lief er
auch schon zu dem regungslos daliegenden Körper hin.

     
    *

     
    Major
Brandtner, den die angebliche Vergewaltigung eigentlich gar nichts anging, war
von Natur aus ein neugieriger Mensch. Dazu kam, dass er Leute wie Musch hasste.
Nein, Hass war ein zu krasser Begriff, er hasste eigentlich überhaupt
niemanden. Außer vielleicht seinen Mathematikprofessor in der 3. Klasse am
Gymnasium Amstetten. Und den auch nicht wirklich, nicht mehr.
    Aber er mochte Menschen wie Musch nicht und schon gar nicht,
wenn sie Polizisten waren. Es war schon so hart genug, Vertrauen zu den
Menschen aufzubauen und zu erhalten. Typen wie Musch waren der Grund dafür,
dass der Ruf der Ordnungsmacht bei der Bevölkerung nicht gerade der beste war.
    Brandtners Neugierde hatte
ihn veranlasst, Marlene Mattigs Hintergrund zu durchleuchten. Die 31-jährige
Frau war unter ihrem Mädchennamen Anna Marlene Leber zweimal wegen Betrugs
verurteilt worden, das zweite Mal unbedingt für immerhin 18 Monate. Im Alter
von 28 hatte sie Erich Mattig geheiratet, einen weltfremden Buchhalter, der
seine ›Gemahlin‹, wie er sie immer nannte, für einen Engel hielt. Gleichzeitig
hatte sie ihren ersten Vornamen abgelegt und sich von da an nur mehr Marlene
genannt. Und diese kleine Retusche hatte tatsächlich gewirkt. Im Zusammenwirken
mit der perfekten kleinbürgerlichen Fassade, die ihr ihr Mann ermöglichte,
zogen die gar nicht engelhafte Frau und ihr Langzeitgeliebter Ralph Waschill
ihre schmutzigen Tricks und Geschäfte ab. Offiziell arbeitete Marlene als

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