Florentinerpakt
gut, falls es Sie glücklich macht«, zeigte sich der junge
Jacomi jetzt willig. »Sommer, Sonne und Musik.«
Bis auf den alten Herrn, den uniformierten Beamten und Erwin
Jacomi selbst waren jetzt alle Anwesenden sprachlos. Baff, von den Socken, auf
dem falschen Bein erwischt, was für Ausdrücke immer auch für diese Situation
angebracht schienen.
»Was haben Sie gesagt?«
Wallner glaubte, sich verhört zu haben, obwohl da eigentlich nichts gewesen
war, bei dem man sich hätte verhören können. »Und du hör endlich mit dem
Herumwackeln auf, Mario«, forderte er seinen Freund scharf auf. »Das macht mich
ganz nervös.«
»Sommer, Sonne und Musik«, wiederholte der Juniorpartner
nochmals und wieder in astreiner Aussprache, frei von jeglichem ›th‹ oder
sonstigen Fehllauten.
»Er ist es nicht.«
Palinski konnte sich jetzt nicht mehr zurückhalten. »Er hat keine Narben am
Handgelenk und voraussichtlich hervorragende Alibis für die Morde an den Dudeks
und Rutzmann. Wir haben uns geirrt. Vielleicht nicht zur Gänze, aber auf jeden Fall
ordentlich.«
Wütend trat Wallner auf den jüngeren Notar zu, packte seinen
linken Arm, schob die Manschette des maßgeschneiderten Hemdes hoch und starrte
auf … ein ganz normales, unverletztes Handgelenk. Völlig frei von Narben
und sonstigen Verletzungen.
»Uije«, entfuhr es
Brandtner, »das ist aber peinlich.«
Dann setzte er sich hin und fing an, nervös zu lachen.
Auch Wallner hatte Platz genommen. Der sonst immer so
überlegen wirkende Oberinspektor machte regelrecht einen verstörten Eindruck.
Nach einigen Minuten peinlichen Schweigens meinte Dr. Erwin Jacomi: »Da ist
jetzt wohl eine Entschuldigung fällig«, und sein Onkel nickte heftig dazu.
»Na, wir wollen es doch nicht gleich übertreiben«, meldete
sich jetzt Palinski zu Wort. »Immerhin haben Sie das Ihnen anvertraute Eigentum
der beiden Herren hier verludert und sich damit als Notar nicht gerade mit Ruhm
bekleckert. Aber es gibt da noch etwas, was ihr wissen solltet.«
Neugierig blickten ihn alle Anwesenden an. »Sie meine ich
nicht damit«, meinte Palinski zu Dr. Erwin, »was ich gleich sagen werde, ist
Ihnen natürlich bestens bekannt. Und Ihnen auch«, er blickte auf den alten
Notar. »Zum Teil zumindest.«
Dann begann er zu
erzählen, was ihm Florian Nowotny eben mitgeteilt hatte. »Da gibt es einen
gewissen Winfried Metzlar, einen Halbbruder von Herrn Dr. Erwin Jacomi. Er hat
Publizistik studiert, das Studium aber kurz vor dem Magister geschmissen. Falls
ich richtig informiert bin. Jetzt betreibt er eine Online-Zeitung im Internet,
die ›Lodgeview-News‹. Ziemlich irre, ein wenig pseudointelektuell, viel
Zeitgeistgaga und sehr viel Werbung. Wird angeblich von München aus betrieben,
tatsächlich aber von irgendwo im Weinviertel über einen deutschen Provider ins
Netz gestellt. Webmasterin ist eine gewisse Tatjana Blümel. Klingelt da etwas
bei euch?«
»Na ja«, meinte Wallner nachdenklich, »das allein ist ja noch
kein Verbrechen. Und auch kein Beweis für irgendetwas.«
»Dazu kommt aber noch, dass Herr Metzlar in seiner Zeitung
sehr offen über sein Leben nachdenkt, seinen Hass auf den Vater und seine zwei
Selbstmordversuche. Einen in der Schulzeit, weil ihn seine Mitschüler immer
wegen eines Sprachfehlers gehänselt haben. Über den zweiten Versuch hat er sich
nicht ausgelassen.« Das saß, und Palinski konnte sich jetzt der ungeteilten
Aufmerksamkeit der anderen sicher sein. »Ich kann die Lektüre der
Online-Zeitung nur wärmstens empfehlen. Zu finden unter www.lodgeviewnews.com.«
»Also, den Mann sollten wir uns unbedingt aus der Nähe
ansehen«, meinte Brandtner. »Wie ist seine Anschrift? Ich schicke ein Team
vorbei.«
»Das wissen wir noch nicht genau. Aber wahrscheinlich ist er
irgendwo im Dreieck Deutsch
Wagram – Mistelbach – Wolkersdorf zu Hause«, mutmaßte
Palinski. »Denn die meiste Werbung wird von kleinen Unternehmen aus diesem
Gebiet gemacht. Fragt einmal bei den Werbekunden nach.«
»Und woher weißt du das alles?« Wallner, aber nicht nur er,
war sichtlich beeindruckt.
»Das Geheimnis lautet: ›Florian plus Internet‹, diese
Kombination ist unschlagbar«, antwortete Palinski stolz.
»Und wie geht es jetzt mit der Kanzlei weiter?«, meldete sich
Dr. Franz Jacomi zu Wort. »Bin ich jetzt auch verhaftet?«
»Das wird davon abhängen, ob Sie mit uns zusammenarbeiten.«
Wallner wusste auch schon genau,
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